UN-Abrüstungskonferenz in Genf

Warum für Baerbock Abrüstung und Waffen­lieferungen an die Ukraine zusammen­gehören

Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesministerin des Auswärtigen Amts.

Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesministerin des Auswärtigen Amts.

Artikel anhören • 4 Minuten

Genf. Es scheint ein Widerspruch zu sein und Annalena Baerbock greift ihn auf. In Genf hat die UN‑Abrüstungs­konferenz begonnen – in Zeiten eines Krieges in Europa, in dem auch Deutschland Waffen exportiert und seinen Verteidigungsetat massiv aufstockt. „Wie können wir über Waffenkontrolle und Abrüstung sprechen?“, fragt die Außenministerin im großen runden Versammlungssaal des Uno-Gebäudes in Genf. Vergebens könne man das finden oder sogar zynisch angesichts des Angriffs Russlands auf die Ukraine. Schließlich unterlaufe Russland doch gerade die Waffenkontrolle.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Aber Baerbock sieht den Widerspruch nicht. Wegen der Angriffe seien Abrüstung und Rüstungs­kontrolle „wichtiger denn je“. Und es sei auch in Ordnung, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen, damit diese sich selbst verteidigen könne. Ziel sei, eine Welt zu erhalten, in der internationale Regeln gelten. „Wehrhaftigkeit und Abrüstung sind zwei Seiten einer Medaille“, sagt Baerbock. „Deswegen müssen wir sie nun verstärken – nicht trotz, sondern wegen des russischen Kriegs.“ Die Sicherheit in Europa sei in Gefahr, weil Russland die europäische Friedens­ordnung angegriffen habe.

Baerbock: „Russland muss einlösen, was es zugesagt hat“

Und damit ist sie bei Russlands Präsident Wladimir Putin. Dessen Ankündigung, Russlands Teilnahme am nuklearen Abrüstungs­abkommen New Start auszusetzen, sei unverantwortlich, sagt sie und fordert Putin auf, zu dem Vertrag zurückzukehren. „Russland muss einlösen, was es zugesagt hat.“ Russland habe schließlich noch vor einem Jahr selber festgestellt, dass ein Atomkrieg von niemandem gewonnen werden könne und auf jeden Fall verhindert werden müsse, fügt sie später vor Journalisten hinzu. Man sehe nun noch deutlicher, dass „eine Welt mit weniger Waffen, insbesondere mit weniger Atomwaffen, eine sicherere Welt wäre“.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Nur wenige Minuten hat sie nach dem Reglement der Konferenz für ihren Vortrag, Baerbock eilt durch die Themen. Sie verurteilt den Einsatz von Anti-Personen-Minen und die wiederholten Atomtestes Nordkoreas. Auch den Iran spricht Baerbock an. Die Berichte über weitere Schritte in der Uran­anreicherung seien sehr beunruhigend, die Rückkehr des Iran zur internationalen Vereinbarung zur Kontrolle der Atomanlagen (JCPOA) dringend.

Krisen-Radar

RND-Auslandsreporter Can Merey und sein Team analysieren die Entwicklung globaler Krisen im neuen wöchentlichen Newsletter zur Sicherheitslage. Jetzt kostenlos anmelden und in Kürze die erste Ausgabe erhalten.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Neue Vereinbarungen fordert die Ministerin für den Cyberbereich. Cyberattacken könnten Gesellschaften paralysieren und zu Eskalationen zwischen Staaten führen. „Was wir brauchen, sind klare Regeln für verantwortliches Handeln“, findet Baerbock – das Chaos allerdings kann durchaus das Ziel von Cyberattacken sein.

120 Millionen Euro Hilfe für den Jemen aus Deutschland

Und die Abrüstungskonferenz hat seit Jahrzehnten keine größeren Beschlüsse mehr gefasst – die Staaten blockieren sich dort gegenseitig.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

In schnellem Takt geht es zu weiteren Auftritten. „Die Vereinten Nationen sind weit mehr als der blockierte Sicherheitsrat“, betont Baerbock. Für den von jahrelangem Bürgerkrieg gezeichneten Jemen kündigt die Ministerin bei einer Geberkonferenz 120 Millionen Euro Hilfe an. Die Welt habe vor dem Konflikt lange die Augen verschlossen, beklagt sie. 4,3 Milliarden Dollar Hilfe sind laut Uno für das Land nötig – das Geld ist noch lange nicht zusammen. „Der humanitäre Bedarf ist gerade mal zur Hälfte gedeckt“, sagt Baerbock und warnt, dass auch Frauen im Jemen Zugang zur Hilfe bekommen müssten.

Olexandr Kamischin, a Ukrainian railway executive who is the CEO of state-owned Ukrainian Railways, photographed  at the Kyiv Central Railway Station.

Dieser Mann sorgt dafür, dass die Bahn in der Ukraine selbst im Krieg pünktlich ist

Er brachte US-Präsident Biden mit dem Sonderzug nach Kiew: Olexandr Kamischin ist Chef der ukrainischen Eisenbahn, deren Züge sogar unter Beschuss fahren und dabei verblüffend verlässlich sind. Kamischin meint, ein Krieg sei schließlich keine Entschuldigung für schlechten Service.

Im UN‑Menschenrechtsrat kommt sie erneut auf russische Attacken auf ukrainische Zivilisten zu sprechen. Sie verurteilt die Einschränkungen für Frauen in Afghanistan als brutale Menschen­rechts­verletzung. Und den Demonstrierenden, die das iranische Regime brutal verfolgt, ruft sie zu: „Wir werden euch nicht vergessen. Wir unterstützen euch jeden Tag aufs Neue.“ Ein paar Redner nach Baerbock ist der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian an der Reihe. Er verbittet sich die Kritik, die er als Einmischung in innere Angelegenheiten bezeichnet. Seine Regierung gehe gegen Terror vor und habe sich nichts vorzuwerfen.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikel war von 4,3 Millionen Dollar Hilfe die Rede, die laut Uno für den Jemen nötig seien. Es sind natürlich 4,3 Milliarden Dollar. Wir haben die Angabe korrigiert und bitten den Fehler zu entschuldigen.

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken