„Das Sicherheitsgefühl ist verbunden mit dem Recht auf Waffen“
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„Jeder meint, mit seiner Waffe verantwortungsvoll umzugehen“: CDU-Politiker Jürgen Hardt.
© Quelle: dpa
Berlin. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt ist Koordinator der Bundesregierung für die transatlantische Zusammenarbeit. Bei seinen zahlreichen Reisen in die USA hat sich Hardt einen Eindruck verschaffen können vom besonderen Verhältnis der Amerikaner zum privaten Waffenbesitz.
Sie kennen die USA sehr gut, was meinen sie: Verändert dieses Attentat das Land?
Dieses Massaker markiert eine Zäsur, die Diskussionen über den Waffengebrauch in den USA auslöst. Ich glaube aber nicht, dass diese Diskussion anders als frühere zu einer Änderung der Waffengesetze in den USA führt. Das subjektive Sicherheitsgefühl vieler Amerikaner ist stark verbunden mit dem Recht auf Waffenbesitz – obwohl dies in krassem Widerspruch steht zur objektiven Sicherheit. Jeder meint, mit seiner Waffe verantwortungsvoll umzugehen. Aber es gibt nun mal in jeder Gesellschaft geistig verwirrte Menschen.
Könnte Washington die Waffengesetze verschärfen?
Wenn die US-Regierung restriktive Waffengesetze einführen und durchsetzen wollte, würde sie auf immense Widerstände stoßen. Zahllose Amerikaner würden sich unter Berufung auf ihre Verfassung einer Anordnung zur Abgabe ihrer Waffen widersetzen. Das würde ein enormes Konflikt- und Gewaltpotenzial hervorbringen. Wenn überhaupt, kann eine US-Regierung nur in kleinen Schritten die Waffengesetze verschärfen. Ein Komplettverbot würde die Kräfte jeder Regierung überfordern.
Sprechen Sie mit Ihren US-Kollegen über dieses Thema?
Oft fragen mich US-Politiker, ob man denn in Europa noch sicher sei angesichts der Terroranschläge. Ich weise sie darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit, in den USA Opfer eines schweren Gewaltverbrechens zu werden, rund zehnmal höher ist als in Deutschland. Die sichersten Wochen, die ein Amerikaner verbringen kann, sind Urlaubswochen in Deutschland und Mitteleuropa. In Deutschland wäre ein Anschlag wie jetzt in Las Vegas nahezu unmöglich; weil es nahezu unmöglich ist, sich Waffen und Munition in dieser Menge zu besorgen.
US-Präsident Trump spricht von einem „Akt des Bösen“. Ist das hilfreich?
Es ist gewiss eine statthafte erste Reaktion. Aber diese Rhetorik kann keine verantwortungsbewusste Politik ersetzen. Es ist die Pflicht eines jeden verantwortungsbewussten Politikers - auch des US-Präsidenten -, über den Zusammenhang von der uneingeschränkten Möglichkeit zum Waffenbesitz und solchen Gewalttaten nachzudenken.
Verändert dieses Attentat den amerikanischen Blick auf die Gefahr islamistischen Terrors?
Wir in Europa haben ja auch die Erfahrung gemacht, dass nicht alles Schlimme, was im Land passiert, immer nur von außen kommt. Viele islamistische Attentäter sind unter uns aufgewachsen. Das Massaker von Las Vegas schärft den Blick dafür, dass die größten Bedrohungen für die innere Sicherheit im Inneren liegen. Hier muss Politik ansetzen: mit Bildung, Sozialpolitik und rechtsstaatlichen Instrumenten für Schutz und Ordnung.
Von Marina Kormbaki/RND