Warum die Berliner Fashion Week unterschätzt wird
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Ein Model präsentiert im E-Werk die Mode des Designers Christoph Rumpf.
© Quelle: Monika Skolimowska/dpa
Berlin. Totgesagte leben länger. In den vergangenen Jahren wurde die Mercedes-Benz Fashion Week in Berlin gern kleingeredet – zu provinziell, zu unwichtig sei sie. Dieses Jahr zeigt sich, dass Mode in Berlin wieder groß in Mode ist. Zu den einzelnen Schauen, Konferenzen und Messen werden nach Angaben der Senatswirtschaftsverwaltung rund 70 000 Besucher erwartet. Designer und Labels wie Michael Michalsky, Riani und Marc Cain wollen ihre Ideen für die Saison Frühjahr/Sommer 2020 zeigen. Mit über 2800 Modeunternehmen, mehr als 25 000 Beschäftigten und einem Umsatz von rund 5,5 Milliarden Euro ist Berlin noch immer einer der wichtigsten Standorte der deutschen Modeindustrie.
Bereits am Montagmittag wurde die Berliner Modewoche von einem Newcomer eröffnet. Der 25-jährige Student Christoph Rumpf aus Wien hat vor Kurzem den Grand Prix beim Modefestival in Hyères gewonnen. Im ehemaligen Umspannwerk E-Werk zeigte der Jungdesigner seine international inspirierten Entwürfe – darunter große Ohrringe, die nicht nur an Frauen, sondern vor allem auch an männlichen Models zu sehen waren. Schon in den 1980er-Jahren waren Creolen und andere große Ohrringe bei Männern modern – feiern sie nun ihr Comeback?
Newcomer und Topmodels legen Wert auf Nachhaltigkeit
Dabei legt Newcomer Rumpf auch Wert auf Nachhaltigkeit und verarbeitet hauptsächlich Stoffe und Materialien, die er weltweit auf Flohmärkten findet. Er ist nicht der einzige Designer, dem Nachhaltigkeit wichtig ist: Topmodel und Designerin Karolína Kurková wird am Donnerstag Kinderwagen und Babyartikel präsentieren, die aus recycelten PET-Flaschen gefertigt werden.
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Bis Mittwochabend präsentieren im E-Werk 15 weitere Designer ihre Kollektionen. Als einer der ersten hat Guido Maria Kretschmer (54), bekannt aus der TV-Sendung „Shopping Queen“, seine neue Modekollektion bereits zur Schau gestellt. „Es ist eine große Show, die größte, die ich je gemacht habe“, sagte er vorab. Und tatsächlich: Fast 40 Minuten lang liefen die Models über den Laufsteg. Kretschmer setzte auf Vielfalt, unter den Models waren viele dunkelhäutige Frauen und Männer. Die Models, einige mit etwas größeren Kleidergrößen und weiblichen Rundungen, trugen viel Glitzer, Brokat und aufgenähte oder gedruckte Herzmotive.
Designer Kretschmer: „Im Ausland mögen sie den Berlin-Style“
„Ich glaube, die Fashion Week ist in Deutschland nicht so hip, wie sie es im Ausland ist“, sagt Kretschmer dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Im Ausland mögen sie den Berlin-Style. Aber im eigenen Land wird das leider nicht so gut frequentiert. Es ist ein bisschen schade, dass viele Großunternehmen nicht investieren.“ Aber es kämen auch große Marken wieder zurück zur Berliner Fashion Week, denn: „Berlin hat einen ganz eigenen Style, und den muss man auch zeigen.“
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Auch einer von Kretschmers Schützlingen hat zum ersten Mal Teile seiner Kollektion in Berlin vorgestellt: Laurent Hermann Progin (29) aus Basel gewann zuletzt die TV-Show „Guidos Masterclass“. „In der heutigen Zeit ist es als Jungdesigner extrem schwer, überhaupt wahrgenommen zu werden. Gucci oder Chanel haben ein ganz anderes Budget“, sagte er dem RND. Umso dankbarer ist er, „dass mich Guido ein bisschen unter seine Fittiche genommen hat“. Sein größter Traum? „Mal eine eigene Modenschau wäre schon schön.“
Influencerin Stefanie Giesinger schwärmt von Jungdesignern
Während die einen von den Schwierigkeiten der Jungdesigner sprechen, schwärmen die anderen von den Qualitäten dieser – zum Beispiel Influencerin und Model Stefanie Giesinger, die auch regelmäßig auf den Fashion Weeks in New York und Paris ist. „Wir haben in Berlin die coolsten Jungdesigner“, sagt sie dem RND. „Wir Deutschen sind offener und haben mehr Lust und Spaß an Mode. In New York und Paris ist es viel ernster. Da geht es vor allem darum, Business zu machen.“
Noch bis Freitag finden in Berlin Schauen von Labels wie Hugo oder Lena Hoschek statt. Außerdem zeigt Designer Wolfgang Joop eine Kooperation mit van Laack im KaDeWe. Neben der deutschen Prominenz werden auch Hollywoodstars wie die Schauspieler Anne Heche und Thomas Jane erwartet – ebenso wie die britische Popsängerin Rita Ora und der mehrfache Olympiagewinner Michael Phelps.
Von Thomas Kielhorn/RND