Corona-Krise: Jugendliche verbringen noch mehr Zeit vor dem Bildschirm

Kinder und Jugendliche verbringen in der Corona-Krise deutlich mehr Zeit vor dem Bildschirm als vorher.

Kinder und Jugendliche verbringen in der Corona-Krise deutlich mehr Zeit vor dem Bildschirm als vorher.

Berlin. Kinder und Jugendliche haben während des Corona-Lockdowns im April deutlich mehr Zeit vor dem Bildschirm verbracht als zuvor. Zu diesem Schluss sind Forscher in einer Studie zum Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen gekommen. Demnach ist die Nutzung von Computerspielen und sozialen Netzwerken um bis zu 75 Prozent gestiegen. Ein wesentlicher Grund hierfür sei Langeweile, hieß es bei der Vorstellung der Studie am Mittwoch in Berlin.

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Das Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) befragte hierzu im April 824 Kinder und Jugendliche sowie jeweils ein Elternteil. Die Umfrage entstand im Auftrag der DAK-Krankenkasse und wurde nun im Beisein der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Daniela Ludwig, vorgestellt.

Die CSU-Politikerin nahm die Eltern in Schutz: “Corona war eine Ausnahmesituation. Viele haben gar keine andere Möglichkeit gesehen, als die Kinder vor dem Tablet zu parken”, sagte Ludwig. Das dürfe aber kein Dauerzustand werden.

700.000 Jugendliche zeigen pathologische oder riskante Nutzungsmuster

Die Corona-Krise hat das Problem der übermäßigen Mediennutzung durch Kinder- und Jugendliche weiter verschärft. Nach Erkenntnissen der Forscher sind derzeit bundesweit mindestens 700.000 Jugendliche süchtig nach Mediennutzung oder von einer Sucht akut bedroht.

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“Wir dürfen die Augen vor den Risiken der Digitalisierung nicht verschließen”, sagte Andreas Storm, Vorsitzender der DAK-Krankenkasse. Dass die Weltgesundheitsorganisation WHO “Gaming Disorder” als Erkrankung anerkannt habe, mache die Dringlichkeit des Themas deutlich.

Zahlen schon vor Corona hoch

Schon in der ersten Befragungswelle im September 2019 hätten die Forscher festgestellt, dass fast jeder achte von 1221 befragten Jugendlichen pathologische oder riskante Nutzungsmuster zeige, erklärte Prof. Rainer Thomasius, Ärztlicher Leiter des UKE.

2,7 Prozent erfüllten demnach bereits vor der Corona-Krise die Kriterien für eine pathologische Nutzung von Computer-Spielen – zum Beispiel Kontrollverlust und Vernachlässigung anderer Lebensbereiche. 3,2 Prozent der jugendlichen Nutzer sozialer Medien zeigen Suchtverhalten.

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Jungen sind nach Erkenntnissen der Forscher stärker von Mediensucht betroffen als Mädchen: Jeder siebte Junge zeigte pathologische oder riskante Nutzungsmuster im Bereich Gaming.

Oft fehlen Regeln

Thomasius zufolge gibt es in jedem zweiten Haushalt keine Regeln für die Art und die Dauer der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen. In jeder dritten Familie stellten Eltern keine Regeln über die Inhalte von Computerspielen und sozialen Medien auf. Wo es Regeln gebe, würden diese häufig nicht umgesetzt. Thomasius sprach von “besorgniserregenden” Zahlen.

Was tun gegen Mediensucht?

Als Reaktion auf die Ergebnisse will die DAK-Krankenkasse eine “Präventionsoffensive” starten. Unter dem Motto “Mediensucht 2020″ sollten Früherkennung und Hilfsangebote gestärkt werden, kündigte der DAK-Vorsitzende Storm an. Für ein “Mediensuchtscreening” werde die DAK mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte zusammenarbeiten.

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Das Screening soll nach Angaben von Sigrid Peter, Vizepräsidentin des Verbandes, im Oktober in fünf Bundesländern starten. Durch eine standardisierte Befragung sollten Auffälligkeiten erkannt und gegebenenfalls Beratungsangebote gemacht werden. Dabei gehe es nicht darum, Gaming oder soziale Medien zu verteufeln, betonte Thomasius.

Drogenbeauftragte Ludwig will parallel dazu eine Kampagne zur Beratung und Aufklärung starten. Mit “Familie, Freunde, Follower” wolle man niedrigschwellige Tipps geben, so Ludwig: “Man wirft sein Kind auch nicht in den Pool und sagt: Schwimm!”

Über eine Onlineanlaufstelle sollen Kinder, Jugendliche und Eltern weitere Hilfsangebote erhalten. Gemeinsam mit der Drogenbeauftragten solle daran gearbeitet werden, die Medienkompetenz von Kindern, Jugendlichen und Eltern zu stärken, so Storm: “Man kann und muss einen gesunden Umgang lernen.”


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