Verschwundener Junge (15) in Schrank: Vorermittlungen gegen Polizei
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/OD4RBYOKCRFYPF6OZ6WDVLAQF4.jpeg)
Ein Streifenwagen der Polizei steht vor dem Mehrfamilienhaus, in dem der 15-Jährige zwei Jahre bei einem Mann gelebt haben soll.
© Quelle: Marcel Kusch/dpa
Recklinghausen. Im Fall eines über zwei Jahre verschwundenen Jugendlichen (15) im Ruhrgebiet hat die Staatsanwaltschaft Vorermittlungen gegen Beamte der Duisburger Polizei eingeleitet. Hintergrund ist ein Hinweis nach der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY… ungelöst" auf den Aufenthaltsort des Jungen - der jedoch "ohne weitere Ermittlungen zu den Akten genommen" wurde, wie es in einem vertraulichen Bericht an den Innenausschuss des Landtags heißt.
Der Junge war im Dezember in einem Schrank in der Wohnung eines Mannes (44) gefunden worden, gegen den damals wegen Kindesmissbrauchs ermittelt wurde. Laut dem Bericht des NRW-Innenministers hatte am 24. Juli 2019 eine "Aktenzeichen XY"-Zuschauerin einen Hinweis auf den Aufenthaltsort des Jugendlichen gegeben. Da sie das nur aus zweiter Hand wusste, rief die Polizei bei dem Mann an, der ursprünglich der Frau davon erzählt hatte. Dieser nannte demnach auch den Namen des tatsächlich bereits wegen des Besitzes von Kinderpornografie vorbestraften Mannes aus Recklinghausen.
Polizei spricht von "fataler Fehleinschätzung"
Das Ergebnis des Telefonats kam laut Bericht allerdings ohne weitere Ermittlungen zu den Akten. Dadurch wurde auch niemand hellhörig, als gegen den Mann am 30. Oktober 2019 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Kindesmissbrauchs eingeleitet wurde. Erst fast zwei Monate später kam es zu der Wohnungsdurchsuchung, bei der zufällig der Junge entdeckt wurde.
Der Beamte, der den Hinweis bearbeitet habe, sei zu dem Schluss gekommen, bei dem in Recklinghausen gesichteten Jugendlichen könne es sich nicht um den Gesuchten handeln, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags. Die Duisburger Polizei stufe dies inzwischen selbst als „fatale Fehleinschätzung“ ein.
Junge lebte mehr als zwei Jahre bei dem Verdächtigen
Außerdem seien bei dem Vermisstenfall nicht alle Standards eingehalten worden, berichtete Reul. So seien die in solchen Fällen vorgeschriebenen Wohnungsdurchsuchungen erst mit einigen Tagen Verspätung erfolgt. Gegen den Verdächtigen, bei dem der Junge mehr als zwei Jahre lebte, wird laut dem vertraulichen Papier inzwischen auch wegen Vergewaltigung und des Herstellens jugendpornografischer Schriften ermittelt. Videos, die in seiner Wohnung gefunden wurden, belasten den Mann demnach.
RND/dpa