Immer häufiger Extremwetterlagen

Südwesten der USA leidet unter Hitze und extremer Dürre: „Jedes Jahr wird es schlimmer“

Ein freigelegtes Trockenbett am Lake Mendocino in Kalifornien.

Ein freigelegtes Trockenbett am Lake Mendocino in Kalifornien.

Washington. Zumindest ein Einwohner von Phoenix, der wuchernden Millionen­metropole inmitten der Wüste von Arizona, hatte Spaß. Als die Temperaturen in seiner Heimatstadt auf 46 Grad Celsius kletterten, packte Joe Brown zwei rohe Hamburger-Bratlinge auf ein Blech und stellte dies unter die Windschutz­scheibe seines Hondas. Drinnen in dem Auto zeigte das Thermometer 95 Grad an – offenbar die ideale Bedingung für ein ganz spezielles Slow-Food-Menü. Nach einer Weile brutzelten die Hackfleisch­klopse appetitlich und zeigten die typische bräunliche Farbe.

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Dem 20-Jährigen bescherte das gewagte kulinarische Experiment einen viralen Hit beim Videoportal Tiktok. Doch viele andere Bewohner und Bewohnerinnen des Südwestens der USA waren von der rekord­verdächtigen Hitze am vergangenen Wochenende weniger begeistert. Vielerorts suchten die geplagten Menschen verzweifelt nach Schatten und Abkühlung. Und jene, die draußen arbeiten mussten, gerieten an ihre körperlichen Grenzen.

Höchste Dürrewarnstufe in mehreren US-Staaten

Anfangs habe er sich übergeben müssen und keine Kraft mehr gehabt, berichtete der aus Mexiko stammende Cristian Sanchez einem örtlichen Reporter. Nahe dem Flughafen von Las Vegas war der Gärtner mit sieben Kollegen damit beschäftigt, abgestorbenes Gras aus dem Boden zu reißen, um Platz für dürreresistente Gewächse zu schaffen. „Nach einer Weile gewöhnt sich der Körper daran“, beschwichtigte der Arbeiter eilig.

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Ungewöhnlich früh im Jahr hatten die Behörden am Wochenende einen Hitzealarm wegen des unnormalen und ungesund lange schwülen Wetters ausrufen müssen. Inzwischen zieht die Hitzeglocke zwar weiter in Richtung Osten und die Temperaturen in Los Angeles sind von 38 auf 28 Grad gefallen, doch das Phänomen immer häufigerer Extremwetterlagen bleibt. Von der Mitte Oregons über den Süden Kaliforniens und Nevadas bis zu weiten Teilen von New Mexico und Texas sind derzeit große Teile des Westens und Südens der USA auf dem Dürremonitor der Universität von Nebraska und des nationalen Wetterdienstes NOAA tiefrot eingefärbt. Tiefrot ist die höchste von fünf Warnstufen. Sie bedeutet: außergewöhnliche Trockenheit.

„Der Klimawandel hat den Sommer in unsere Gefahrensaison verwandelt“

Nach den Daten der Wetterbehörde war der Mai im Schnitt der USA knapp ein Grad Celsius wärmer als im Durchschnitt des vergangenen Jahrhunderts. Doch sagt der Mittelwert wenig aus. Während der Bundesstaat Washington ganz im Nordwesten des Landes einen seiner kältesten Frühsommer erlebte, litt Texas unter dem zweitheißesten Mai der Geschichte. Ähnlich ungleich war der Niederschlag verteilt. Während es in den vergangenen Monaten beispielsweise in North Dakota kräftig regnete, durchleben Kalifornien, Arizona, Nevada und Utah seit dem Jahresbeginn Rekord­trockenheiten. Zugleich wüten im Südwesten, vor allem in New Mexico, gigantische Waldbrände.

Feuerwehrleute kämpfen in Albuquerque in New Mexico gegen einen Waldbrand.

Feuerwehrleute kämpfen in Albuquerque in New Mexico gegen einen Waldbrand.

Die Zeiten, als der Sommer an der amerikanischen Westküste pure Entspannung, Surfvergnügen und Freiheit versprach, sind vorbei. „Der Klimawandel hat den Sommer in unsere Gefahrensaison verwandelt“, urteilte vor wenigen Tagen die in San Francisco beheimatete Klimaforscherin Kristy Dahl von der kritischen Wissenschaftler­vereinigung Union of Concerned Scientists.

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Landwirte leiden am stärksten unter Wasserknappheit

Tatsächlich erlebt Kalifornien gerade die schlimmste Trockenheit der letzten Jahrzehnte. Die Wasserspiegel der Stauseen sind auf extrem niedrigem Niveau, und Regen ist nicht in Sicht. Zunehmend rigoros versuchen der Bundesstaat und die Kommunen, den drohenden Notstand abzuwenden. So hat Gouverneur Gavin Newsom schon im März die Bewässerung aller kommerziellen und industriellen Grundstücke verboten. Im Süden Kaliforniens darf man inzwischen den privaten Rasen nur noch ein- oder zweimal in der Woche in den Morgen- oder Abendstunden für wenige Minuten besprenkeln. In den Santa Monica Mountains bei Los Angeles drosseln die Behörden inzwischen bei Umweltsündern und ‑sünderinnen den Wasserdruck in der Leitung: Das Nass tröpfelt dann nur noch aus der Dusche, und der Wassersprenger lässt sich nicht betreiben.

Ein verdorrter Weinberg in Fresno im Central Valley.

Ein verdorrter Weinberg in Fresno im Central Valley.

Die Hauptleidtragenden der Wasserknappheit aber sind die Landwirte. Im Central Valley, dem wichtigsten Obst- und Gemüseanbau­gebiet des Landes, wurde die Wasserzuteilung stark gesenkt. Teile des Landes liegen inzwischen brach, und Tausende Erntehelfer und ‑helferinnen sind arbeitslos. In Arizona, dessen Wasserzuteilung aus dem Colorado River dieses Jahr um 30 Prozent gekürzt werden musste, sieht es nicht besser aus.

„Es gibt immer weniger Arbeit auf dem Feld“, klagt Hernan Hernandez, der Geschäftsführer der Landarbeiter­vereinigung California Farmworkers Foundation. Viele Kollegen, die vor allem aus Lateinamerika kommen, würden keinen Job in der Landwirtschaft mehr finden oder müssten in einer zweiten Schicht bei Amazon oder Uber schuften, um ihren Lebensunterhalt verdienen zu können. Schuld daran, da ist Hernandez sicher, sei die zunehmende Trockenheit in der Region: „Jedes Jahr wird es schlimmer.“

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