Umgang mit der AfD

Die Orientierungslosigkeit der CDU

CDU-Chef Friedrich Merz will die AfD kleinkriegen. Doch in der Partei herrschen unterschiedliche Vorstellungen, wie das gelingen kann.

CDU-Chef Friedrich Merz will die AfD kleinkriegen. Doch in der Partei herrschen unterschiedliche Vorstellungen, wie das gelingen kann.

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Berlin. Wer lange in der Politik aktiv ist, den begleiten früher getroffene Aussagen auf Jahrzehnte. Bei Friedrich Merz ist es neben der Steuererklärung-Bierdeckel-Forderung unter anderem folgender: „Kurzfristig kriegt man die AfD wahrscheinlich nicht wieder weg. Aber halbieren kann man sie.“ Das versprach Merz Ende 2018, als er sich für den CDU-Vorsitz bewarb und zunächst scheiterte.

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Fast fünf Jahre später ist Merz das, was er immer sein wollte: CDU-Chef. Sein Versprechen aber konnte er bisher nicht einlösen. Die AfD erreicht Rekordwerte und ist in Meinungsumfragen mit der SPD bei 18 Prozent gleichgezogen, während die CDU an erster Stelle mit 29 Prozent liegt.

Auch die Union sollte selbstkritisch sein

Es ist kein Zufall, dass Merz diesen Satz seither nicht mehr wiederholt hat. Der Parteivorsitzende verzichtet mittlerweile darauf, solche konkreten Ziele zu nennen, wenn es um die AfD geht. Stattdessen verspricht er in seiner neuesten Newsletter-Ausgabe angesichts des AfD-Umfragehochs: „Die Union wird die politische Kultur unseres Landes wieder vom Kopf auf die Füße stellen.“ Merz zeigt sich überzeugt: Der Hauptgrund für die AfD-Rekordwerte liegt im Ampelstreit. Darauf deuten ebenfalls Meinungsumfragen hin, die eine große Enttäuschung mit der Bundesregierung belegen.

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Doch in der CDU wird auch davor gewarnt, die eigene Rolle außer Acht zu lassen. „Auch die Union sollte sich selbstkritisch fragen, warum wir praktisch nicht profitieren von so einer großen Unzufriedenheit mit der Regierung“, betonte etwa der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen auf Twitter.

Die AfD sitzt der CDU im Nacken

Dass der Ärger über die Ampel nicht mit der CDU nach Hause geht, ist besonders für die Ostverbände ein Problem. 2024 wählen Brandenburg, Sachsen und Thüringen einen neuen Landtag. Die AfD sitzt den Christdemokraten im Nacken, ist teilweise stärkste Kraft. Da wäre Rückenwind aus dem Bund hilfreich. Allerdings ist unklar, wie sich die CDU inhaltlich aufstellen will, um vom Ampelstreit zu profitieren und gleichzeitig die AfD kleinzukriegen.

So gibt es die, die meinen, man müsse die Themen der AfD besetzen und mitunter zugespitzt kommunizieren, um den Rechtsradikalen Einhalt zu gebieten. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) thematisiert immer wieder die Flüchtlingslage und stellt gar das Recht auf Asyl im Grundgesetz infrage. Die Migrationspolitik sorgt für Mobilisierung der AfD-Anhänger. Auch der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt betont auf RND-Anfrage: „Wir müssen die Themen anpacken, eine große Steuerreform zur Entlastung der Mittelschicht anstreben und das thematisieren, was die Menschen wirklich bewegt. Dazu gehört eine gesteuerte Migrationspolitik und der Kampf für eine progressive Provinz. 1000 Flüchtlinge und Migranten am Tag sind zu viel.“ Voigt hatte jüngst im Kontext der Wärmewende auch vor einer „Energie-Stasi“ gewarnt.

