Sechs Frauen werfen WDR-Programmchef Belästigung vor
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Vorwürfe gegen den freigestellten WDR-Programmchef: Autorin Charlotte Roche.
© Quelle: dpa
Hamburg. Sechs Frauen werfen dem vom WDR freigestellten Leiter des Programmbereichs Fernsehfilm, Kino und Serie, Gebhard Henke, sexuelle Belästigung vor. Die Frauen, darunter die Autorin Charlotte Roche, seien von Henke betatscht und begrapscht worden, berichtet das in Hamburg erscheinende Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ laut Vorabmeldung vom Freitag. Henke habe den Frauen an den Po oder an den Bauch gefasst, er habe angedeutet, sie zu fördern, und dafür offenbar körperliche Zuwendungen erwartete. Die Vorwürfe reichten von 1990 bis mindestens 2015. Bisher war nicht bekannt, was Henke konkret vorgeworfen wird.
Der WDR kündigte an, die Vorwürfe zu prüfen. Der WDR habe seit Mitte vergangener Woche Hinweise auf mögliche sexuelle Belästigung durch Henke erhalten, teilte der WDR am Freitag in Köln mit. Diesen sei der Sender umgehend intensiv nachgegangen. In der Folge hätten mögliche Betroffene auch konkrete Vorfälle geschildert.
„Er hat mir auf den Po gefasst“
Eine der Frauen, die im „Spiegel“ Belästigungsvorwürfe erheben, ist die Charlotte Roche. Sie habe Henke 2013 in Köln kennengelernt. „Er gab mir die rechte Hand und legte mir die linke gleichzeitig fest mitten auf den Po“, sagte Roche dem Magazin. Sie habe versucht, sich wegzubewegen, doch er habe sich mitbewegt. Sie mache sich Vorwürfe, damals nichts gesagt zu haben.
Fernsehdirektor Jörg Schönenborn halte die Schilderungen der Frauen "für gravierend und glaubwürdig", teilte der WDR am Freitag mit. Henke habe Vorwürfe, die ihm bekannt seien, in ersten Gesprächen bestritten. "Selbstverständlich wird er zeitnah zu den einzelnen Anschuldigungen angehört", hieß es weiter. Zudem ermutigte der Sender mögliche Betroffene, sich beim Sender zu melden.
Henke seit Montag freigestellt
Am vergangenen Montag hatte der WDR die Freistellung Henkes wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung bestätigt. Nach seiner Freistellung ging Henke über seinen Anwalt an die Öffentlichkeit und forderte den WDR auf, die Vorwürfe zu konkretisieren. Am Mittwoch hatten 16 Frauen aus der Film- und TV-Branche einen offenen Brief veröffentlicht, in dem sie sich für Henke starkmachen und zu einer differenzierten Auseinandersetzung mit den Vorwürfen aufrufen.
Wenige Tage vor der Freistellung Henkes hatte der WDR die frühere EU-Kommissarin Monika Wulf-Mathies (SPD) als externe Gutachterin eingeschaltet. Sie soll den Umgang der Senderspitze mit Vorwürfen sexueller Belästigung im Haus unabhängig überprüfen. Dem öffentlich-rechtlichen Sender wird vorgehalten, Führungskräfte hätten Hinweise auf sexuelle Belästigung durch mehrere Mitarbeiter in den vergangenen Jahren nicht ausreichend ernst genommen.
Auch Vorwürfe gegen Korrespondenten
Der WDR hatte bereits Anfang April einen Auslandskorrespondenten freigestellt, dem eine Mitarbeiterin und eine ehemalige Praktikantin sexuelle Übergriffe vorwerfen. Nach Senderangaben sind in den vergangen zehn Jahren beim WDR sieben Fälle sexueller Belästigung aktenkundig geworden.
Von RND/epd