Die fünfte Niederlage bei einer Landtagswahl – und wie die FDP damit umgeht
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Ratlose FDP? Christian Lindner (l), Bundesvorsitzender, und Sebastian Czaja, Spitzenkandidat der FDP Berlin sprechen nach der Berliner Wahl auf einer Pressekonferenz zum Ergebnis der Wiederholungswahl.
© Quelle: picture alliance/dpa
Berlin. Nach dieser Niederlage ist Christian Lindner erst mal nach Brüssel gefahren. Keine Flucht, sondern eine Ministerpflicht: Die EU‑Finanzminister berieten über Schuldenpolitik und den Ukraine-Krieg. Die Berliner FDP und ihr Ausscheiden aus dem Abgeordnetenhaus, die fünfte FDP-Niederlage bei einer Landtagswahl in Folge, rückt da schnell in den Hintergrund. Vor der Kulisse der Fahnen der Mitgliedsländer konnte Lindner sogar Zufriedenheit verbreiten: Die Wirtschaft in Europa habe sich in den schwierigen vergangenen Monaten als resilient erwiesen, sagte er. Man sei auch durch die Politik der Bundesregierung „von ernsthaften Strukturbrüchen verschont“ geblieben.
Das ist Regel Nummer eins des FDP-Chefs: Herausstellen, dass Deutschland gut regiert wird. Auf diese Weise soll der Abwärtstrend bei den Landtagswahlen aufgehalten werden. Außerdem will Lindner Projekte seiner Partei wie Entbürokratisierung, Digitalisierung und Steuererleichterungen vorantreiben. Das Label für die FDP hat der Parteichef auch parat: In der Ampel sei man „Garant für die Politik der Mitte“. Lindner will das so verstanden wissen: Ohne FDP gebe es Verbote, bürokratische Fesseln und Steuererhöhungen.
Lindner: „Hektik und Krawall sind nicht unsere Sache“
Und damit es nicht heißt, dass es mit der FDP vor allem Streit gibt, hat Lindner via Twitter auch noch die Losung ausgegeben: „Hektik und Krawall sind nicht unsere Sache.“ Der Vizeparteichef Wolfgang Kubicki kann sich da wohl angesprochen fühlen – er hatte nach der Berlin-Wahl eine härtere Gangart seiner Partei in der Koalition angekündigt und Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) empfohlen, dieser könne sich „gehackt legen“, wenn er den FDP-Wünschen nicht folge. Auch Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann mag Lindner im Sinn gehabt haben.
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In der Vorstandssitzung nach der Wahl war Teilnehmern zufolge deren Auftritt beim Aachener Karneval, in dem sie CDU-Chef Friedrich Merz unter anderem als „Flugzwerg“ bezeichnet hatte, als möglicher Beitrag zum schlechten Abschneiden in Berlin thematisiert worden. Es sei ein Punkt unter vielen gewesen, hieß es. Lindner betonte, er gebe seiner Kollegin nicht die Schuld an der Niederlage. „Ich neige nicht zu lächerlich monokausalen Erklärungen.“ Sein Humor seien ihre Äußerungen allerdings nicht gewesen.
Köhler sieht Chancen für die FDP in Bayern
FDP-Landesverbände, die in den kommenden Monaten im Wahlkampf stehen, plädieren ebenfalls für sorgsame Wortwahl. „Auf Bundesebene müssen wir darauf achten, den Fortschrittsgedanken deutlicher zu machen“, sagte der bayerische FDP-Generalsekretär und Vizechef der FDP-Fraktion im Bundestag, Lukas Köhler dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Regieren ist keine Last für uns. Im Gegenteil, es geht um das Ringen um die beste Lösung. Das müssen wir jetzt in den Vordergrund rücken. Dabei darf es nicht um die anderen gehen, sondern darum, was wir erreichen wollen und können. Das ist eine Riesenchance.“
In Bayern wird im Oktober gewählt – Köhler sieht durchaus Chancen für die FDP. „Die Situation in Bayern ist anders als in Berlin, Niedersachsen und anderswo. Es gibt bei uns keine Duellsituation um die stärkste Kraft – und damit mehr Aufmerksamkeit für die FDP. Außerdem stehen andere Themen im Vordergrund, wie etwa die Energieversorgung. Da kann ein moderner Spitzenkandidat wie Martin Hagen gut punkten.“
FDP-Vorstandsmitglied Otto Fricke empfiehlt als Erfolgsrezept: „Man muss erkennen, wofür man die FDP braucht.“ Die Wähler müssten darauf vertrauen, dass ein Kompromiss in einer Koalition durch Mitwirkung der Liberalen tragbar werde. „Die Frage ist, ob wir das Korrektiv sind, das bewegt, oder das Korrektiv, das verhindert. Die Antwort ist die Mitte“, sagte Fricke dem RND. Allzu zimperlich könne man dabei allerdings nicht sein, findet der Haushaltsexperte. „Wir müssen unsere Kompetenzen laut verkaufen und uns hart verteidigen, wenn wir angegriffen werden.“
Noch vor Bayern stehen im Mai Wahlen in Bremen an. Traditionell ist die FDP dort nicht besonders stark.