Das Coronavirus, die EU und die Forderung nach Grenzschließungen
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Der Grenzübergang nach Italien am Brennerpass. (Symbolfoto)
© Quelle: imago images/Frank Sorge
Brüssel. Im Schatten der Coronavirus-Krise arbeiten sich Europas Rechtspopulisten an ihren Lieblingsthemen ab – EU und offene Grenzen. In Deutschland wie in Frankreich fordern sie wegen der Ausbreitung des Virus die Schließung der Grenzen. Doch dafür ist die EU gar nicht zuständig.
Alice Weidel, Fraktionschefin der AfD im Bundestag, ließ vor zwei Tagen auf Twitter vernehmen: “Es wäre mehr als fahrlässig, wenn wegen einseitiger Fixierung auf das Dogma der offenen Grenzen notwendige Maßnahmen zur Eindämmung des Virus nicht oder zu spät getroffen würden.” Diese Botschaft unterstrich Weidel mit der Feststellung: “Trotz Pandemie-Gefahr durch Covid-19: EU stellt offene Grenzen über Schutz der Bürger!”
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EU: Kontrollen sind Sache der Mitgliedsstaaten
Ähnliches war von Marine Le Pen zu hören, der Chefin des rechtsextremen Rassemblement National in Frankreich. Die EU habe noch “kein Wort” zum Ausbruch des Virus gesagt, erklärte Le Pen am Mittwoch im französischen Radiosender France Inter.
Die EU habe nur jene verdammt, die sich für Kontrolle an den Grenzen ausgesprochen hätten. Das beweise “die Kraft der Ideologie, gewissermaßen die Religion der Grenzenlosigkeit” der EU-Führungspersonen. Ob sie damit die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedsstaaten, die EU-Kommission oder andere Institutionen meinte, sagte Le Pen nicht.
Gegen diese Behauptung steht allerdings die Tatsache, dass die in Brüssel ansässige EU-Kommission seit Tagen über den Stand des Coronavirus-Ausbruchs informiert. Bereits Ende Januar wurde der sogenannte Zivilschutzmechanismus der EU aktiviert. 232 Millionen Euro wurden bereitgestellt, um damit unter anderem die Heimflüge für EU-Bürger aus China zu finanzieren.
Für Fragen rund um die Kontrolle von Grenzen sind die Nationalstaaten zuständig, nicht die EU-Behörde. Das aber insinuiert Weidel mit ihrem Tweet. Die Staaten, so sagte es am Donnerstag eine Sprecherin der Kommission, hätten bislang “nicht signalisiert, dass sie die Absicht haben, Grenzen zu schließen”. Hintergrund für diese Zurückhaltung ist offenbar die schlichte Erkenntnis, dass sich ein Virus von einer Grenze nicht aufhalten lässt.
Auch Gesundheit ist nationale Angelegenheit
Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte nach einem Treffen mit EU-Ressortkollegen in Rom erklärt: “Wir sind gemeinsam der Meinung, dass zu diesem Zeitpunkt Reisebeschränkungen oder gar das Schließen von Grenzen keine angemessene, verhältnismäßige Maßnahme wäre.”
Auch die Reaktion der Gesundheitsbehörden auf den Virus-Ausbruch ist nationale Angelegenheit. Die EU-Kommission hat jedoch die Mitgliedsstaaten aufgerufen, ihre teilweise sehr unterschiedlichen Notfallpläne zu koordinieren.