Verteidiger des mutmaßlichen Täters in Brokstedt: Terroristisches Motiv ausgeschlossen
Der Schriftzug „Amtsgericht“ ist über der Pforte des Amtsgerichts Itzehoe zu sehen. Hier wurde der mutmaßliche Täter von Brokstedt am Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt.
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Bonn/Brokstedt. Der Verteidiger des Messerangreifers von Brokstedt in Schleswig-Holstein hat ein terroristisches Motiv seines Mandanten ausgeschlossen. „Ich gehe sicher davon aus, dass er kein politisches oder religiöses oder terroristisches Motiv in sich trägt“, sagte Rechtsanwalt Björn Seelbach am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Beim Erlass des Haftbefehls am Donnerstag habe er sich von einem Kollegen vertreten lassen. Sein Mandant habe keine Angaben zu den Vorwürfen gemacht. Das Amtsgericht erließ den Haftbefehl wegen zweifachen Mordes und versuchten Totschlags in vier Fällen.
Er habe Ibrahim A. im Bonner Raum, wo der Palästinenser von 2015 bis 2020 lebte, bereits bei kleineren Strafverfahren wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung, Ladendiebstahl und Verkehrsdelikten vertreten, sagte Seelbach. In jener Zeit und später während der Untersuchungshaft in Hamburg seien bei seinem Mandanten keinerlei extremistische Tendenzen bemerkt worden. Für möglich hält der Verteidiger, dass der 33-Jährige bei der Tat im Regionalzug wütend und außer sich war. Er könne auch psychisch krank sein oder unter dem Einfluss von Drogen gestanden haben.
Verteidiger: „Ich habe versucht, ihn zu erreichen, aber man hat ihn sofort vor die Tür gesetzt“
Nach seiner Festnahme am 20. Januar 2022 habe sein Mandant einen „kalten“ Drogenentzug in der Untersuchungshaft gemacht. Er sei fälschlicherweise mit Methadon behandelt worden. Das habe ihm bei seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Hamburg-St. Georg wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls eine Strafmilderung eingebracht. Vor seiner Entlassung habe sich A. um eine Therapie bemüht, um seine Drogenabstinenz zu verfestigen. Das sei abgelehnt worden, sagte Seelbach.
Gegen das Urteil habe er Berufung eingelegt, weil sein Mandant der Auffassung sei, sich bei der Tat vor einer Hamburger Drogeneinrichtung in Notwehr mit einem Messer verteidigt zu haben. Im vergangenen Dezember habe er als Anwalt das Landgericht darauf aufmerksam gemacht, dass die Zeit in U-Haft bald die Dauer der verhängten Strafe erreichen werde. Die Aufhebung des Haftbefehls am vergangenen 19. Januar sei für ihn jedoch überraschend gekommen, weil er erst noch mit seinem Mandanten über Hilfen nach der Entlassung sprechen wollte. „Ich habe versucht, ihn zu erreichen, aber man hat ihn sofort vor die Tür gesetzt“, sagte Seelbach.
RND/dpa