Mehr schlecht als recht: Digitalisierung kommt nur stockend in den Schulen an
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Beim Digitalpakt hakt es noch an vielen Stellen.
© Quelle: dpa
Berlin. Gelb und rot sind die vorherrschenden Farben, wenn es um die Digitalisierung in der Bildung geht. Grün, also gut, sieht es hauptsächlich im Süden Deutschlands aus – Bayern und Baden-Württemberg liegen auf den Plätzen zwei und drei beim kürzlich vorgestellten Bildungsmonitor, der erstmals auch die Digitalisierung in den Bundesländern analysiert. Auf dem ersten Platz liegt Bremen, Schlusslichter sind Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern.
Laut Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zeigt der Bildungsmonitor, dass Schulen in der Corona-Zeit digitaler und moderner geworden sind. „Das ist eine sehr gute Nachricht, denn die Digitalisierung in der Bildung kommt nur schleppend voran“, sagte sie der dpa.
Das zeigt auch der häufig kritisierte Digitalpakt Schule. Laut Stark-Watzinger seien die Bundesmittel mittlerweile zur Hälfte gebunden. Bis Ende des Jahres erwarte ihr Ministerium eine „deutliche Zunahme der Mittelbindungen“, vor allem für länderübergreifende Digitalprojekte, erklärte sie und bekannte sich auch zu einer zweiten Auflage des Programms.
Aber: Vom 2019 aufgelegten milliardenschweren Förderprogramm waren nach „Spiegel“-Recherchen bis Anfang 2022 nur 10 Prozent der vorgesehenen Gelder tatsächlich bei den Schulen angekommen. Aktuellere Zahlen zum Digitalpakt Schule gibt es derzeit nicht, zum 15. August haben die Länder ihre Daten an den Bund geschickt, aktuell werden diese Daten geprüft und wohl Mitte September veröffentlicht.
Zuletzt hatte auch der Bundesrechnungshof den Digitalpakt kritisiert und den Bund aufgefordert, ihn nicht zu verlängern. Das geht aus einem Prüfbericht hervor, über den das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ berichtete. Demnach bemängelt der Rechnungshof, dass der Bund für die IT-Ausstattung von Schulen 6,5 Milliarden Euro ausgebe, obwohl Bildung Hoheitsgebiet der Länder ist. Das Bundesbildungsministerium habe weder Kontroll- noch Steuerungsrechte über die Mittel des Bundes und die Verteilung über den Königsteiner Schlüssel berücksichtige nicht, dass einige Bundesländer bereits besser ausgestattet seien als andere.
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Wenn alle gleich klingen: Stimmblindheit „kann zu unangenehmen Situationen führen“
Menschen, die stimmblind sind, können nicht einmal enge Vertraute wie Freunde oder Familienmitglieder anhand ihrer Stimme erkennen. Viele wissen jedoch gar nicht, dass sie Phonagnosie haben. Eine Expertin spricht im RND-Interview über das kaum erforschte Phänomen.
Eine qualitative Studie der Universität Hildesheim und des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung analysierte, woran es bei der Umsetzung des Digitalpakts Schule hadert. So werde bei den Schulen nicht der Status quo berücksichtigt. Schulen, die bereits gut ausgestattet seien, kommen demnach weiter gut voran. Schulen, die ohnehin zurückhängen, hätten auch mehr Probleme, die Bundesmittel zu beantragen und dann tatsächlich auch zu bekommen.
Eine Beendigung des Digitalpakts jedoch wäre „fatal“ und „als Signal eine Katastrophe“, sagt Fredrik Harkort dem RND. Der Mitgründer von cleverly, einem Online-Nachhilfe-Angebot, ist einer der Initiatoren der Initiative der deutschen digitalen Bildungsanbieter (iddb). Viele Schulen hätten noch keine Förderung beantragt, weil sie besorgt seien, etwa die Wartung von Geräten nicht finanzieren zu können, wenn der Digitalpakt nicht langfristig gesichert wird. Deshalb fordert Harkort, der Digitalpakt Schule 2.0 dürfe nicht zeitlich begrenzt sein.
Stark-Watzinger antwortet per Instagram-Nachricht
Außerdem müssten auch digitale Lehrinhalte stärker in den Blick genommen werden. Es sei „skurril, dass die Schulbücher und die Handvoll Verlage, die wir haben, seit Jahrzehnten ihr Monopol behalten, während digitale Inhalte und Angebote keinen Weg in die Schulen finden“.
Harkort begrüßt ausdrücklich den Vorstoß in Österreich, wo ab diesem Herbst „Digitale Grundbildung“ verpflichtend unterrichtet werden soll. Er spricht sich zudem für eine verstärkte Ausbildung der Lehrkräfte und den Einsatz von IT-Fachleuten in Schulen aus. „Die digitalen Inhalte können noch so gut sein, wenn die Lehrerinnen und Lehrer nicht verstehen, wie sie damit umgehen und sie in den Unterricht integrieren können. Dann werden sie immer ein Fremdkörper bleiben.“
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Bei aller Kritik laufe es mit dem neuen Bildungsministerium in Sachen Digitalisierung schon besser als mit dem letzten. „Wir haben das Gefühl, dass die neue Regierung und auch das Bildungsministerium da mit neuem Elan, mit jüngeren Köpfen an das Thema rangeht“, so Harkort. Dazu gehört auch, dass Harkort mit als Experte zum Bildungsausschuss eingeladen wurde.
Auf das Willkommensvideo der iddb habe Bildungsministerin Stark-Watzinger in kürzester Zeit per Instagram-Nachricht geantwortet. Jetzt müssten nur endlich Konsequenzen folgen, „diese Anfangseuphorie ist bei uns auch ein wenig verstrichen“, so Harkort.