Drei Kampfansagen Chinas an den Westen – und was dahintersteckt
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Qin Gang, Außenminister von China, spricht während einer Pressekonferenz am Rande der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses (NVK).
© Quelle: Mark Schiefelbein/AP
Inmitten der Spannungen mit dem Westen findet in China der Nationale Volkskongress statt. Die Spitzen der Kommunistischen Partei nutzen die Gelegenheit, um Chinas Anspruch und Interessen in der Welt zu untermauern – und gegen den Westen auszuteilen. Die chinesische Regierung warnte die USA vor einer Eskalation der Konflikte, Europa warf man eine zu große Abhängigkeit von den Amerikanern vor und in der Ukraine würden die USA gar keinen Frieden wollen, um ihre eigenen Vorteile daraus zu ziehen. Beobachter, wie der Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln, Thomas Jäger, sehen in den neuesten Äußerungen aus China eine „deutliche Verschärfung des Tons gegenüber den USA und Europa“, wie er im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) erklärt.
Als Grund führt Jäger die wirtschaftlichen Probleme an, vor denen China steht. Die chinesische Regierung habe zehn Jahre lang verkündet, wirtschaftlich und politisch auf dem Weg an die Weltspitze zu sein, doch nun sei China in eine Krise geraten. „Die Wirtschaft brummt nicht mehr so stark, die Arbeitslosigkeit steigt und China versucht, den USA die Schuld dafür zu geben“, sagt der Experte. „Deshalb hören wir aus China jetzt sehr viel nationalistische Rhetorik.“ Die chinesische Bevölkerung sei durch die Propaganda jahrelang darauf getrimmt worden, dass die USA für alle negativen Entwicklungen auf der Welt die Schuldigen seien.
Ein Überblick über die drei wichtigsten Kampfansagen Chinas an den Westen – und was dahintersteckt.
1. Taiwan ist eine rote Linie
Der chinesische Außenminister Qin Gang forderte die USA auf, Taiwan nicht länger zu unterstützen. Er bezeichnete den Inselstaat, den China als Teil seines Territoriums beansprucht, als rote Linie und erklärte, die USA dürften sich nicht weiter „in die inneren Angelegenheiten“ Chinas einmischen. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin hat immer wieder von roten Linien gesprochen. Politologe Jäger sieht weitere Parallelen zur Argumentation Russlands: „Die chinesische Regierung hat noch einmal erklärt, dass Taiwan als eigenständiger Staat nicht existiert und argumentiert damit genauso wie Putin in der Ukraine.“ So wie Russland die Auffassung vertritt, Großmächte dürften sich die Welt aufteilen, nehme China für sich dies im pazifischen Raum in Anspruch.
Außenminister Qin fragte: „Warum fordern die USA China auf, keine Waffen an Russland zu liefern, während sie weiterhin Waffen an Taiwan verkaufen?“ Für Jäger ist klar, dass Chinas Außenminister die Ursache des Krieges in der Ukraine in einer Schieflage der europäischen Sicherheitsarchitektur sieht. Russlands angeblich legitimen Sicherheitsinteressen müssten in dieser Sicherheitsordnung und konkret in der Ukraine berücksichtigt werden, erklärt Jäger die Vorstellungen der chinesischen Regierung. „China bedient sich hier der russischen Rhetorik.“ China beobachtet genau, wie die Weltgemeinschaft auf die Invasion Russlands in der Ukraine reagiert. Für die chinesische Regierung ist es ein Test, mit welchen Konsequenzen man bei einer Invasion in Taiwan rechnen müsste.
Chinas neuer Außenminister Qin Gang warnt USA
China hat die USA angesichts der zunehmenden Spannungen in den Beziehungen vor der Gefahr eines Konfrontationskurses gewarnt.
© Quelle: Reuters
2. USA sind gegen Frieden in der Ukraine
Außenminister Qin unterstellte den USA, die Friedensbemühungen in der Ukraine zum eigenen Vorteil zu untergraben. Zuvor wurde der chinesische Friedensvorschlag für die Ukraine von Russland begrüßt, vom Westen jedoch aufgrund von erheblichen Nachteilen für die Ukraine abgelehnt. Qin sagte nun: „Es scheint eine unsichtbare Hand zu geben, die darauf drängt, den Konflikt in die Länge zu ziehen und zu eskalieren.“ Laut Politologe Jäger sind diese Vorwürfe haltlos. „Damit verbreitet China russische Propaganda“, stellt er klar. Inzwischen könne nicht einmal mehr von einer prorussischen Neutralität Chinas gesprochen werden. „China hat inzwischen die Position Russlands übernommen.“
3. Der Westen unterdrückt China
Chinas Präsident Xi Jinping sagte, „westliche Länder, angeführt von den USA, verfolgen eine umfassende Eindämmung, Einkreisung und Unterdrückung Chinas“. Die zukünftige Entwicklung Chinas stehe daher vor schweren Herausforderungen. Jäger sieht in dieser Behauptung eine „weitere Parallele zur russischen Rhetorik“. Tatsächlich würden die USA ihre militärischen und sicherheitspolitischen Beziehungen zu Japan, Südkorea, Indien und anderen Staaten ausbauen, so der Kölner Experte. „China sieht sich und vor allem seinen Anspruch, die pazifische Vormacht zu sein, dadurch bedroht.“ Dabei sei Chinas Problem vielmehr, dass es selbst keine wirklichen Verbündeten habe, sondern um sich herum vor allem Staaten, die gute Beziehungen zu den USA pflegen.
„Wie Russland hat auch China versucht, die EU zu spalten“, beobachtet Jäger. Nun rief Außenminister Qin die Europäer auf, sich unabhängiger von den USA zu machen. Sie sollten auf Distanz zu den Amerikanern – die China eine Vorherrschaftspolitik vorwerfen – gehen, so der indirekte Wunsch. Doch Jäger warnt: Sollten sich die USA aus Europa zurückziehen, eröffne das China die Möglichkeit, über intensivere Wirtschaftsbeziehungen und Schutzversprechen zu versuchen, die schwächeren europäischen Staaten politisch zu dominieren.