Die Batterien bei Seehofer und Schulz sind leer
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/YH2BDHZN5FYOF7AL7AXK4PKV7Q.jpg)
Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz haben trotz Krankheit bis zur Erschöpfung verhandelt.
© Quelle: imago/
Berlin. Horst Seehofer, an Herausforderer Markus Söder gescheiterter und in die Jahre gekommener CSU-Chef (68), will gern mit der Zeit gehen. So ist er stolz auf das Aktivitätsarmband an seinem Handgelenk. Schritte, Puls, Schlafaktivität lassen sich damit messen. Und mit einem Vibrationsalarm kann man sich sogar, unbemerkt von anderen, wecken lassen. Das ist praktisch, beispielsweise für den Fall des Einnickens im laufenden Kabinettsbetrieb oder bei stundenlangen Verhandlungen. Alexander Dobrindt, CSU-Hausherr im Bundestag, freut sich mindestens so sehr über sein schwarzes Smartarmband. Er schwört schon deshalb darauf, weil er als viel beschäftigter Politiker nun akribisch kontrollieren kann, ob ihm trotz alledem noch genügend Tiefschlafphasen zur Regeneration bleiben. „Optimierung des Schlafens“ nennt der moderne Dobrindt das. Bei den jüngsten Koalitionsverhandlungen mit der SPD über eine Neuauflage der GroKo hat sich aber gezeigt, dass man mit den hippen Instrumenten zur Daseinsgestaltung auch souverän umgehen können muss. Dobrindt kontrollierte in den GroKo-Streitrunden regelmäßig seinen Puls, um so zu verhindern, dass er im falschen Moment, also „bei 180“, verbal über sein SPD-Feindbild Ralf Stegner herzog. Denn Dobrindt hat sich gewichtige Seriosität nach seiner Maut-Ära verordnet. Seehofer wollte sich in den ganz kritischen GroKo-Verhandlungsrunden daran ein Beispiel nehmen, testete seinen Puls und musste prompt feststellen, dass die Batterie schon lange alle war. Also wählte er die klassische Beruhigungsvariante und schälte altmodisch eine Mandarine.
Lauterbach – der großkoalitionäre Medizinmann
Der SPD-Mann für die Gesundheit ist Karl Lauterbach. Als Arzt kann er sogar noch im laufenden Politikbetrieb Rezepte ausstellen. Damit punktete der direkt gewählte Sozialdemokrat auch bei den GroKo-Gesprächen, als man reihenweise grippal gehandicapt war. Selbst Unions-Politikern half der Sozi mit den Rezepten aus der Patsche. Vielleicht engagiert sich der Medizinmann gerade auch deswegen ganz besonders für das neuerliche Zustandekommen eines alten Regierungsmodells. Immerhin räumt Lauterbach ein, dass man „einen Plan B immer im Kopf haben aber nie darüber reden sollte“.
Martin Schulz hat sich krankgemeldet
Zwei Drittel der Bundesbürger gehen schon mal zur Arbeit, obwohl sie richtig krank sind. so der Befund einer aktuellen DGB-Studie. Bei der SPD hat man das zuletzt insbesondere dem einstigen Wundermann Martin Schulz angesehen: Sein Schüttelfrost ging mit der Talfahrt der Zustimmungswerte für ihn und die Partei einher. Dabei hat der Europäer Schulz seine Rente schon längst durch. Nun hat er sich offiziell krank gemeldet. Ob er danach wieder zurück nach Berlin kommt, dann auf die Hinterbänke, ist für manche SPD-Parlamentskollegen fraglich. Sie wollen ihm in diesen Tagen gut zureden, politisch weiterzumachen – als was auch immer.
Von Dieter Wonka