Eigenkritik aus der CDU

Schleswig-Holsteins Minister­präsident Günther sieht Mitverantwortung der Union für AfD-Erfolge

Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein.

Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein.

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Kiel. Zum aktuellen Höhenflug der AfD in den Umfragen tragen nach Ansicht von Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther (CDU) auch die Unionsparteien bei. „Es gelingt uns als Union nicht ausreichend, mit überzeugenden Angeboten wahrgenommen zu werden und die enttäuschten Stimmen abzuholen“, sagte Günther der „Welt am Sonntag“. „Wir haben es bisher nicht geschafft, den Menschen unsere Alternativen, zum Beispiel beim Thema Heizen, präziser aufzuzeigen. Wir müssen klarer darlegen, wohin wir wollen.“

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Auch für die Union stehe nicht zur Debatte, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein wolle, sagte Günther. „Das heißt, dass natürlich auch der Wärmebereich emissionsfrei werden muss.“ Der Weg der Union wäre nur ein anderer, erklärte er. „Das sollten wir bei aller Kritik an den erheblichen handwerklichen und kommunikativen Unzulänglichkeiten der Ampel-Koalition klar aussprechen.“

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Er halte es nicht für sinnvoll, wenn sich Regierung und Opposition beim Thema AfD gegenseitig Vorwürfe machten. „Beiden gelingt es zurzeit nicht, die Umfragewerte der AfD auf einem niedrigeren Niveau zu halten“, stellte Günther fest. Kritisch äußerte er sich zur Regierungsarbeit der FDP auf Bundesebene. „Was nicht funktioniert: in Berlin die regierungsinterne Opposition zu geben. Am Ende schadet das nur der gesamten Regierung“, sagte der CDU-Politiker.

Ostbeauftragter glaubt nicht an AfD-Wahlsiege 2024 im Osten

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), sieht die Stärke der AfD „als größte Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung Ostdeutschlands und den gesellschaftlichen Zusammenhalt“. Allerdings glaubt der SPD-Politiker nicht, dass die AfD bei den anstehenden Landtagswahlen im Osten im kommenden Jahr zur stärksten Partei wird, wie er im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks sagte. Denn „niemand traut der AfD zu, Probleme zu lösen“, begründete der Thüringer SPD-Bundestagsabgeordnete die Annahme. Die Rechts-Außen-Partei sei jedoch bereits 2018 so stark gewesen wie jetzt, dies sei kein neues Phänomen.

Es müssten jene Wähler gestärkt werden, die die AfD nicht wählen - das seien immerhin drei Viertel der Wählerinnen und Wähler. Zugleich müssten in den ostdeutschen Landtagen alle Parteien jenseits der AfD miteinander koalitionsfähig sein. 2024 werden in Brandenburg, Sachsen und Thüringen neue Landtage gewählt. Hinzu kommen zahlreiche Kommunalwahlen im Osten.

Menschenrechtsinstitut hält AfD-Verbot für möglich

Ein AfD-Sprecher erklärte, ein Verbotsverfahren wäre „chancenlos“.

Für die Abwendung vieler Ostdeutscher von der Politik sind aus Sicht von Schneider nicht die Konflikte in der Ampel-Koalition ausschlaggebend. Dafür gebe es tieferliegende Gründe. Schneider zählte dazu auch die fehlende Teilhabe von Ostdeutschen in Spitzen-Jobs von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Bei vielen Ostdeutschen sehe er „eine gefühlte Fremdbestimmung“. Das zeige sich beispielsweise auch im geringeren Lohnniveau und dem aus seiner Sicht zu geringen Selbstbewusstsein, Arbeitskämpfe zu führen.

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Volksaufstand in der DDR vor 70 Jahren

Schneider kündigte ferner an, die Erinnerung an den Volksaufstand in der DDR vor 70 Jahren stärker ins Bewusstsein bringen zu wollen. Der Tag sei zwar im Westen früher Feiertag gewesen, aber im Osten habe es wenig Erinnerung daran gegeben, bis heute: „Das hängt auch damit zusammen, dass die Arbeiter arbeiten und ihre Geschichten nicht erzählt haben, wie es notwendig wäre.“ Der 17. Juni sei jedoch einer der „stolzesten Momente der deutschen Geschichte“ gewesen.

Am 17. Juni 1953 hatten an rund 700 Orten der damals erst knapp vier Jahre alten DDR bis zu eine Million Menschen demonstriert - gegen neue Arbeitsnormen, aber auch gegen die Sozialistische Einheitspartei SED, für freie Wahlen und mehr Wohlstand. Binnen Stunden wurde der Ausnahmezustand verhängt. Sowjetische Panzer und die Volkspolizei rückten aus. Am Ende waren 55 Menschen tot. Mehr als 10.000 wurden verhaftet, 1500 zu Gefängnis verurteilt.

RND/dpa

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