Wunsiedel: Elfjähriger offenbar an Tod von zehnjährigem Mädchen beteiligt
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Einsatzkräfte der Polizei gehen in Richtung des Kinder- und Jugendhilfezentrums in Wunsiedel.
© Quelle: Daniel Vogl/dpa
Wunsiedel. Im Fall eines getöteten Mädchens in einem Kinderheim in Wunsiedel haben sich die Ermittler weiter mit Details zurückgehalten. Die Sonderkommission arbeite auf Hochtouren, sagte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Oberfranken am Samstag. Tags zuvor hatten Polizei und Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass aufgrund der Spurenlage ein Elfjähriger als tatbeteiligt gilt.
Der Junge hatte genau wie das Opfer in einer Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung in der Stadt im Nordosten Bayerns gelebt. Ob der Junge inzwischen zur Tat befragt wurde, sagte die Sprecherin nicht. Ebenso blieb unklar, ob die Polizei weitere Tatbeteiligte vermutet und auf welche Weise das Mädchen ums Leben gekommen war. Auch machten die Ermittler keine Angaben dazu, welche Art von Spuren zu dem Jungen geführt hatten.
Als Elfjähriger ist der Junge nicht strafmündig. Er sei deshalb in einer „gesicherten Einrichtung präventiv untergebracht“ worden, hatte es geheißen.
Neue Erkenntnisse im Fall der toten Zehnjährigen in Wunsiedel
Der Spurenauswertung zufolge soll ein Elfjähriger aus der gleichen Kinderhilfe-Einrichtung tatbeteiligt gewesen sein.
© Quelle: dpa
Kinder und Jugendliche werden befragt
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) lobte die an den Ermittlungen beteiligten Fachleute: „Den akribischen und hochengagierten Ermittlungen ist zu verdanken, dass in vergleichsweise kurzer Zeit ein Tatbeteiligter ermittelt werden konnte.“ Jetzt gelte es, „die genauen Hintergründe dieser Schreckenstat aufzuklären“.
Der Innenminister sprach von schwierigen und komplexen Ermittlungen, da sehr viele Kinder und Jugendliche zu befragen seien. „Da ist ausgesprochen viel Fingerspitzengefühl gefragt.“
Zehnjährige tot in bayerischem Kinderheim gefunden
Es stehen zwei Jungen im Alter von 11 Jahren und ein 16-Jähriger im Fokus der Ermittler.
© Quelle: dpa
Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) zeigte sich erleichtert über den „schnellen Ermittlungserfolg. Die Polizei gebe den Menschen ein Stück Sicherheit zurück, sagte sie am Freitag. „Für alle Betroffenen sind eine rasche Aufklärung und die Hintergründe der Tat von großer Bedeutung.“ Nur so sei es möglich, die Tragödie aufzuarbeiten.
Ermittlungen auch über die Feiertage
Die Polizei hatte zuvor mitgeteilt, dass die Ermittlungen zum mutmaßlich gewaltsamen Tod einer Zehnjährigen in einer oberfränkischen Kinderhilfe-Einrichtung auch über die Feiertage weitergehen. Die Arbeiten der Soko würden natürlich auch an Karfreitag und Ostern fortgeführt, sagte eine Sprecherin der Polizei am Freitag. In der Einrichtung in Wunsiedel werde sich weiter um die anderen Kinder gekümmert, es stehe ausreichend Personal bereit, um sie zu betreuen. Am Dienstag war das Mädchen tot in seinem Zimmer gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft in Hof geht von einem Tötungsdelikt aus.
Der Träger der Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung hat versichert, die anderen Kinder seien gut versorgt und würden in ihrer Trauer begleitet. „Sie haben vertraute Ansprechpartner, die zuhören, sie auffangen und begleiten können“, teilte die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg am Samstag mit. „Die vielen Kolleginnen und Kollegen, die selbstverständlich Hilfe anbieten und mit im Einsatz sind, zeigen: Wir lassen niemanden allein. Dieser Zusammenhalt trägt und stärkt alle betroffenen Menschen und gibt ihnen Zuversicht.“
Die Kinder dürften mit allen Fragen zu den Pädagoginnen und Pädagogen kommen, hieß es weiter. „In den Gruppen ist es ruhig und es werden viele Gespräche geführt. Das ist für die Kinder sehr wichtig, denn Verluste haben manche von ihnen schon erfahren müssen, und der Verlust einer Freundin ist zu bewältigen und von den Fachkräften zu begleiten.“
Über die Osterfeiertage seien einige Kinder zu ihren Eltern gefahren. Die Wohngruppen seien deshalb nicht voll belegt. „Diese etwas kleineren Gruppeneinheiten fördern die Möglichkeit zum Gespräch. Psychologen, erfahrene Fachkräfte und das Krisenteam sind da, wenn sie gebraucht werden.“
Mutmaßlich kein Sexualdelikt
„Mutmaßungen hinsichtlich eines möglichen Sexualdeliktes“ könne man „derzeit nicht bestätigen“, hieß es in einer am Gründonnerstag verbreiteten gemeinsamen Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Polizei ermittelt mit einer 40-köpfigen Sonderkommission zu den Hintergründen für den Tod des Kindes.
Familienministerin Scharf war am Donnerstagnachmittag in Wunsiedel am Tatort. Für etwa eine Stunde zog sie sich in die Einrichtung zurück, begleitet von Landrat, Bürgermeister, örtlichem Landtagsabgeordneten. Danach legte sie einen Blumenstrauß ab - und lobte das Haus für die Begleitung der anderen Kinder. Der Träger habe sofort reagiert und das Personal verstärkt, sagte sie am Donnerstag in Wunsiedel. Es werde „Hand in Hand“ zum Wohl der Kinder gearbeitet.
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Ulrike Scharf (Mitte, CSU), Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, geht in das Kinder- und Jugendhilfezentrum, nachdem sie Blumen niedergelegt hat.
© Quelle: Daniel Vogl/dpa
Großteil der Kinder und Jugendlichen weiterhin in der Einrichtung
Ein Großteil der Kinder und Jugendlichen sei weiterhin in der Einrichtung. Wie viele genau derzeit dort sind, sagte sie nicht. „Die Kinder brauchen Schutz in ihrer gewohnten Umgebung, damit sie mit ihren Betreuerinnen und Betreuern die Situation aufarbeiten können.“ Die Einrichtung habe einen hervorragenden Ruf, ergänzte sie.
Die Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung fügt sich unauffällig in das Bild der 9200-Einwohner-Stadt ein. Gerade wird am Komplex saniert, im Garten der Anlage sind Spielgeräte aufgebaut. Es gibt zwar einen Zaun, hermetisch abgeriegelt freilich ist die Anlage nicht.
Rund 90 Kinder und Jugendliche werden in dem Heim betreut
Nach Angaben des Trägers werden dort etwa 90 Kinder und junge Erwachsene im Alter von 3 bis 19 Jahren betreut. Das Personal des Hauses besteht aus ebenfalls etwa 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Facheinrichtung sei für junge Menschen und ihre Familien da, die Hilfe zur Erziehung benötigten, hieß es auf der Website des Hauses. „Die Kinder kommen aus schwierigen Situationen“, schilderte Ministerin Scharf.
RND/dpa