„BMW könnte für Bremer Motorenwerk stehen“: Martin Huber stolpert über sein Bayern-Selbstlob
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Martin Huber, CSU-Generalsekretär, fand keine Freunde bei „Markus Lanz“. (Archivbild)
© Quelle: Peter Kneffel/dpa
Berlin. Markus Lanz diskutierte am Donnerstagabend mit seinen Gästen über den Kurs der erneuerbaren Energien in Deutschland und die Klimapolitik der Ampel und ihrer Vorgängerregierung. CSU-Generalsekretär Markus Huber redete dabei viel über erneuerbare Energien in Bayern – und sich selbst teilweise um Kopf und Kragen. Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros des RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), analysierte die CSU-Politik der vergangenen Jahre und sprach über einen möglichen neuen Wohlstandsbegriff. Klimaaktivistin Pauline Brünger sagte, um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, müsste Deutschland bis 2035 klimaneutral werden. Und Johannes Lackmann, Geschäftsführer der Westfalen Wind-Gruppe, hält einen zweigeteilten Strommarkt für denkbar – und dass die Industrie wegen teurer Energie aus Bayern abwandern könnte.
Die Gäste
Der CSU-Generalsekretär Huber versuchte vor allem, Bayerns erneuerbare Energien zu profilieren. Er jonglierte mit Begriffen wie „Heimatenergien“ oder „Sanierungszwang“ und versuchte bei jeder Gelegenheit, mit statistischen Fakten über Bayerns Energieversorgung vom eigentlichen Thema abzulenken. Lanz redete ihn mehrmals mit Dr. Huber an, obwohl Huber den Titel freiwillig abgelegt hat. Daran erinnerte er Lanz auch, zum genauen Grund sei allerdings „schon alles gesagt“ worden. Kurz nachdem Huber CSU-Generalsekretär geworden war, hatte die Ludwig-Maximillians-Universität in München bekanntgegeben, dass sie Hubers Dissertation gar nicht hätte annehmen dürfen - offenbar wegen unsauberer Kenntlichmachung von Fremd- und Eigenleistung. Huber hatte seinen Titel daraufhin freiwillig abgelegt. Auch Ex-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verloren ihre Doktortitel wegen Plagiatsvorwürfen.
Pauline Brünger ist Sprecherin der Fridays-For-Future-Bewegung in Deutschland. Sie ließ souverän Huber abtropfen, der sagte, sie könne nicht zuhören und die Fridays-For-Future-Bewegung rücke in die Nähe der Klimakleber. Brünger ignorierte das einfach. Sie sagte, um das 1,5 Gradziel noch zu erreichen, müsste Deutschland bis 2035 klimaneutral werden.
Kristina Dunz ist Journalistin und Politikexpertin vom RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Sie konfrontierte Huber, der konsequent auf der Politik der Ampelkoalition herumhackte, mit den Verfehlungen seiner eigenen Partei wie dem Stopp des Glyphosatverbots oder der gescheiterten PKW-Maut. Sie sieht bei den jungen Generationen einen neuen Begriff von Wohlstand: „Dazu gehört: Ich habe Wasser, ich habe Strom, ich habe es warm und muss nicht frieren.“
Johannes Lackmann ist Geschäftsführer der Westfalen Wind-Gruppe. Dass in Bayern in diesem Jahr nur 22 Windräder aufgestellt und zwei genehmigt wurden, liege auch daran, wie über Windkraft gesprochen werde. „Wenn man immer nur sagt möglichst weit weg, möglichst 1000 Meter Abstand und wir wollen Windkraft eigentlich nicht, dann wirkt das auch in die Genehmigungsbehörden hinein“, kritisierte er. Importierter Strom könnte durchaus auch aus der eigenen Wirtschaft kommen.
Das Duell des Abends
Lackmann lieferte sich einen interessanten Schlagabtausch mit Huber. Der CSU-Politiker kritisierte den starken Fokus auf Windkraft bei den erneuerbaren Energien. Er pochte unter anderem auf Wasserstoff-Pipelines. Zudem sei eine vollständige Elektrisierung schwierig: „Allein die Chemieindustrie hätte einen jährlichen Strombedarf so groß wie ganz Deutschland“, sagte er. Lackmann räumte ein, dass der Strombedarf dafür sehr groß sei, gab aber zu bedenken, dass jährlich viele Milliarden Kilowattstunden Windstrom verloren gingen, einfach weil sie nicht ins Netz eingespeist werden können. Huber versuchte immer wieder vom Thema abzulenken, antwortete auf kaum eine Frage direkt.
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Der witzigste Moment
Lackmann warnte den CSU-Generalsekretär: „BMW könnte irgendwann nicht mehr für bayerisches Motorenwerk, sondern für Bremer Motorenwerk stehen.“ Hintergrund: Lackmann plädierte für das Verursacherprinzip auf dem deutschen Strommarkt. Wenn sich Strom aus Windkraftanlagen wegen fehlender Trassen nicht von Nord nach Süd transportieren lasse, „müssten im Süden die Gaskraftwerke anspringen“. Die Kosten dafür würden sich aktuell auf den gesamten deutschen Strommarkt auswirken. „Das lässt sich mit einem zweigeteilten Strommarkt verhindern“, so Lackmann. Aber die Wirtschaft würde eben immer der günstigen Energie folgen. Huber reagierte empört. Es sei klar, dass Bayern als Wirtschaftszentrum der Nation auch auf zusätzliche Stromquellen angewiesen sei.
Der interessanteste Satz
Lackmann stellte klar: „Es gibt keinen Rechtsanspruch darauf, die Umwelt zu zerstören.“ Zur Wahrheit gehöre auch, dass Bayern den Ausbau erneuerbarer Energien etwa 30 Jahre lang ausgesessen habe. „Wenn ewig nichts passiert, ist ein Staat irgendwann verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, was in der Vergangenheit auch gut funktioniert hat.“ Er nannte als Beispiel die Katalysatorpflicht.
Der krasseste Satz
Die Veränderung kommt auf jeden Fall, machte Pauline Brünger deutlich: „Diejenigen, die jetzt von Flugtaxis fantasieren, sind vielleicht auch diejenigen, die sich schon eine Villa in den höhergelegenen Gebieten gekauft haben.“ Der Grund: „Wenn wir noch ein paar Jahre so tun, als könnte alles so bleiben wie es bisher ist, kommt die Klimakrise mit voller Wucht.“ Vor allem Normalverdiener und arme Menschen würde das treffen.
Fazit
Lackmann, Brünger und Dunz stellten anschaulich heraus: Deutschland kann ein Vorbild für andere Länder in Sachen erneuerbaren Energien sein - nur leider ist die aktuelle Bundespolitik dafür nicht förderlich. Die Debatte war vor allem durch Huber geprägt, der durchgängig versuchte, den Freistaat als die Nummer eins der erneuerbaren Energien hoch zuloben, dabei aber über politische Klimasünden der CSU, von ihm verdrehte Tatsachen und eine mittelmäßige bayrische Windkraftbilanz stolperte.
Brünger, Dunz und Lackmann nutzten Hubers unfreiwillige Steilvorlagen, um ihre Impulse zum Thema Wohlstand, Windkraft und Klimaschutz zu platzieren. Am Ende sprach Huber noch kurz über die CSU-Ambitionen in Landtag und Bundestag. Eine schwarz-grüne Koalition in Bayern sei „ausgeschlossen.“ Und eine Kanzlerkandidatur des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder? „Wir gucken jetzt erstmal auf die Landtagswahl in Bayern“, so Huber diplomatisch.