Anwalt: USA boten Assange Begnadigung an
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Demonstranten halten Banner vor dem Westminster Magistrates Court für die Freilassung des Wikileaks-Gründers Assange.
© Quelle: Kirsty Wigglesworth/AP/dpa
London. Die US-Regierung hat dem Wikileaks-Gründer Julian Assange laut dessen Anwalt eine Begnadigung angeboten. Er hätte im Gegenzug dafür aussagen müssen, dass Russland nicht in die Enthüllung von E-Mails der Demokratischen Partei verstrickt gewesen sei, sagte Anwalt Edward Fitzgerald am Mittwoch. Assange werde dies im Prozess um seine mögliche Auslieferung an die USA vorbringen, der kommenden Montag beginnt.
Anweisung von Trump
Richterin Vanessa Baraitser sagte, sie werde Beweise zu den Vorwürfen in dem Verfahren zulassen. Das Weiße Haus wies die Darstellung als "völlig falsch" zurück. Auch der Ex-Abgeordnete Dana Rohrabacher, der den angeblichen Deal laut einer anderen Anwältin von Assange einfädeln sollte, gab ein Dementi ab.
Anwalt Fitzgerald sagte bei einer Anhörung vor Gericht am Mittwoch, im August 2017 habe der damalige republikanische Kongressabgeordnete Rohrabacher Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London besucht. In einer Stellungnahme einer weiteren Anwältin von Assange, Jennifer Robinson, hieß es, Rohrabacher habe Assange auf Anweisung von Präsident Donald Trump gesagt, er biete "eine Begnadigung oder einen Ausweg, wenn Herr Assange ... sagt, dass Russland nichts mit den DNC-Leaks zu tun hat". DNC ist die Abkürzung für Democratic National Committee, die nationale Organisation der Demokraten.
“Eine totale Lüge”
Stephanie Grisham, Sprecherin des Weißen Hauses, sagte, Trump kenne Rohrabacher kaum. Er wisse nur, dass er früher Abgeordneter war, habe aber mit ihm nie über dieses Thema und kaum jemals überhaupt geredet, sagte Grisham. "Das ist eine komplette Erfindung und eine totale Lüge."
Auch Rohrabacher teilte mit, er habe nie mit Trump über Assange gesprochen. Weder vom Präsidenten noch von irgendjemandem aus dessen Umfeld sei er angehalten worden, sich mit dem Wikileaks-Gründer zu treffen, hieß es in einer Erklärung, die auf seinem Twitter-Konto verlinkt wurde.
Vielmehr habe er Assange bei einem Treffen Folgendes gesagt: "Wenn er (Assange) mich mit Informationen und Beweisen darüber versorgen könnte, wer ihm die DNC-Emails tatsächlich gegeben hat, würde ich dann Präsident Trump auffordern, ihn zu begnadigen." Er habe zu keinem Zeitpunkt einen Deal des Präsidenten unterbreitet oder auch nur erklärt, dass er Trump vertrete, ergänzte Rohrabacher.
Nach seiner Rückkehr habe er er sich kurz mit dem damaligen Stabschef im Weißen Haus, John Kelly, getroffen. Diesem habe er berichtet, dass Assange Informationen über die gestohlenen E-Mails der Demokraten im Gegenzug für eine Begnadigung liefern würde. Doch habe sich danach niemand mehr bei ihm gemeldet, erklärte Rohrabacher. "Und das war das letzte Gespräch, das ich zu diesem Thema mit irgendjemandem hatte, der Trump oder dessen Regierung repräsentiert."
Die für die Demokraten und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton belastenden E-Mails waren per Hackerangriff gestohlen und im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2016 von Wikileaks veröffentlicht worden. Sonderermittler Robert Mueller zufolge waren russische Hacker dafür verantwortlich.
Assange droht hohe Gefängnisstrafe
Wikileaks veröffentlichte neben den Wahlkampf-Mails aber auch Hunderttausende geheime Regierungsdokumente, weshalb die USA den 48-jährigen Assange der Spionage beschuldigen. Ihm droht eine Gefängnisstrafe von bis zu 175 Jahren, wenn er ausgeliefert wird. Er argumentiert, dass seine Aktivitäten vom ersten Zusatzartikel zur Verfassung gedeckt seien, der Redefreiheit garantiert.
Assange verbrachte sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London, um einer Auslieferung nach Schweden zu entgehen, wo ihm unabhängig davon Vergewaltigung vorgeworfen worden war. Im April 2019 musste er die Botschaft verlassen und wurde von der britischen Polizei verhaftet, weil er 2012 mit der Flucht in die Botschaft Kautionsauflagen missachtet hatte. Die Vorwürfe aus Schweden wurden mittlerweile wegen Verjährung fallengelassen, aber er könnte stattdessen in die USA ausgeliefert werden. Bei der Anhörung im Westminster Magistrates Court in London am Mittwoch war er per Video aus der britischen Haftanstalt Belmarsh zugeschaltet.
Das Auslieferungsverfahren könnte langwierig werden. Nach dem Auftakt am Montag läuft es zunächst eine Woche lang und soll dann im Mai wieder aufgenommen werden. Mit einem Urteil wird erst in einigen Monaten gerechnet. Die unterlegene Seite wird dann vermutlich Berufung einlegen.
AP/RND