Deutschland übernimmt Vorsitz im UN-Sicherheitrat – Maas warnt vor „neuer Barbarei“

„Trend zur völligen Entgrenzung militärischer Konflikte“: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) vor seinem Abflug nach New York.

„Trend zur völligen Entgrenzung militärischer Konflikte“: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) vor seinem Abflug nach New York.

New York/Berlin. Auf diesen Tag haben die Diplomaten des Auswärtigen Amtes lange hingearbeitet. Deutschland hat am Montag die Leitung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen übernommen – des mächtigsten Gremiums bei den UN.

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Außenminister Heiko Maas traf am Montag in New York ein, um den einmonatigen Vorsitz offiziell anzutreten. „Wir sind uns der Verantwortung bewusst, die wir mit dem Vorsitz übernehmen“, sagte der SPD-Politiker.

Maas war erst kürzlich in New York. Ende vergangener Woche wohnte er der letzten von seinem Vorgänger geleiteten Sitzung im Sicherheitsrat bei, Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian. Mit der demonstrativen Staffelübergabe wollte Maas nach eigenen Worten unterstreichen, „wie eng Frankreich und Deutschland zusammenarbeiten“.

Frankreich und Deutschland demonstrieren Nähe

Berlin und Paris möchten ihre aufeinanderfolgenden Leitungsperioden als gemeinsamen "Doppelvorsitz" für zwei Monate verstanden wissen. Deutschland gehört seit Januar für zwei Jahre als nicht-ständiges Mitglied dem Sicherheitsrat an. Frankreich zählt neben den USA, Russland, China und Großbritannien zu den fünf ständigen Mitgliedern mit Vetorecht.

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Akute Krisenbewältigung und Friedenssicherung sind die Kernaufgaben des UN-Sicherheitsrats. Die Bundesregierung kann während ihres einmonatigen Vorsitzes maßgeblichen Einfluss auf die Tagesordnung nehmen – und will dies auch tun, um eigene Akzente zu setzen. Im Fokus der Deutschen liegt dabei auf langfristiger Konfliktprävention – also auf der Frage, was zu tun ist, damit Konflikte gar nicht erst eskalieren.

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„Wir werden während unseres Vorsitzes die Rolle humanitärer Helfer in den Fokus nehmen“, kündigte Maas am Montag an. „Krankenhäuser, Ärzte und Helfer werden immer häufiger zur Zielscheibe, der Zugang zu Lebensmitteln und medizinischer Versorgung als Mittel der Kriegsführung gegen die Zivilbevölkerung missbraucht“, beklagte der Bundesaußenminister. Maas sprach von einem „Trend zur völligen Entgrenzung militärischer Konflikte“, der gestoppt werden müsse. „Sonst droht ein Abgleiten in eine neue Barbarei“, warnte er.

Humanitäre Hilfe, Abrüstung und Schutz von Frauen

Zudem will das Auswärtige Amt das Thema Abrüstung prominent auf die Tagesordnung setzen. Nach dem Ausstieg der USA und Russlands aus dem INF-Atomwaffenvertrag mühte sich Maas in einer Art Pendeldiplomatie zwischen Moskau und Washington um die Rettung oder gar Ausweitung des Vertrags zum Verbot atomar bestückbarer Mittelstreckenraketen auf neue Atommächte – vergebens. Ein weiteres Thema auf der deutschen UN-Agenda ist die Verbesserung des Schutzes von Frauen in bewaffneten Konflikten und ihrer Rolle bei der Konfliktlösung.

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Oppositionspolitiker von FDP, Linkspartei und Grünen setzen große Erwartungen in Maas. „Der UN-Sicherheitsrat ist in seiner jetzigen Form nicht mehr zeitgemäß. Es muss dringend eine Reform des UN-Sicherheitsrates eingeleitet werden, die sich an die veränderte Weltpolitik anpasst. Deutschland als viertgrößter Beitragszahler sollte eine stärkere Rolle bekommen - dafür muss sich Außenminister Heiko Maas einsetzen", sagte der außenpolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Bijan Djir-Sarai, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

FDP, Grüne und Linke setzen große Erwartungen in Maas

Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour bezeichnete die Zielsetzungen von Maas als „durchaus ambitioniert“. „Nur hat sich der Minister in den letzten Monaten leider nicht dafür eingesetzt, diese Ziele mit einem Unterbau auch angehen zu können“, beklagte Nouripour. Dafür sei der Haushalt des Auswärtigen Amtes zu klein. „Wer pfeifen können will, sollte nicht nur die Lippen spitzen, sondern auch ausreichend Luft in den Lungen haben“, sagte Nouripour über Maas.

Die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen forderte: "Außenminister Maas sollte den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat nutzen, um die Initiative zu ergreifen, die gefährliche Erosion des Völkerrechts und die Aufkündigung völkerrechtlicher Abrüstungsverträge, die in letzter Zeit insbesondere durch die abenteuerliche Politik von US-Präsident Donald Trump befördert wurde, zu stoppen."

Von Marina Kormbaki/RND

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