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Das beste Rezept gegen die Enttäuschung der Menschen sei ein überzeugendes Angebot

Dann gibt es die in der CDU, die davor warnen, zugespitzte Begriffe zu verwenden, weil dies die Angst in der Bevölkerung weiter antreiben könne. „Die zögerliche, in sich strittige Politik der Ampel und die fehlende Führung des Bundeskanzlers in herausfordernden Zeiten sorgen für viel Unsicherheit. Pflege, ärztliche Versorgung, Energiekosten, Inflation und vieles mehr beschäftigen die Menschen“, sagt die Bundestagsvizepräsidentin und CDU-Politikerin aus Sachsen, Yvonne Magwas, dem RND. „Als Union sind wir gut beraten, konstruktiv kritisch unserer Oppositionsaufgabe nachzukommen. Ohne schrille Töne, ohne populistisches Wording“, mahnt sie.

In Brandenburg, wo SPD, CDU und Grüne zusammen regieren, betonen Christdemokraten ebenfalls die Bedeutung von konstruktiven Vorschlägen. In Ostdeutschland sei die Ablehnung der Ampelpläne zur Energiewende besonders groß, sagt der CDU-Fraktionschef im Brandenburger Landtag, Jan Redmann. „Die CDU hat daher die Chance, mit klaren Positionen ihre Rolle in der Opposition noch stärker auszufüllen“, ergänzt er und appelliert: „Wir müssen deutlich machen, mit welchen marktwirtschaftlichen Konzepten unser Land die Energiewende erfolgreich meistern kann.“ Das beste Rezept gegen die Enttäuschung der Menschen sei ein überzeugendes Angebot. In Sachsen-Anhalt wolle man das von der Ampel verspielte Vertrauen durch bürgernahe Parlamentsarbeit sowie Diskussionsveranstaltungen im ganzen Bundesland zurückgewinnen, sagt der Fraktionsvorsitzende Guido Heuer.

ARCHIV - 16.05.2023, Hessen, Wiesbaden: Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU, gibt im hessischen Landtag im Anschluss an seinen Besuch der CDU-Fraktion im hessischen Landtag ein Pressestatement ab. (zu "Merz bleibt dabei: «keinerlei Zusammenarbeit» der Union mit der AfD") Foto: Arne Dedert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Merz hat gehörigen Anteil am Höhenflug der AfD

CDU-Chef Friedrich Merz betont, seine Partei werde nicht mit der AfD zusammenarbeiten. Das ist das Mindeste, kommentiert Daniela Vates. Die Union muss sich auch von ihren Ausflügen in den Populismus verabschieden.

Die populistischen Strategien des Friedrich Merz

Welche Strategie Merz verfolgt, ist unklar. Zwar betont er immer wieder eine klare Abgrenzung zur AfD und bekräftigt am Wochenende erneut, dass es keine Zusammenarbeit mit der rechtsradikalen Partei geben werde. Doch bedient er gleichwohl populistische Narrative, die man auch bei der AfD hört: So kritisiert er in seinem Newsletter eine „engstirnigen Meinungselite“. Außerdem schreibt der CDU-Chef, bei jeder gegenderten Nachrichtensendung gingen ein paar Hundert Stimmen mehr zur AfD. „Gegenderte Sprache und identitäre Ideologie werden von einer großen Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr nur im Stillen abgelehnt.“

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Merz hat eine eigene Erklärung, warum die Union nicht von der Ampelperformance profitiert. „Das Mantra der Ampel, sie müsse nun endlich mal aufräumen, was da 16 Jahre lang liegen geblieben ist, verfängt eben bei vielen Wählerinnen und Wählern“, erläutert der Parteichef. Die Tatsache, dass auch SPD und FDP an diesen Regierungen beteiligt gewesen seien, werde großzügig unterschlagen. Viele Medien würden die alleinige Verantwortung der Union für alle Versäumnisse der Vergangenheit als Stereotyp übernehmen, beklagt er.

Wie er das Problem lösen will, sagt er jedoch nicht konkret. Außer dass die CDU denen, die anpacken wollen, noch klarer und deutlicher eine Stimme geben werde. Unter anderem erklärt er weiter: „Das Erstarken der AfD nehmen wir nicht einfach hin. Wir stehen ein für unsere Überzeugungen mit Freude, Optimismus und der Bereitschaft, jederzeit allen die Stirn zu bieten, die aus Deutschland ein anderes Land machen wollen, sei es von ganz links oder ganz rechts.“

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