„Eine Million bezahlbare Wohnungen fehlen“
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Laut Mieterbund fehlen in Deutschland rund eine Million bezahlbare Wohnungen.
© Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Herr Ropertz, Verbraucherschutzministerin Barley will mit einem neuen Gesetzentwurf die Transparenz für Mieter erhöhen, sie vor Verdrängung schützen und Folgen von Modernisierungen begrenzen. Hat sie Recht?
Wohnen ist es eine der brennenden sozialen Fragen. Das haben alle Beteiligten erkannt, also auch die Eigentümerverbände, die Bauverbände, die Makler und die Gemeinden. Entscheidend ist, ob und wie diese soziale Frage beantwortet wird. Wir haben einen eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum und die Mieten steigen in einem atemberaubenden Tempo. Die Antworten der Politik werden der Situation nicht gerecht.
Wie viele Wohnungen fehlen?
Eine Million bezahlbare Wohnungen fehlen. Bis 2021 müssten jährlich 400.000 Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken, davon mindestens 140.000 im bezahlbaren Bereich und im sozialen Wohnungsbau.
Dann ist die Koalition mit ihren Plänen für 1,5 Millionen Neubauwohnungen bis 2021 doch auf gutem Kurs.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssten jährlich 375.000 Wohnungen gebaut werden. Das wird schon dieses Jahr nicht geschafft, da es nicht so viele Baugenehmigungen gibt. Wir rechnen mit maximal 285.000 neuen Wohnungen bundesweit. Der Bund hat nur begrenzten Einfluss auf das Geschehen. Bauen ist Ländersache.
Mietpreisbremse in kastrierter Form
Ministerin Barley will die Mietpreisbremse verschärfen, weil sie nicht wirkt. Ihr Eindruck?
CDU und CSU haben die Mietpreisbremse nie gewollt. Sie kam dann doch, allerdings in kastrierter Form – nämlich örtlich auf Brennpunkte in 313 Städten und Gemeinden beschränkt. Ergebnis: Sie wirkt nicht oder kaum. Und daran wird sich auch kaum etwas dadurch ändern, dass der Vermieter dem Neumieter die vorherige Miete offenlegen muss, wenn sie über der Vergleichsmiete liegt. Es ist ein kleines Schrittchen in die richtige Richtung, ändert aber nichts an der dramatischen Situation auf dem Mietwohnungsmarkt.
Barley will die von ihr geplante Umlage der Modernisierungskosten auf Mieter von 11 auf 8 Prozent absenken. Auf Druck der Union soll sie dafür nur noch in angespannten Wohnungsmärkten gelten. Haben Sie dafür Verständnis?
Nein. Hier gilt das gleiche wie für die Mietpreisbremse – es entsteht ein Flickenteppich, der nicht nachzuvollziehen ist. Wenn nach Modernisierungen hohe Forderungen kommen, stehen überall Mietverhältnisse zur Disposition – egal, ob man in Hamburg oder in Klein-Kleckersdorf wohnt. Also: Die 8 Prozent Umlage ist immer noch zu hoch. Als Mieterbund finden wir, dass maximal 4 Prozent genügen.
Die Mieterhöhung darf aber nur maximal 3 Euro pro Quadratmeter monatlich betragen, steht im Gesetzentwurf von Katarina Barley. Ist diese Grenze in Ordnung?
Die durchschnittliche Mietwohnung hat eine Größe von 70 Quadratmeter. Da zahlen Sie nach einer Modernisierung 210 Euro mehr, jeden Monat. Ich weiß nicht, ob man das guten Gewissens als bezahlbares Wohnen bezeichnen kann.
Von Thoralf Cleven/RND