AKK stoppt Privatisierung bei der Bundeswehr
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Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, hier bei einem Besuch in der Wettiner Kaserne (Sachsen), hat die Privatisierung der Heeres-Instandhaltung gestoppt.
© Quelle: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
Berlin. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat eines der zentralen Reformprojekte ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen gestoppt: die Privatisierung der sogenannten Heeresinstandsetzungslogistik (HIL). „Die Privatisierung wird nicht weiter verfolgt“, sagte Kramp-Karrenbauer am Donnerstag. Dies habe finanzielle, aber auch strategische Gründe. Durch die Rückübertragung der Aufträge würden in den nächsten 20 Jahren Investitionen von rund 20 Millionen Euro jährlich nötig.
In einem Brief von Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber (CDU) an die Verteidigungspolitiker der Bundestagsfraktionen, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt, heißt es: „Diese Entscheidung folgt dem Rational staatlicher Sicherheitsvorsorge und stärkt die Resilienz.“
Offen ist noch, ob und in welcher Höhe Schadensersatzforderungen der beteiligten Firmen anfallen, die nun keine oder in verringertem Maße Aufträge bekommen.
1000 Mitarbeiter an drei Standorten
Die bisherigen Standorte der HIL GmbH im brandenburgischen Doberlug-Kirchhain und im saarländischen St. Wendel bleiben damit offenbar erhalten. Zum Werk im hessischen Darmstadt heißt es in Taubers Schreiben, hier werde es eine „mittelfristige Verlagerung der Aufgaben“ geben. Insgesamt hat die HIL GmbH rund 1000 Mitarbeiter.
Koalition und Opposition begrüßten den Schritt und machten damit ebenfalls die Distanz zu von der Leyen deutlich. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Fritz Felgentreu, sagte: „Zu einer funktionierenden Armee gehört die Fähigkeit, das eigene Gerät instand zu halten.“ Dies sei nicht nur eine hoheitliche Aufgabe, sondern auch wirtschaftlicher als die Privatisierung. „Wenn wir uns zu 100 Prozent von Privaten abhängig machen, wird es teurer.“
Frage nach den Kosten
Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, zeigte sich erleichtert über die Entscheidung: „Endlich wird diese Fehlentscheidung eingefangen“, sagte sie dem RND. „Die Instandhaltung der Wehrtechnik gehört in die Hände der Bundeswehr.“ Die Privatisierung der Instandsetzung sei von Ministerin von der Leyen und ihrer Staatssekretärin Katrin Suder in einem erstaunlichen Tempo verfolgt worden. Dabei sei auch sehr viel Geld an Beratungsfirmen geflossen. Offensichtlich habe die HIL als Musterbeispiel der Privatisierung dienen sollen. „Die Frage ist nun, was dieses Experiment gekostet hat“, sagte Strack-Zimmermann.
Denkbar sei, dass es künftig wieder eine Zusammenarbeit der staatlichen Stellen mit privaten Firmen gebe, eine sogenannte Public Private Partnership. Hier müsse aber klar sein, dass die staatlichen Stellen die Oberhand behielten.
Auch der sicherheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Matthias Höhn, begrüßte den Stopp der Privatisierung: „Der Stopp der HIL-Privatisierung war längst überfällig. Die Pläne waren von Anfang an grundfalsch.“ Nicht zuletzt durch die Arbeit des Untersuchungsausschusses zur Berateraffäre des Verteidigungsministeriums sei klar geworden, wie sehr seitens des Ministeriums manipuliert worden sei, um die Privatisierung auf den Weg zu bringen, und wie viel Geld dadurch verbrannt worden sei.
Die rüstungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Katja Keul, erklärte, der endgültige Stopp der Privatisierung sei überfällig. Diese sei nie im öffentlichen Interesse oder im Interesse der Bundeswehr gewesen, „sondern alleine im Interesse der Industrie, die dadurch ein Servicemonopol erreicht hätte“.
Der Untersuchungsausschuss befasst sich mit den zur Amtszeit von Ministerin von der Leyen in Anspruch genommenen externen Beraterleistungen des Verteidigungsministeriums. Dabei geht es auch um die Frage, ob Aufträge an Bekannte von Ministeriumsmitarbeitern vergeben wurden.