Von komischen Vögeln und nekrophilen Stockenten

Eine Ente, die sein Leben veränderte: Kees Moeliker mit dem Erpel, der 1995 gegen sein Fenster flog und heute Teil der Sammlung des Naturhistorischen Museums Rotterdam ist.

Eine Ente, die sein Leben veränderte: Kees Moeliker mit dem Erpel, der 1995 gegen sein Fenster flog und heute Teil der Sammlung des Naturhistorischen Museums Rotterdam ist.

Herr Moeliker, Sie haben jüngst das Buch „Der Entenmann“ geschrieben, in dem Sie einen Vorfall aus dem Jahr 1995 beschreiben, von dem Sie sagen, er habe Ihre Forschung vollständig verändert. Was war passiert?

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Der Tag fing ganz normal an, doch dann hörte ich plötzlich einen lauten Knall draußen am Fenster hier im Naturhistorischen Museum in Rotterdam. Als ich nach draußen blickte, da sah ich eine Ente, genauer gesagt, eine Stockente, die durch den Aufprall getötet worden war. Doch was aus wissenschaftlicher Perspektive noch viel interessanter war, war, dass neben der toten Ente eine lebendige saß, die plötzlich begann, mit der toten Ente zu kopulieren. Nekrophilie, also sexuelle Interaktion zwischen einer lebenden und einer toten Ente hatte ich noch nie gesehen. Als ich dann noch etwas genauer hinsah, bemerkte ich, dass es sich bei den beiden Tieren auch noch um zwei männliche, also um zwei Erpel handelte. Diese Beobachtung stellte für die wissenschaftliche Welt etwas völlig Neues dar.

Bemerkte der Erpel Sie?

Nein, er war zu beschäftigt. Nach 75 Minuten hatte ich genug gesehen und ich verließ den Tatort. Später sammelte ich die tote Ente ein, um sie in den Gefrierschrank für unsere Sammlung zu legen. Ich fuhr nach Hause und behielt den Sachverhalt zunächst für mich. In den folgenden Jahren weitete ich meine Forschung über homosexuelles Verhalten in der Tierwelt aus, bis ich sicher genug war, die Beobachtungen zu veröffentlichen.

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Dieser unschuldige kleine Vogel wurde erschossen, weil er den Domino-Weltrekord-Versuch zum einstürzen brachte.

Dieser unschuldige kleine Vogel wurde erschossen, weil er den Domino-Weltrekord-Versuch zum einstürzen brachte.

2003 wurden Sie für Ihre Arbeit mit dem Ig-Nobelpreis ausgezeichnet.

Richtig. Kurz nachdem ich den Preis gewonnen hatte, war meine Arbeit über bemerkenswertes Verhalten in der Tierwelt plötzlich weltweit bekannt.

In Ihrem Museum haben Sie auch eine Sammlung mit Tieren, die tragische Schicksale erfahren haben. Wie beispielsweise der Marder, der im Teilchenbeschleuniger Cern in Genf einen Kurzschluss auslöste und anschließend starb. Gibt es noch weitere Beispiele?

Ja, wir haben eine spezielle Abteilung, die sich „tote Tiere mit einer Geschichte“ nennt. Das erste Exponat ist die besagte Stockente. Wir stellten irgendwann einfach fest, dass die Museumsbesucher sich vor allem für die Storys interessieren, die sich hinter den Exponaten verbergen. Wir haben hier über 400 000 tote Tiere und Pflanzen, doch die meisten sind anonym. Als wir begannen, die Geschichte von der toten Ente zu erzählen, öffneten die Besucher ihre Augen und Herzen. Sie erinnern sich an diese Geschichten. Also entschieden wir, alle Tiere, die eine interessante Geschichte haben, zu einer eigenen Sammlung zusammenzufassen.

Darunter ist auch ein sogenannter Domino-Spatz. Was hat es mit dem auf sich?

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Der sorgte dafür, dass beim Domino-Weltrekordversuch Tausende Steine umkippten. Das Produktionsteam von RTL ließ das Tier daraufhin abschießen. Jetzt hat er bei uns seine letzte Ruhe gefunden. Alle diese Geschichten sind im Grunde Beispiele für unglückliche Zusammenstöße zwischen Tierwelt und Menschheit. Eines der besten Beispiele dafür ist unser Igel, der seinen Kopf in Eiscreme, in einen McFlurry, steckte, und darin erstickte. Er ist das erste offizielle McFlurry-Opfer aus den Niederlanden. Ich hoffe, sein Schicksal regt die Menschen zum Nachdenken darüber an, was sie mit ihrem Müll tun sollten und was nicht.

Auf den ersten Blick wirken all diese Geschichten wie Satire. Gibt es eine ernste Seite?

Ja. Denn all diese Tiere starben, weil wir zunehmend in die Natur eingreifen, sie verändern und zerstören. Wir bauen Gebäude, die zu tödlichen Hindernissen werden, wir fahren Autos oder gehen auf die Jagd. Das sind alles unnatürliche Eingriffe in die Natur, mit denen wir Lebensräume verändern. Nehmen Sie den verunglückten Erpel aus dem Jahr 1995. Wäre dieses Tier nicht gegen eine Glasscheibe geflogen und gestorben, hätte es den nekrophilen Übergriff seines Artgenossen nie gegeben. Denn natürlich ist so eine Sache reine Energieverschwendung und hochgradig abnormal.

Kees Moeliker: „Der Entenmann: Von Spatzenklöten, aussterbenden Filzläusen und nekrophilen Enten. Mysteriöse Todesfälle aus dem Tierreich“. Edel Books, 265 Seiten, ISBN: 978-3-8419-0610-6

Von Nora Lysk/RND

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