Debatte um Polizeigewalt: SPD, Grüne und Linke fordern Beschwerdestelle
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Ein Polizeifahrzeug der Bundespolizei steht vor dem Hauptbahnhof in Jena.
© Quelle: Martin Schutt/ZB/dpa
Berlin. Vor dem Hintergrund der Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA fordern SPD, Grüne und Linke auch in Deutschland strukturelle Reformen. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sprach sich für eine unabhängige Aufarbeitung von Gewalt und Rassismus bei der Polizei aus. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, der polizeiliche Korpsgeist spiele eine größere Rolle als die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern, sagte Esken den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Montag. “Deshalb muss eine unabhängige Stelle mit der Bearbeitung solcher Beschwerden betraut werden”, sagte Esken.
Auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin sprach sich für unabhängige Beobachtungsstellen aus. "Wir haben auch in Deutschland ein Problem", sagte er. Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic sagte den Funke-Zeitungen (online), ihre Fraktion habe bereits einen Gesetzentwurf für einen unabhängigen Polizeibeauftragten in den Bundestag eingebracht. Sie forderte nun Zustimmung von der SPD: "Den Worten der SPD-Vorsitzenden müssen jetzt Taten folgen", sagte Mihalic.
Rassismusvorwürfe sind laut Bundespolizei “Einzelfälle”
Forderungen nach einer unabhängigen Beschwerdestelle für Hinweise über mutmaßliches Fehlverhalten von Polizisten gab es in der Vergangenheit wiederholt. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums äußerte sich am Montag "eher skeptisch, was eine zentrale Stelle dieser Art angeht". Er verwies auf die föderale Struktur der Polizei.
Bei der Bundespolizei, die dem Bundesinnenministerium untersteht, gibt es nach seinen Angaben eine externe Beschwerdestelle, bei der sich Betroffene melden können, sowie eine Vertrauensstelle, bei der Beamte selbst auch anonym Hinweise auf Fehlverhalten geben können. Der Sprecher sagte, Rassismusvorwürfe bei der Bundespolizei seien "Einzelfälle". In den vergangenen acht Jahren habe es 25 Verdachtsfälle gegeben.
Gewerkschaft weist Generalverdacht zurück
Die Gewerkschaft der Polizei wies einen Generalverdacht gegen deutsche Beamte zurück. Es gebe keinen Anlass, "einen Zusammenhang mit der deutschen Polizei zu konstruieren", erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende Dietmar Schilff. Bei Rassismus gebe es eine klare Haltung. "Da müssen Konsequenzen erfolgen, und das ist auch schon geschehen", sagte Schilff: "Der Polizei und ihren Beschäftigten aber eine solche Grundhaltung vorzuhalten, ist abwegig und trägt populistische Züge."
Bartsch fordert mehr Anerkennung
Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, hat unterdessen mehr Anerkennung für die Arbeit der Polizei gefordert. „Die Polizei unter den Generalverdacht des Rassismus zu stellen und damit eine ganze Berufsgruppe in Misskredit zu bringen, ist falsch“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Eine Analogie zu den Zuständen in den USA herzustellen, ist so nicht gerechtfertigt. Die Polizei verdient nicht weniger, sondern mehr gesellschaftliche Anerkennung und mehr Personal, vor allem in der Fläche.“
Beschwerdestellen wie von Esken gefordert, „sollte es dringend geben“, fügte Bartsch hinzu, „Antirassismus muss in der Ausbildung der Polizei ein wichtiges Element sein. Antirassismus ist für unsere gesamte Gesellschaft Aufgabe und Verpflichtung". Aber „der Polizei hierzulande Ähnliches wie in den USA zu unterstellen, geht an der Realität vorbei“.
RND/epd/mdc