Patientenmörder Niels Högel als Zeuge vor Gericht: Nach seiner letzten Tat fuhr er in den Urlaub
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Der wegen Mordes verurteilte Krankenpfleger Niels Högel kommt vor Prozessbeginn an der Weser-Ems-Hallen an, in die das Landgericht aus Platzgründen den Prozess gegen frühere Vorgesetzte des ehemaligen Krankenpflegers an den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst verlegt hat.
© Quelle: Sina Schuldt/dpa
Oldenburg. Vor dem Landgericht Oldenburg hat der Patientenmörder Niels Högel am Dienstag im Prozess gegen seine früheren Vorgesetzten als Zeuge von seinem letzten Mord am 24. Juni 2005 im Krankenhaus Delmenhorst berichtet. Die damals getötete Patientin sei als Notfall kurz vor dem Ende seiner Schicht von einer anderen Station auf die Intensivstation verlegt worden, schilderte der 45-Jährige dem Gericht. Während der hektischen Aufnahme habe er die Gelegenheit genutzt, sie mit dem Medikament Sotalex zu vergiften. Die Patientin sei schnell gestorben, und er habe seinen Dienst beendet, um in den Urlaub in die Niederlande zu fahren.
Ob andere Pflegekräfte oder Ärzte zum Zeitpunkt der Vergiftung mit im Raum gewesen seien, könne er nicht mit Gewissheit sagen, erläuterte Högel. Als er den Raum verlassen habe, hätten eine Krankenschwester und ein Pfleger an der Wand gestanden. Der Mann habe zu der Frau gesagt: „Derselbe Scheiß wie in Oldenburg.“ Er habe die beiden nicht auf diese Äußerung angesprochen, sondern so getan, als habe er nichts gehört, sagte Högel.
Högel reagiert gereizt auf Nachfragen der Verteidiger
Auf die intensiven Nachfragen der Verteidiger reagierte Högel zunehmend gereizt. Mehrfach erklärte er, dass sein Entschluss, die Patientin R. zu töten, spontan gewesen sei. Eine Anwältin fragte weiter, warum er das Zimmer verlassen habe, nachdem er die Frau vergiftet habe, der Kollaps aber noch nicht eingetreten sei. Schließlich sei es doch sein „Trigger“ gewesen, Patienten zu reanimieren. Entnervt antwortete Högel, dass er das nicht mehr wisse. Mit bissigem Unterton fügte er hinzu: „Das muss ich auch nicht.“
Als ein anderer Anwalt fragte, ob Högel vor seinem Urlaub „nochmal reanimieren wollte oder einfach nur töten?“ verlor der Zeuge fast die Fassung. Entrüstet wies er eine ihm unterstellte „Mordlust“ zurück. Sein Ziel sei stets die erfolgreiche Reanimation gewesen.
Högel Zeuge im Prozess gegen frühere Vorgesetzte
Högel steht im Prozess gegen sieben seiner früheren Vorgesetzten als Zeuge vor Gericht. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hätten sie die Mordtaten mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ verhindern können. Allen sei von bestimmten Zeitpunkten an klar gewesen, dass von Högel eine Gefahr für die Patienten ausgehe. Zur Verhandlung stehen drei Tötungsdelikte in Oldenburg und fünf in Delmenhorst.
Unter den Angeklagten sind Ärzte, Verantwortliche aus der Pflege und ein früherer Geschäftsführer. Ihnen wird Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Högel war am 6. Juni 2019 vom Oldenburger Landgericht zu einer lebenslangen Haft wegen 85 Morden verurteilt worden. Bereits 2015 war er wegen weiterer Tötungen verurteilt worden. Er hatte Patienten mit Medikamenten vergiftet, um sie anschließend reanimieren zu können. So wollte er als Lebensretter glänzen.
RND/epd