„Bildet eine Regierung!“
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Verdi-Chef Frank Bsirske will internationale IT-Konzerne wie Apple oder Google stärker besteuern.
© Quelle: dpa
Warum wäre eine GroKo für Deutschland besser als Neuwahlen?
Die Menschen erwarten, dass die Parteien eine stabile Regierung bilden. So lange wählen zu lassen, bis das Ergebnis den handelnden Akteuren in der Politik passt, das wäre doch niemandem zu vermitteln. Der Wählerauftrag ist klar: Bildet eine Regierung!
Warum sind die Gewerkschaften eigentlich die treuesten Anhänger der GroKo?
Unsere Aufgabe ist es, im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Einfluss zu nehmen. Das Sondierungsergebnis hat sicherlich Schwächen, aber es enthält auch viele Punkte, die positiv sind und nicht ignoriert werden dürfen. Ich verfolge die Debatten in der SPD sehr genau. Wunschlisten sind schön und gut. Aber es wäre gut, sich in Erinnerung zu rufen, dass es hier nicht um die Formulierung des Programms einer SPD-Alleinregierung geht.
Täuscht der Eindruck oder wird die GroKo vor allem eines: teuer für Steuer- und Beitragszahler?
In Deutschland besteht ein Investitionsrückstand in dreistelliger Milliardenhöhe. Das betrifft insbesondere die Bildung, den sozialen Wohnungsbau und die Pflege. Für Verbesserungen in diesen Bereichen gibt es gute Ansätze der Verhandlungsteams. Dass es das alles nicht zum Nulltarif geben kann, sollte eigentlich jedem klar sein.
Woher soll das Geld für diese Investitionen kommen?
Wir müssen einfach mehr tun bei der Kapitalbesteuerung. Im Sondierungspapier hatten Union und SPD ja Maßnahmen gegen Steuervermeidung vereinbart. Wenn sie das ernst meinen, dann wäre es an der Zeit, eine nationale Quellensteuer auf die Gewinne ausländischer Unternehmen einzuführen. So verhindern wir, dass viel Geld am deutschen Fiskus vorbei an die Mutterkonzerne im Ausland weitergereicht werden kann. Dagegen: Ein Steuerwettlauf nach unten wäre der Versuch, der Politik eines Donald Trump hinterherzuhecheln. Wir müssen ran an die Apples, Googles und Ikeas dieser Welt!
Die SPD dringt auf die Abschaffung sachgrundloser Befristungen von Arbeitsverträgen. Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass es dazu kommt?
Die Union hat in ihrem Wahlprogramm selbst Maßnahmen gegen den Missbrauch von Befristungen angekündigt. Beide Seiten sollten in der Lage sein, eine vernünftige Lösung miteinander zu vereinbaren und dem Befristungs-Wahnsinn ein Ende zu setzen. Das ist im Interesse von Hunderttausenden Arbeitnehmern in Deutschland.
Besonders viele Befristungen gibt es im öffentlichen Dienst. Die Arbeitgeber sagen, in der Privatwirtschaft gebe es diese Probleme nicht. Was entgegnen Sie?
Die Möglichkeit, ohne Sachgrund zu befristen, ist sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der freien Wirtschaft ein Einfallstor für Missbrauch. Befristungen sorgen für massenhafte Entsicherung von Arbeitsverhältnissen. Das trifft vor allem junge Beschäftigte, die in einem Alter sind, in dem es auch um Familienplanung geht. Da bleibt Planbarkeit auf der Strecke.
Sind Befristungen nicht auch ein Instrument von Flexibilität, das Arbeitgeber in gewissem Maße benötigen?
Dass Befristungen mit Sachgrund manchmal sinnvoll sein können, stelle ich nicht in Abrede: Zum Beispiel bei Vertretungen für Langzeit-Erkrankte. Das Problem sind Verträge, die ohne erkennbaren Grund befristet sind. Hier geht es um gezielte Ausweitung von Probezeiten, um Kettenverträge und ein Unterlaufen des Kündigungsschutzes.
Sind Befristungen nicht auch ein Instrument von Flexibilität, das Arbeitgeber in gewissem Maße benötigen?
Dass Befristungen mit Sachgrund manchmal sinnvoll sein können, stelle ich nicht in Abrede: Zum Beispiel bei Vertretungen für Langzeit-Erkrankte. Das Problem sind Verträge, die ohne erkennbaren Grund befristet sind. Hier geht es um gezielte Ausweitung von Probezeiten, um Kettenverträge und ein Unterlaufen des Kündigungsschutzes.
Union und SPD wollen in der Pflege in einem Sofortprogramm 8000 neue Stellen schaffen. Ist das nicht ein Tropfen auf den heißen Stein?
Diese 8000 Stellen sind schon einmal ein Schritt nach vorne, dem weitere folgen sollen. Darüber hinaus soll es eine Refinanzierung von Tarifsteigerungen in der Krankenpflege geben – unter der Voraussetzung, dass auch tatsächlich besser bezahlt wird. Diese Nachweispflicht gibt es bisher nicht. Gut ist auch, dass es klare Vorgaben zur Personalbemessung in der Altenpflege und Personaluntergrenzen für die Krankenpflege geben soll. Insgesamt sehe ich in diesem Bereich mehr Licht als Schatten.
Von Rasmus Buchsteiner/RND