Innerhalb von 24 Stunden: Fünf Corona-Fälle in NRW
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In Nordrhein-Westfalen gibt es nun fünf Corona-Fälle. Die ersten zwei Patienten werden im Universitätsklinikum Düsseldorf behandelt.
© Quelle: Guido Kirchner/dpa
Düsseldorf/Heinsberg/Köln. Nach den ersten fünf Coronavirus-Fällen in Nordrhein-Westfalen versuchen die Behörden, eine weitere Verbreitung der neuartigen Krankheit zu stoppen - mit Quarantäne sowie Kindergarten- und Schulschließungen. Doch gerade die vielen Kontakte des infizierten Ehepaares zu anderen Menschen machen das zu einer schwierigen Aufgabe. Zudem blieb zunächst unklar, wo sich das Paar ansteckte. "Wir können nicht garantieren, dass wir die Infektionsketten gestoppt kriegen", sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Mittwoch.
Die ersten zwei Corona-Infizierten hatten noch zwei Wochen am gesellschaftlichen Leben teilgenommen
Das infizierte Ehepaar aus Gangelt im Kreis Heinsberg nahe der niederländischen Grenze - eine 46 Jahre alte Kindergärtnerin und ihr ein Jahr älterer Mann - hätten nach der eigenen Infektion bis zu 14 Tage am gesellschaftlichen Leben teilgenommen, in denen sie weitere Menschen anstecken konnten, so der Minister. Der Zustand des Mannes galt als kritisch.
Unklar blieb, ob die zwei Kinder des Paares erkrankt sind. Zunächst zeigten sie keine Symptome, wurden in häuslicher Isolation von der Großmutter betreut und seien "putzfidel", so Gesundheitsminister Laumann am Mittwoch. Tests auf das Virus sollten bei ihnen Klarheit bringen.
Soldat hat sich bei gemeinsamer Karnevalssitzung angesteckt
Auch bei einem am Militärflughafen Köln-Wahn stationierten Soldaten der Flugbereitschaft ist nach Bundeswehr-Angaben das neuartige Coronavirus festgestellt worden. Der 41-jährige Soldat werde seit Mittwoch im Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz behandelt. Er habe grippeähnliche Symptome, sei aber "in einem gutem Zustand".
Der Soldat hatte laut Bundeswehr Kontakt zu dem schwer Erkrankten oder dessen Frau aus Gangelt - beim dortigen Karneval. "Nur weil er hörte, dass sein Bekannter in der Uniklinik in Düsseldorf behandelt wird, hat er sich gemeldet", sagte der Koblenzer Oberstarzt Thomas Harbaum. Zuvor habe der 41-Jährige an eine normale Grippe geglaubt. Nun werde versucht, seine Kontaktpersonen ausfindig zu machen, um sie "wegen häuslicher Absonderung" zu informieren. Aus Sicherheitsgründen wurde am Mittwoch der Militärflughafen Köln-Wahn vorübergehend geschlossen.
Mitarbeiterin plus Lebensgefährte ebenfalls angesteckt
Wie der Kreis Heinsberg am späten Mittwochabend mitteilte, gibt es zwei weitere bestätigte Covid-19-Fälle. Dabei handle es sich um eine Mitarbeiterin des schwer erkrankten 47-Jährigen und deren Lebensgefährten, wie ein Sprecher des Kreises sagte. Sie zeigten Grippesymptome und seien derzeit zuhause. Eine stationäre Behandlung sei nach jetzigem Stand nicht erforderlich. "Das war zu erwarten, dass Leute aus dem direkten Umfeld des Ehepaares positiv getestet werden", erklärte der Kreissprecher.
Die 46-jährige Frau aus Gangelt hat noch bis vergangenen Freitag im Kindergarten gearbeitet. Ihr Mann hat in den vergangenen Tagen an einer Karnevalssitzung in seinem Heimatort teilgenommen. "Viele sind mit dieser Familie in Kontakt gewesen, und wir hatten gerade fünf Tage Karneval", sagte der Bürgermeister von Gangelt, Bernhard Tholen (CDU), der "Welt". Der 47-Jährige habe eine "unendliche Vielzahl von Kontakten" zu anderen Menschen gehabt, sagte der Heinsberger Landrat Stephan Pusch (CDU).
Am Rosenmontag suchte das Paar dann ein Krankenhaus in Erkelenz auf, in der Nacht zu Mittwoch wurden sie von dort in die Düsseldorfer Uniklinik gebracht. Der Mann kaum auf eine Intensivstation: "Dort kam es zu einer raschen und rapiden Verschlechterung des allgemeinen Zustandes. Es kam zu einem Lungenversagen", berichtete der Ärztliche Direktor der Klinik, Harry Elsbernd. Man habe ihn aber stabil halten können. Das Paar habe laut eigenen Angaben bereits seit dem 16. Februar über Symptome wie Fieber und Husten geklagt, wobei sie bei der Frau nicht so stark gewesen seien. Beide haben Lungenentzündungen.
