Deutscher Besuch im brasilianischen Knast

„Ich vertraue ihm“: Martin Schulz (oben) hält die Vorwürfe gegen Ex-Präsident Lula da Silva für ungerechtfertigt.

„Ich vertraue ihm“: Martin Schulz (oben) hält die Vorwürfe gegen Ex-Präsident Lula da Silva für ungerechtfertigt.

Curitiba. Ende August brach der frühere SPD-Vorsitzende, Kanzlerkandidat und Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, zu einem ungewöhnlichen Freundschaftsbesuch auf. Er führte ihn nach Curitiba, in den Süden Brasiliens, in den vierten Stock des örtlichen Gefängnisses.

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Dort, in einer 15-Quadratmeter-Zelle, immerhin ohne Gitter vor dem Fenster, sitzt seit einem halben Jahr der frühere Präsident Brasiliens, der 72-jährige Luiz Inácio Lula da Silva, wegen umstrittener Korruptionsvorwürfe in Haft. Der SPD-Mann Schulz ist gekommen, um dem Mann von der brasilianischen Arbeiterpartei PT öffentlich beizustehen. Er bezeichnet Lula als Freund und sagt: „Keine Macht der Welt kann mich daran hindern, einen Mann zu besuchen, dem ich vertraue und glaube.“ Lula erwidert, er zähle „auf die Solidarität des deutschen Volkes“. Doch es sieht so aus, als habe diese Solidarität nichts bewirkt.

Ungewöhnlich hartes Urteil

Die Verurteilung des populären Ex-Präsidenten zu zwölf Jahren Haft ist der Schlüsselmoment zum Ausgang dieser Präsidentschaftswahl. Lange hat Lula seine Kandidatur sogar aus dem Gefängnis heraus aufrechterhalten. Noch Anfang September lag er als inhaftierter Anwärter in den Umfragen bei 40 Prozent der Stimmen – und damit weit vor seinem rechtspopulistischen Gegenspieler Jair Bolsonaro.

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Vor drei Wochen jedoch zog Lula seine Kandidatur zurück – nachdem ihn das oberste Wahlgericht für die Wahl gesperrt hatte. Als Ersatz sprang Fernando Haddad ein, der frühere Bürgermeister von São Paulo, der jedoch weit weniger beliebt ist als Lula – und jetzt deutlich hinter Bolsonaro liegt.

Lula sieht sich als Opfer einer politischen Justiz. In dem Prozess ging es um ein Apartment am Atlantik, das ein Baukonzern für eine Million Dollar modernisierte, angeblich zum Dank für Auftragsvergaben. Lula bestreitet jedoch, dass es ihm gehört, zudem gilt das Urteil als ungewöhnlich hart. Andererseits entstand in seiner Amtszeit, von 2003 bis 2010, unbestritten ein weites Netzwerk der Korruption im Land. Mit seinem Besuch wollte Schulz den Druck erhöhen, Lula zur Wahl zuzulassen – geholfen hat es seinem Freund offenbar nicht.

Von RND

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