BND will Konsequenzen aus Fehleinschätzungen zu Afghanistan ziehen
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Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND)
© Quelle: Fabian Sommer/dpa
Berlin. Der deutsche Auslandsgeheimdienst BND zieht nach Angaben seines Chefs Bruno Kahl Konsequenzen aus den Fehleinschätzungen kurz vor der Machtergreifung der Taliban in Afghanistan. Der BND habe viele Jahre lang zuverlässige Lagebilder für Bundeswehr und Bundesregierung erstellt und damit auch Menschenleben gerettet, sagte Kahl am Mittwoch in Berlin bei der jährlichen öffentlichen Anhörung der Präsidenten der Nachrichtendienste des Bundes.
Der BND habe aber nicht damit gerechnet, dass die Taliban das Land insgesamt und die Hauptstadt Kabul so schnell unter Kontrolle bringen würden. „Wie alle anderen Nachrichtendienste auch gingen wir davon aus, dass die afghanischen Sicherheitskräfte länger durchhalten“, sagte Kahl. Er habe die interne Revision beauftragt, Ursachen für diese Fehleinschätzung auszumachen und Handlungsempfehlungen abzugeben. Künftig sollten Einschätzungen und Annahmen intern stärker auf den Prüfstand gestellt werden.
Al-Kaida und IS profitieren
Nach der Machtübernahme der Taliban profitierten nun die islamistischen Terrororganisationen Islamischer Staat (IS) und Al-Kaida vom wegfallenden Verfolgungsdruck durch afghanische und internationale Sicherheitskräfte, sagte Kahl. Die islamistische Szene weltweit feiere die Entwicklungen in Afghanistan. „Dies könnte Afghanistan perspektivisch auch attraktiv für Dschihad-Freiwillige machen.“ Es bleibe zu beobachten, ob Islamisten aus Europa und anderen Regionen nun verstärkt nach Afghanistan reisten und ob das Land zum Rückzugsort für Terrororganisationen werden könne.
Gleichwohl dürften die Taliban nach Einschätzung des BND zunächst jegliche Anschlagspläne von Al-Kaida aus Afghanistan unterbinden, wenn sie davon erführen. „Ein offenes Auftreten von Al-Kaida wird von den Taliban nahezu sicher zunächst nicht geduldet“, sagte Kahl.
Der Antagonismus zwischen dem IS und den Taliban werde fortbestehen, sagte Kahl. Der IS in der Region werde zunächst nur im Verdeckten operieren können, aber weiter Anschläge planen. Man müsse sehen, ob die Organisation sich als globaler islamistischer Akteur etablieren könne.
RND/dpa