Luca-App: Was bleibt, ist nicht mehr als ein Märchen

Rapper Smudo ist Testimonial für die Luca-App (Archiv).

Rapper Smudo ist Testimonial für die Luca-App (Archiv).

Hannover. Es klang ja alles so vielversprechend: Ende November 2020 sitzt Rapper Smudo von den Fantastischen Vier mit Basecap in der Talkshow von Sandra Maischberger und schwärmt von der Rückkehr zur Normalität. Mithilfe der Luca-App könne diese möglicherweise sogar schneller gelingen als ohne, meint der Musiker.

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Der „große Zauber“ der groß angekündigten App sei es, die Gesundheitsämter zu entlasten. Alle Behörden, mit denen man bisher gesprochen habe, seien „begeistert“ gewesen. Gastronomie, Museen, Pflegeheime und Kirchen wolle man nun mit dem System ausstatten – und sogar Tourismusanbieter hätten schon Interesse signalisiert.

Die Vorstellung der App sorgt prompt für Begeisterungsstürme – nicht nur innerhalb der Kulturszene, die sich mitten im Herbstlockdown schon einen Neustart erhofft. Auch Nutzerinnen und Nutzer in sozialen Netzwerken sowie Medienschaffende frohlocken. Die Fantastischen Vier hätten der Bundesregierung „gezeigt, wie es geht“, heißt es im November etwa in Kommentaren. Andere sehen schon ein Ende des Lockdowns, dank Luca-App.

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App entwickelt sich zur Nullnummer

Zehn Monate später ist der „große Zauber“ verflogen. Zunächst einmal hat auch die Luca-App den elendig langen Winterlockdown nicht verhindert – alle möglichen Orte, an denen man das Programm hätte einsetzen können, blieben über Monate hinweg geschlossen. Und seit dem Frühsommer, in dem endlich wieder ein Stückchen Normalität zurückgekehrt ist, erweist sich die Luca-App als Nullnummer.

13 von 16 Bundesländern haben das System des privaten Betreibers neXenio für viel Geld gekauft – für 21,3 Millionen Euro, um genau zu sein. Auch die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer stieg rasant, auf 25 Millionen Menschen laut Hersteller. An allen möglichen Eingangstüren findet man seit geraumer Zeit die QR-Codes zum Check-in, sogar die Fähre nach Borkum hat einen. Manchmal ist die App sogar Pflicht, um überhaupt irgendwo reingelassen zu werden – trotz diverser Sicherheitsbedenken.

In der vergangenen Woche kam raus: Viele Gesundheitsämter nutzen die Daten aus der Luca-App aber überhaupt nicht. Ein Desaster.

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Nur 60-mal half die Luca-App

Laut einer Umfrage des „Spiegels” sind viele Beamtinnen und Beamte unzufrieden mit der App, nur wenige beschreiben sie als Arbeitserleichterung. Die Hälfte der 114 befragten Gesundheits­ämter in Deutschland mit Luca-Anschluss habe noch nie Daten abgefragt. Immerhin: In bundesweit 60 Fällen hätten die Daten einmal geholfen, Infektionsketten nachzuverfolgen. 60 Fälle von 130.000 Neuinfektionen im selben Zeitraum.

Man könnte jetzt argumentieren, die rückständigen Gesundheitsämter seien einfach noch nicht bereit für so viel Digitalisierung – aber so einfach ist es nicht. Die Luca-App als Heilsbringer zu verkaufen, der uns alle zurück in die Normalität bringt, war von Anfang an nicht mehr als ein gut erzähltes Märchen. Eine Werbegeschichte mit einem guten Testimonial: Smudo von den Fantastischen Vier, der mit der Hoffnung, endlich wieder Konzerte spielen zu dürfen, auch noch ein völlig verständliches Eigeninteresse mitbrachte.

Die Realität sieht so aus: Als im Juli auf Sylt ein Besucher in einer Bar positiv auf das Corona-Virus getestet wird, können später rund 80 weitere Besucherinnen und Besucher nicht ermittelt werden – trotz Einsatz der Luca-App in dem Lokal. Der Barbesitzer schiebt es auf einen „technischen Fehler“ der App, der Betreiber dementiert.

Immer neue Sicherheitsbedenken

In Thüringen haben mehrere Städte und Kreise keine Lust mehr auf die App – sie verlängern die Testphase nicht, weil sich das Programm nicht durchgesetzt habe – außerdem sammele die App zu viele unkonkrete Daten. Dem Gesundheitsamt soll sie schlichtweg nicht geholfen haben.

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Schon kurz nach dem Launch machen Berichte über Sicherheitslücken die Runde, der Chaos Computer Club fordert gar eine „Bundesnotbremse“ für die Luca-App. Das Programm erfülle keinen einzigen der zehn Prüfsteine des CCCs zur Beurteilung von „Contact Tracing“-Apps, teilt der Verband im April mit. Zu lesen ist auch von Urheberrechtsverletzungen, Mängeln beim Datenschutz – Sicherheitsexpertinnnen und -experten finden immer wieder neue Probleme. Der Anbieter der App dementiert stets.

Was genau dran ist an den Vorwürfen, hätte jetzt eigentlich das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ermitteln können – durfte es aber nicht. Nach einem Vorstoß des Bundeslandes Hessen, die App doch mal genauer unter die Lupe zu nehmen, schaltete sich das Bundesinnenministerium ein und verhinderte die Überprüfung.

Das Ticket zur Normalität ist der Impfnachweis

All das ist ein Drama in siebenundzwanzig Akten und ein ziemlich unrühmliches Ende des Märchens. Die Schlusspointe: Die Luca-App hat kaum jemandem geholfen und wird das wohl auch künftig nicht wirklich tun. Schade um die mehr als 20 Millionen rausgeschmissenen Euro – aber hier hat man sich einfach von guten Werbeversprechen und ganz viel Hoffnung auf Normalität einlullen lassen.

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Glücklicherweise hat sich das Drama aber ohnehin bald von selbst erledigt. Denn inzwischen gibt es ja eine echte Alternative zur zweifelhaften Luca-App – und immer mehr Menschen kommen in ihren Genuss. Ein echtes Ticket in die Freiheit, keine halbes, das nur Freiheit suggeriert.

Gemeint ist natürlich die Corona-Schutzimpfung und ihr zugehöriger Nachweis. Und den gibt es ja bekanntlich auch ganz digital, per App.

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