Wann bekomme ich endlich diese 200 Euro? Und wie soll das eigentlich funktionieren?!
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Bekommen Studierende bald die Einmalzahlung oder scheitern sie an der „AusweisApp2“?
© Quelle: AdobeStock/RND-Montage Weinert
Vielleicht ist das alles nur ein Scherz. Vielleicht versuchen sich die deutschen Behörden mit den Vorgaben zur Beantragung der Einmalzahlung selbst zu persiflieren. In Wirklichkeit ist alles ganz einfach, und die 200 Euro sind bald auf meinem Konto.
Wahrscheinlich aber stimmt das eher nicht. Stattdessen soll ich mir eine App downloaden, meine Identität mit der Online-Funktion des Personalausweises bestätigen und einen Account bei Bund-ID anlegen.
Für Menschen mit chronischen Speicherplatzproblemen ist der erste Schritt schon eine Zumutung. Es passt keine App mehr auf mein Handy. Aber ich möchte endlich diese 200 Euro haben. Deswegen heißt es: Videos löschen. Und andere Apps. Die Deutschlandfunk Audiothek nutze ich eh zu selten. Sorry Kollegen. Von der Party von vor zwei Jahren habe ich sowieso drei Videos, zwei können weg. Sorry Friends. Jetzt hat die „AusweisApp2″ endlich Platz. (Ja, diese App heißt wirklich so.)
Einmalzahlung: Der Staat lässt Studierende warten
Eigentlich begann alles mit einer guten Nachricht: Jede Person, die zum 1. Dezember 2022 immatrikuliert oder an einer Ausbildungsstätte gemeldet war, kann die Hilfe beantragen. So weit, so unkompliziert. Damit kommen wir aber auch schon zur schlechten Nachricht: Der Weg von der Registrierung bei der Onlineplattform bis zur Auszahlung des Geldes ist mit absurden Hürden verbunden. Und wann das Geld tatsächlich kommt, ist noch immer unklar.
Im September 2022 beschloss die Ampel-Koalition das dritte Entlastungspaket, das auch Studierende und Fachschülerinnen entlasten sollte. Und zwar „schnell und unbürokratisch“, wie es damals hieß. Doch die Unterstützung des Staates ließ lange auf sich warten. Bund und Länder waren sich nicht einig, wer für die Abwicklung der Zahlung zuständig sein soll, und schoben einander die Schuld zu.
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Screenshot der "AusweisApp2"
© Quelle: RND
Mittlerweile ist klar: der Bund übernimmt das Prozedere. Das ist einerseits erfreulich, denn es zeigt, dass im föderalen Bildungssystem auch bundesweite Lösungen möglich sind. Andererseits führt es zu neuen Problemen. Der Bund kennt die Daten der Studierenden nicht und muss Kontoverbindungen und Immatrikulationsstatus erst erheben. Womit wir bei der Registrierung wären – und den absurden Hürden.
App downloaden, Identität bestätigen, Konto anlegen
Auf www.einmalzahlung200.de sollen Antragsberechtigte (voraussichtlich!) ab Mitte März die 200 Euro beantragen können. Die ersten Schritte zur Registrierung lassen sich schon jetzt erledigen. Also versuche ich das mal. Die frisch installierte „AusweisApp2“ hat einen schlichten, etwas unübersichtlichen Startbildschirm, funktioniert aber recht einfach.
Ich halte meinen Ausweis an die Rückseite meines Smartphones und erfahre, dass ich ein NFC-fähiges Gerät habe, was den Austausch der Daten ermöglicht. Wie schön! Jetzt den fünfstelligen Transport-Pin eingeben. Diesen erhält man automatisch mit dem Personalausweis. Gut, wer das Formular mit dem Rubbelfeld noch irgendwo in einem verstaubten Aktenordner findet. Wenigstens da habe ich Glück. Wer den Transport-Pin nicht mehr findet und die Online-Funktion noch nicht freigeschaltet hat, muss sich an das Bürgeramt wenden. Grüße nach Berlin.
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Bei mir klappt die Pin-Eingabe im dritten Versuch und erst nachdem ich die sechsstellige Zugangsnummer (CAN) von meinem Personalausweis eingeben musste. Also gerade noch rechtzeitig bevor alles gesperrt wird, das Handy explodiert oder noch Schlimmeres passiert. Wer weiß das schon. (Good to know: der Ausweis darf während der Pin-Eingabe an der Rückseite des Handys nicht bewegt werden – ruhige Finger sind also auch eine Voraussetzung.)
Die „AusweisApp2″ bestätigt meine Identität, danke, ich lege eine neue Pin fest und die Online-Funktion meines Ausweises ist freigeschaltet. Toll! Nun ist es Zeit, mir eine Bund-ID anzulegen, die den Zugang zu allen digitalen Dienstleistungen des Staates ermöglicht. Dort registriere ich mich mit der Online-Ausweisfunktion und werde wieder auf die „AusweisApp2″ weitergeleitet, wo ich Benutzername und Passwort festlege und die Registrierung abschließen kann.
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Insgesamt dauert der Prozess etwa 15 Minuten, fühlt sich aber an wie ein Hindernisparcours, bei dem man nach jedem Schritt umknicken könnte und abbrechen muss. Ausweiserkennung spinnt, Pin funktioniert nicht, App hat einen Krampf. Die Problemmöglichkeiten sind unbegrenzt.
Wem das zu stressig ist, kann seine Identität bei Bund-ID auch mit dem Elster-Zertifikat der Steuerverwaltung bestätigen lassen. Wer noch nie eine Steuererklärung über das Elster-Portal gemacht hat, muss das Zertifikat erst beantragen. Das dauert einige Tage, weil das Finanzamt nach der Registrierung einen Aktivierungscode per Post schickt. Für Minderjährige kommt das sowieso nicht infrage, das Elster-Portal ist ab 18.
Länder müssen noch Zugangscodes liefern
Laut Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger wäre ich nun also startklar, die Einmalzahlung zu beantragen. Das Problem ist jedoch die Bereitstellung des Zugangscodes, was in die Verantwortung der Bundesländer fällt. Die Mehrheit der Länder hat noch keine Rechtssicherheit, um die Daten der Studierenden für diese Zwecke nutzen zu dürfen. Die letzte Hürde ist also noch nicht genommen. Der Kampf im deutschen Bürokratiedschungel geht erst mal weiter – und das Warten auf die 200 Euro auch.
Auf der Antragsplattform heißt es übrigens versteckt im letzten Absatz des FAQs, dass eine Beantragung der Einmalzahlung auch ohne Online-Ausweisfunktion oder Elster-Zertifikat möglich sei. Mit dem Zugangscode und einem seperaten PIN – zugeschickt von der Ausbildungsstätte. Wie genau das funktionieren soll und warum das nicht allgemein so geregelt wird? Keine Ahnung.
Ach ja, noch ein Hinweis für alle Smartphonebesitzer mit Speicherplatzproblemen: Die „AusweisApp2“ lässt sich auch als Desktop-Anwendung herunterladen. Allerdings braucht man dann ein USB-Kartenlesegerät für den Personalausweis. Alternativ kann man auch ein NFC-fähiges Smartphone als Kartenleser verwenden – auf dem dann aber die „AusweisApp2″ installiert sein muss. Eine einfache Lösung gibt es also nicht. Wäre ja auch zu schön.