Die Deutschen fühlen sich weniger frei

Ein Paar geht vor dem Reichstagsgebäude an einer großen Regenpfütze an einem Absperrzaun entlang (Archivbild).

Ein Paar geht vor dem Reichstagsgebäude an einer großen Regenpfütze an einem Absperrzaun entlang (Archivbild).

Berlin. Das Gefühl, frei zu sein, ist in Deutschland deutlich auf dem Rückzug. Nur 36 Prozent empfinden ihr Leben als sehr frei, 2017 waren es noch 51 Prozent. Das hat eine Studie des Instituts Media Tenor in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach ergeben, die dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND) exklusiv vorliegt.

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Im Detail: Die gut 1000 Befragten sollten auf einer Skala von eins bis zehn die Frage beantworten: „Wie empfinden Sie Ihr gegenwärtiges Leben, fühlen Sie sich frei oder unfrei?“ Nur 36 Prozent gaben mit den Höchstwerten zehn, neun oder acht an, sehr frei zu sein.

Ältere empfinden mehr Freiheit

Im Osten (sehr frei: 31,2 Prozent) ist das Gefühl von Freiheit noch geringer als im Westen (37,1 Prozent). Bei Männern (sehr frei: 36,3 Prozent) und Frauen (35,7 Prozent) gibt es keine großen Unterschiede. Ältere empfinden mehr Freiheit als Jüngere. Besonders niedrig sind die Freiheitswerte in der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen (sehr frei: 30 Prozent).

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„Die Art und Weise, mit der die Deutschen ihre Führung in Bund und Ländern im Umgang mit Covid-19 erleben, trägt wohl auch das ihre dazu bei, dass der Verlust der Freiheit mehr als nur ein Gefühl ist, dem in Umfragen Ausdruck verliehen wird“, schreiben die Autoren, Thomas Petersen und Roland Schatz.

Die Autoren sehen aber eine längere Entwicklung für den Verlust des Gefühls, frei zu sein, und verweisen auch auf Abwanderung deutscher Staatsbürgerinnen und ‑bürger in andere Länder. Sie betonen zudem, dass der Anteil der Menschen in der Bevölkerung gesunken sei, der sagt, man könne seine politische Meinung frei äußern. In einer bereits im Juni veröffentlichten Umfrage sank er von 63 Prozent im Jahr 2017 auf 45 Prozent im Sommer 2021.

Der Studie liegen neben der aktuellen Befragung repräsentative Daten aus 30 Jahren Allensbach-Umfragen zugrunde, in denen immer wieder das Freiheitsgefühl thematisiert wurde.

Bewusstsein steigt, etwas politisch bewegen zu können

Während das Gefühl, frei zu sein, drastisch abgenommen hat, ist das Bewusstsein gestiegen, selbst etwas politisch bewegen zu können. „Der Staat, das sind wir alle, es liegt an uns Bürgern, wie sich Deutschland entwickelt.“ Dieser Aussage stimmen heute 47 Prozent zu. Im Jahr 2012 waren es nur 37 Prozent. „Die bequeme Haltung ‚die da oben‘ täten ohnehin, was sie wollten, und man selbst könne daran nichts machen, ist auf dem Rückzug“, resümieren die Autoren.

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In der Einstellung gegenüber dem Staat gibt es allerdings erhebliche Unterschiede zwischen Ost und West. So stimmen 50 Prozent der Westdeutschen der These zu, dass „wir alle“ der Staat seien, aber nur 32 Prozent der Ostdeutschen. Die Studien­autoren finden das nicht überraschend. Der Unterschied sei kein Ausdruck eines fundamentalen Demokratie­defizits im Osten, sondern er zeige die verschiedenen Phasen der Entwicklung der Demokratie in West und Ost.

„Die Antworten der ostdeutschen Bevölkerung zu Fragen der Demokratie­verankerung ähneln oft stark den Antworten aus den Siebzigerjahren im Westen.“ Die Verinnerlichung demokratischer Grundprinzipien sei ein Prozess, der sich über Generationen hinziehe, in West wie in Ost.

Schulbildung beeinflusst Einstellung zum Staat

Auch die Schulbildung spielt in der Einstellung zum Staat eine Rolle. Unter Abiturienten und Studierten sind 52 Prozent der Ansicht, dass es an den Bürgerinnen und Bürgern liegt, wie sich Deutschland entwickelt.

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Gewachsen ist die Einstellung, dass sich Bürgerinnen und Bürger engagieren sollten. So meinen 74 Prozent, dass man sich in schwierigen Zeiten nicht nur um die eigene Situation kümmern sollte. Da sei es besonders nötig, sich auch für die Gesellschaft zu engagieren. 2012 sahen dies nur 62 Prozent so.

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