EVP-Chef Weber lobt Asylkompromiss – Polen gegen Solidaritätsmechanismus
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Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, lobte den Asylkompromiss der EU-Minister am Donnerstag.
© Quelle: Jan-Philipp Strobel/dpa
Berlin. Der Asylkompromiss der EU-Innenminister stößt auf Lob, aber auch auf scharfe Kritik. Das zivilgesellschaftliche Bündnis Seebrücke sprach von einer „menschenfeindlichen Reform des europäischen Asylsystems“. Es handele sich um die „schärfsten Asylreformen seit Jahrzehnten“. Hingegen lobte der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, den Asylkompromiss. „Wenn es uns gelingt, eine europäische Rechtslage zu schaffen, die wirklich funktioniert, dann werden die Zahlen (der Flüchtlinge) deutlich zurückgehen“, sagte er am Freitag im Bayerischen Rundfunk (Bayern 2).
Für jeden, der versuche, illegal nach Europa zu kommen, sei künftig „an der Außengrenze Schluss“, sagte Weber. Es werde Schnellverfahren und schnelle Rückführungen geben. Damit seien aber nicht alle Probleme gelöst. Nötig seien auch Lösungen mit den Nachbarländern. „Wir brauchen jetzt für diesen Sommer ein Abkommen mit Tunesien, damit wir die Zahlen in den Griff kriegen“, erklärte der bayerische EU-Politiker. Das Grundprinzip „Wir wollen helfen“ stehe außer Frage, betonte Weber. Er forderte indes, zwischen wirklich Verfolgten und Menschen ohne Bleibegrund zu unterscheiden.
Polen nennt Solidaritätsmechanismus „absurd“
Polen hat indes seine Ablehnung des geplanten Solidaritätsmechanismus zur verpflichtenden Aufnahme von Flüchtlingen bekräftigt. Polen habe die größte Flüchtlingskrise nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgreich bewältigt, schrieb der polnische Europaminister Szymon Szynkowski vel Sek am Freitag auf Twitter mit Blick auf die Aufnahme von 1,6 Millionen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. „Wir werden nicht akzeptieren, dass uns absurde Ideen aufgezwungen werden.“ Ein derartiger Mechanismus sei schon einmal „wie ein Kartenhaus zusammengefallen“ und habe sich als „nicht umsetzbar und schädlich erwiesen, der Minister weiter, ohne näher ins Detail zu gehen.
Die EU-Innenminister hatten sich am Donnerstag in Luxemburg nach langen Verhandlungen auf eine Verschärfung des Asylrechts verständigt. Die Vorschlage zur Reform des europäischen Asylsystems (GEAS) sollen die Zahl der Asylbewerber mit geringen Bleibechancen reduzieren und Abschiebungen vereinfachen. Daneben soll ein Solidaritätsmechanismus eine fairere Verteilung von Schutzsuchenden innerhalb der EU ermöglichen. „Uns ist eine historische Entscheidung gelungen“, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Anschluss an die Verhandlungen in Luxemburg.
Ein zentraler Punkt der umfassenden Reformpläne ist die Einführung von Grenzverfahren an der EU-Außengrenze. Diese sollen den Asylverfahren vorgeschaltet werden. Dabei wird zunächst formal geprüft, ob Schutzsuchende einen Asylantrag stellen dürfen. Laut EU-Kommission sollen Menschen nur im Notfall inhaftiert werden. Migrationsexperten halten indes haftähnliche Bedingungen für realistisch.
„Es macht uns fassungslos, dass die deutsche Innenministerin diese menschenfeindliche Reform des europäischen Asylsystems als historisch und solidarisch bezeichnet“, erklärte Maria Sonnek vom Bündnis Seebrücke. „Die Folgen sind klar: Die Entmenschlichung an den europäischen Außengrenzen wird zur neuen Rechtsform Europas erklärt“, kritisierte Sonnek. Das zivilgesellschaftliche Bündnis Seebrücke setzt sich für Seenotrettung, für sichere Fluchtwege und für die dauerhafte Aufnahme von geflüchteten Menschen in Deutschland ein.
RND/dpa/epd