Schulunterricht in Heinsberg fällt aus, Kindergärten bleiben geschlossen
In ihrem Heimatkreis fällt nun als Reaktion auf die Infektionen erstmal der Schulunterricht aus. Auch Kindergärten öffnen vorerst nicht mehr. Jeweils greift die Maßnahme bis zunächst einschließlich Montag, wie Landrat Pusch ankündigte. Die Stadt Geilenkirchen schloss auch ihr Schwimmbad und die Stadtbücherei, wie eine Sprecherin mitteilte. Bei den Amateurfußballern des FC Wegberg-Beeck wurde der Trainings- und Spielbetrieb untersagt.
"Ich denke, diese Situation erfordert von uns allen etwas Disziplin. Aber wir sollten auch nicht in Panik verfallen", sagte der CDU-Politiker Pusch, der mit einem runden 100-köpfigen Krisenstab arbeitet. Er riet dazu, dass die Menschen "Massenansammlungen oder Besuche in Gemeinschafteinrichtungen" vermeiden sollten. Sie sollten am besten zuhause bleiben. Wer Krankheitssymptome bei sich oder Bekannten feststelle, solle seinen Hausarzt anrufen. "Dieser weiß, wie in einer solchen Situation zu verfahren ist."
Besonders in den Fokus rückte der Kindergarten, in dem die infizierte 46 Jahre alte Frau arbeitet. Alle Kinder der betroffenen Einrichtung sollten untersucht werden. “Da werden jetzt die sogenannten Abstriche gemacht und wir werden irgendwann morgen wissen, ob Kinder infiziert sind oder nicht”, versicherte Laumann. Die Kinder aus der Einrichtung und deren Eltern seien gebeten worden, zu Hause zu bleiben. Der Kindergarten mit 65 Plätzen teilte mit, dass er bis zum 6. März geschlossen bleibe.
Auch anderswo in NRW gab es Reaktionen: Das in der kommenden Woche geplante internationale Badminton-Turnier German Open in Mülheim an der Ruhr wurde wegen des Coronavirus abgesagt. Die Ausbreitung des Virus stelle für die Stadt Mülheim, die das Turnier untersagte, ein unkalkulierbares Risiko für Besucher und Sportler dar, hieß es.
Gibt es weitere Infizierte in NRW?
Ob es im bevölkerungsreichsten Bundesland schon weitere Infizierte gab, blieb zunächst unklar. Etwa in Leverkusen gab es einen Verdachtsfall. Das Land erhielt beim Kampf gegen die Krankheit Unterstützung vom Robert Koch-Institut (RKI), wie Minister Laumann sagte. Zwei Experten sollen das Ministerium und den Kreis Heinsberg beraten.
Die Erkrankung des Mannes hatte auch Auswirkungen auf Köln: Wie sich herausstellte, hatte sich der Coronavirus-Patient noch vor kurzem zu regulären Nachsorgeuntersuchungen in einer anderen Sache in der Uniklinik Köln aufgehalten - am 13. und 19. Februar. In dieser Zeit soll er Kontakt zu zehn Mitarbeitern und 31 anderen Patienten gehabt haben, die mit ihm in den Wartebereichen saßen. Alle 41 Kontaktpersonen seien ausfindig gemacht worden und würden von medizinischen Teams auf das Virus getestet, teilte das Gesundheitsamt der Stadt mit. Zum Teil hätten sie sich noch im Krankenhaus befunden, zum Teil seien sie zu Hause aufgesucht wurden.
Bislang hat nach Angaben der Stadt nur eine einzige Person, eine Klinik-Mitarbeiterin, Krankheitssymptome wie Fieber gezeigt. "Deswegen haben wir sie direkt isoliert und bei uns aufgenommen", sagte der Direktor der Virologie der Uniklinik Köln, Florian Klein. Insgesamt wurden nach Angaben der Stadt Köln sieben Personen im Krankenhaus isoliert, die anderen bei sich zu Hause. Erste Testergebnisse wurden im Laufe des Mittwochabends erwartet.
In Deutschland waren schon vor einiger Zeit erste Infektionen mit Sars-CoV-2, das die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann, nachgewiesen worden; vor allem bei einer Firma in Bayern, aber auch bei Rückkehrern aus dem chinesischen Wuhan, wo das Virus grassiert.
Coronavirus: Das sind die Symptome
Viele Menschen, die sich mit Sars-CoV-2 angesteckt haben, haben nur leichte Erkältungssymptome wie Frösteln und Halsschmerzen - oder gar keine. Hinzu kommen können Fieber, Husten und Atemprobleme, wie sie auch bei einer Grippe auftreten. Auch Kopfschmerzen oder Durchfall sind möglich. Die Inkubationszeit - der Zeitraum zwischen Infektion und Beginn von Symptomen - beträgt nach derzeitigem Stand meist 2 bis 14 Tage.
Vom Robert Koch-Institut hieß es, Ziel in Deutschland sei es, eine Erkrankungswelle hinauszuzögern, um zu vermeiden, dass die Covid-19- und die derzeitige Grippewelle zusammenfallen. Behörden versuchen, den Fällen mit Hochdruck nachzugehen, um eine weitere Verbreitung des Virus möglichst zu verhindern. Dadurch soll die Belastung auf das Gesundheitssystem abgemildert werden.
RND/dpa