Ausländer als Faustpfand: Neuseeland befreit zwei Blogger nach Festnahme im Iran
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Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern äußerte sich am Donnerstagmorgen erleichtert über die Freilassung eines neuseeländischen Blogger-Paares aus dem Iran. (Archivbild)
© Quelle: Getty Images
Sydney. Topher Richwhite und Bridget Thackwray waren auf der Reise ihres Lebens: Seit 2017 tourte das neuseeländische Paar durch die Welt und dokumentierte seine Reise auf sozialen Medien. Auf ihrem Instagram-Profil „Expedition Earth“ haben die Neuseeländer über 300.000 Follower.
Die Reiseblogger, die von dem deutschen Weltreisenden Gunther Holtorf inspiriert sind und mit diesem bis zu seinem Tod 2021 eng befreundet waren, posteten aus zahlreichen Ländern der Erde und ließen ihre Tausenden Fans an ihren Abenteuern teilhaben.
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Vorab noch geheiratet
Auf ihre Reise nach Iran bereiteten sich die Blogger besonders gut vor – um Probleme als unverheiratetes Paar zu vermeiden, schlossen die beiden im Juni sogar noch den Bund der Ehe. Trotzdem scheinen ihre Probleme bereits mit dem Grenzübertritt im Juli begonnen zu haben, denn kurz danach „verstummte“ ihre Kommunikation über soziale Medien.
Ein Video, das der neuseeländischen Tageszeitung „NZ Herald“ vorliegt, zeigte die beiden noch bei der Einreise in das Land. Schon daraus ist ersichtlich, dass sowohl ihr Auto ein Stein des Anstoßes war wie auch die Kleidung von Bridget Thackwray. Danach brach die Kommunikation ab.
Am Donnerstag meldeten sich die beiden Reiseblogger nun erstmals nach vier Monaten wieder zu Wort. In einem Statement an neuseeländische Medien schrieben die beiden, sie seien „sicher und wohlauf“ und „sehr erleichtert und glücklich“, wieder bei ihren Familien zu sein. „Wir sind all denjenigen sehr dankbar, die uns in den letzten Monaten unterstützt haben, und danken ihnen aufrichtig für all ihre Hilfe während dieses herausfordernden Kapitels unserer Expedition Earth-Reise.“ Was genau sie in ihren vier Monaten im Iran erlebt haben, darauf gingen die Neuseeländer bisher nicht ein.
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© Quelle: dpa
Erleichterung in Neuseeland
Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern äußerte sich am Donnerstagmorgen ebenfalls erleichtert darüber, dass das Paar wieder in Sicherheit ist. In einem Gespräch mit Medienvertretern sagte Ardern, dass das neuseeländische Außenministerium und die neuseeländische Regierung in den letzten Monaten hart daran gearbeitet hätten, „die sichere Ausreise von zwei Neuseeländern aus dem Iran zu gewährleisten“. Sie wollte sich nicht zu den Umständen äußern, die zur Festnahme des Paares führten, oder zu dem Ort, an dem sie festgehalten wurden.
Auch zur Freilassung wurden nur wenige Details bekannt: Vonseiten anderer Regierungsmitglieder hieß es, es habe „keinen Deal“ mit der iranischen Regierung gegeben. Neuseelands Außenministerin Nanaia Mahuta sagte Radio New Zealand, sie habe sich direkt für das Paar und ihre Freilassung eingesetzt. Die Neuseeländer seien in „ihren Bewegungen eingeschränkt und überwacht“ gewesen und sie hätten nicht die Dokumente gehabt, um das Land wieder zu verlassen.
Warnung für andere Reisende
Premierministerin Ardern sprach am Donnerstag dann aber noch eine sehr deutliche Warnung für andere Reisende aus: „Wenn Sie ein Neuseeländer sind, der eine Reise in den Iran in Betracht zieht, gehen Sie nicht und wenn Sie dort sind, kommen Sie nach Hause“, sagte Ardern. „Wir können Ihre Sicherheit nicht garantieren und wie dieses Beispiel zeigt, kann es zu sehr schwierigen Umständen führen.“
Auch in Deutschland warnt das Auswärtige Amt vor Reisen nach Iran. Ausländer und vor allem Doppelstaatler, die auch noch die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, könnten in dem Land „willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt“ werden, heißt es.
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© Quelle: Reuters
Vor allem seit dem Tod einer jungen Iranerin Mitte September, die von der Sittenpolizei in der Hauptstadt Teheran festgenommen worden war, hat sich die Lage nochmal verschlechtert. Bei Protesten und Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften gab es Tote und Verletzte. Laut des Auswärtigen Amts besteht eine Gefahr „insbesondere für Personen, die individuell zum Beispiel mit einem Motorrad, Fahrrad oder Reisemobil/Camper durch Iran reisen“.
Geiseldiplomatie an der Tagesordnung
Das Erlebnis der Reiseblogger ist kein Einzelfall: 2019 beispielsweise wurden zwei australische Reiseblogger im Iran inhaftiert, weil sie eine Drohne in der Nähe einer Militäranlage geflogen hatten. Die beiden kamen nach einem offensichtlichen Gefangenenaustausch mit Teheran frei, den die australische Regierung damals aber nicht offiziell bestätigte.
Ein prominenter Fall war im November 2020 ebenfalls über einen eher kontroversen Gefangenenaustausch gelöst worden. Dabei ging es um die britisch-australische Islamwissenschaftlerin Kylie Moore-Gilbert, die im September 2018 im Iran verhaftet und später wegen angeblicher Spionage zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden war.
Die Dozentin der Universität von Melbourne hat den Vorwurf stets bestritten und ihre Unschuld beteuert. Die Akademikerin, die über 800 Tage im Gefängnis, darunter insgesamt sieben Monate in Einzelhaft im Iran verbracht hat, kam im Rahmen eines Gefangenenaustausches gegen drei in Thailand verurteilte iranische Terroristen frei.