Antisemitismusbeauftragter zu Corona-Protesten: „Besorgt mich sehr“

20 Dezember in Rostock: Teilnehmer finden sich zu einer Demonstrationen gegen Corona-Einschränkungen und Impfpflicht ein.

20 Dezember in Rostock: Teilnehmer finden sich zu einer Demonstrationen gegen Corona-Einschränkungen und Impfpflicht ein.

Berlin. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat sich angesichts der bundesweiten Corona-Proteste besorgt gezeigt. „Es ist zwar nicht weiter überraschend, dass Menschen in Zeiten der Krise anfällig sind für irrationale Erklärungsmuster“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Und dabei ist Antisemitismus in unserer Kultur gewissermaßen eingeübt. Überraschend und besorgniserregend bleibt aber die Radikalisierung und wie da völlig unterschiedliche Gruppen zusammenwirken.“ Viele Protestierer ließen es zu, „dass Antisemiten und Rechtsextremisten diese Unzufriedenheit für sich nutzen. Das besorgt mich sehr.“

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Klein forderte: „Man muss die Gefährder noch besser ermitteln und dann auch verfolgen, zum Beispiel, wenn sie einen Judenstern mit der Aufschrift ‚ungeimpft‘ tragen. Denn das ist aus meiner Sicht Volksverhetzung und relativiert die Shoah.“ Um dagegen vorzugehen, brauche man mehr Personal bei Polizei und Verfassungsschutz.

Zugleich müsse man die Prävention verbessern und „den Leuten klar machen, dass es nicht in Ordnung ist, wenn Antisemiten und andere Extremisten die Proteste für sich kapern wollen. Wenn das geschieht, müssen Demokraten sich distanzieren.“

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Lob für Nancy Faeser

Der Antisemitismusbeauftragte begrüßte es deshalb, dass die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) „den Rechtsextremismus so klar als derzeit größte Gefahr benennt. Ich verstehe das als starkes Statement auch gegen Antisemitismus. Ich erhoffe mir davon einen deutlichen Schub und werde sie sehr unterstützen.“

Zu Wochenbeginn war es vielerorts wieder zu Protestmärschen von Kritikern der Corona-Beschränkungen gekommen, von denen viele als Corona-Leugner gelten und ein Teil zur rechtsextremistischen Szene gehört. Diese Mischung macht den Sicherheitsbehörden die größten Sorgen; sie hatte sich so ähnlich schon während der Flüchtlingskrise ab 2015 gezeigt.

Dabei wurde in Thüringen erneut ein Politiker bedroht: Innenminister Georg Maier (SPD). In sozialen Netzwerken wurde für Dienstagabend zu einem „Spaziergang“ vor Maiers Privathaus im Landkreis Gotha aufgerufen. Es war der zweite Aufruf in zwei Tagen. Der rechtsextreme Urheber, der den Sicherheitsbehörden bekannt ist, bietet darin an, die Adresse des 54-jährigen SPD-Politikers persönlich mitzuteilen. Weiter schreibt er, so ein Spaziergang sei „nicht verboten“. Quarzhandschuhe, die als Schlaghandschuhe Verwendung finden, „und andere Gegenstände, die es in jedem Militärshop gibt“, seien es auch nicht.

Darunter findet sich ein Eintrag des Eisenacher NPD-Funktionärs Patrick Wieschke mit dem Wortlaut: „Sowas geht nach hinten los und schadet der ganzen Sache! Es nützt dem Feind! Bitte unterlassen!“ Ungeachtet des kaum verhüllten Aufrufs zur Gewalt wollte die zuständige Staatsanwaltschaft zunächst keinen Anfangsverdacht für eine Straftat erkennen.

Ramelow: „SA-Methoden“

Maier hatte die Corona-Proteste kritisiert und Polizisten bei Einsätzen am Rande von Demonstrationen begleitet. Überdies hatte er mehrfach für Konsequenz im Umgang mit Rechtsextremisten und der AfD plädiert.

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Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) nannte es „unerträglich“, wenn Menschen gezielt dazu aufriefen, vor Privathäusern von Verantwortungsträgern aufzumarschieren. „Dies erinnert fatal an die Methoden der SA“, sagte er. Die SA war eine paramilitärische Organisation im Nationalsozialismus. Zuvor hatte es Aufmärsche vor den Häusern des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) und der Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) gegeben.

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