Neuer Gesetzentwurf des Arbeitsministeriums

Arbeitszeiterfassung wird Pflicht: Das müssen Beschäftigte jetzt wissen

Eine Frau demonstriert mit einer Chipkarte ein modernes Verfahren zur Arbeitszeiterfassung.

Eine Frau demonstriert mit einer Chipkarte ein modernes Verfahren zur Arbeitszeiterfassung.

Berlin. Die Bundesregierung will Unternehmen vorschreiben, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden elektronisch zu dokumentieren. Das sieht ein entsprechender Gesetzentwurf vor, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.

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Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick

Welche Daten müssen Arbeitgeber verpflichtend erfassen?

Arbeitgeber sollen laut dem Gesetzesentwurf „Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit“ ihrer Beschäftigten erfassen – elektronisch und noch am selben Arbeitstag. Die Nachweise darüber müssen Unternehmen mindestens zwei Jahre aufbewahren.

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Für wen gilt die neue Regelung und ab wann?

Bis ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes können Betriebe die Arbeitszeit noch händisch aufzeichnen. Für Arbeitgeber mit weniger als 250 Angestellten gilt das bis zu zwei Jahre danach, Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten bleiben sogar fünf Jahre Zeit. Betriebe mit bis zu zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen keine elektronische Arbeitszeiterfassung einführen, auch ausländische Unternehmen mit maximal zehn Beschäftigten in Deutschland müssen das nicht, solange sie keinen eigenen Standort im Land haben.

Wer darf meine Arbeitszeit erfassen?

Laut dem Entwurf kann die Erfassung „durch einen Arbeitnehmer oder einen Dritten erfolgen“. Nähere Details dazu stehen noch aus. Der Arbeitgeber bleibe allerdings für die Aufzeichnung verantwortlich.

Für welche Berufe gibt es Ausnahmen?

Hausangestellte in einem Privathaushalt sind von dem Gesetzentwurf nicht betroffen. Fahrtenschreiber können laut dem Papier als Aufzeichnung gelten, wenn sich daraus Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der einzelnen Fahrenden ableiten lassen.

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Welche Rolle spielen Tarifverträge bei dem Gesetz?

In dem Gesetzentwurf sind Ausnahmen verankert, die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften per Tarifvertrag vereinbaren können. Das können etwa „Ausnahmen von der täglichen Aufzeichnungsfrist“ sein. Dadurch müssen Arbeitsstunden nicht am selben Tag, sondern können bis zu eine Woche später erfasst werden. Auch händische Arbeitszeiterfassung wäre über solche Klauseln möglich.

Unter besonderen Bedingungen lässt sich die Erfassung sogar komplett aussetzen, wenn „die gesamte Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann“. Das könnte etwa im Bereich Forschung oder Gastronomie der Fall sein.

ARCHIV - 14.05.2019, Bayern, München: ILLUSTRATION - Ein Mitarbeiter erfasst seine Arbeitszeit digital an einem Terminal. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt befasst sich am Dienstag mit der Frage, ob Betriebsräte auf eine elektronische Arbeitszeiterfassung pochen können oder damit der Überwachung von Arbeitnehmern Tür und Tor öffnen. (zu dpa «Bundesarbeitgericht verhandelt über Arbeitszeiterfassung») Foto: Sina Schuldt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Für Beschäftigte eine gute Nachricht, für Betriebe mehr Bürokratie

Künftig soll die Arbeitszeit von Beschäftigten elektronisch erfasst werden. Damit setzt die Bundesregierung ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes um. Klar ist, dass die Balance zwischen Arbeit und Freizeit stimmen muss, kommentiert Alisha Mendgen.

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Ist die Vertrauensarbeitszeit jetzt tot?

Darüber dürfte es noch große Diskussionen geben. Dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit selbst erfassen und Arbeitgeber auf die Kontrolle verzichten, soll weiter möglich sein. Aber: Unternehmen haben „durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen“, dass ihnen „Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zu Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden“, verlangt das Arbeitsministerium.

Was gilt im Homeoffice?

Darauf geht der neue Entwurf an keiner Stelle ein. Denkbar wären aber entsprechende Sonderregelungen über Tarifverträge – oder, dass der Arbeitgeber auf die Kontrolle der Homeoffice-Arbeitszeit verzichtet. Dafür müsste er aber sicherstellen, dass er zumindest Verstöße gegen die Arbeits- und Ruhezeiten mitbekommt.

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Wie wird die Arbeitszeiterfassung von den Behörden überwacht?

Laut dem Papier können Aufsichtsbehörden von den Arbeitgebern verlangen, die Arbeitszeitnachweise, Tarifverträge und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen oder „andere Arbeitszeitnachweise“ an sie rauszugeben.

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Welche Strafen drohen mir oder meinem Unternehmen bei Missachtung der Regeln?

Wenn Arbeitgeber die geforderten Aufzeichnungen „nicht oder nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig“ erstellen, müssen sie mit Bußgeldern von bis zu 30.000 Euro rechnen. Dasselbe gilt, wenn sie die Unterlagen nicht lang genug oder nicht vollständig aufbewahren.

Sind noch große Anpassungen zu erwarten?

Die FDP ist mit dem Entwurf noch nicht glücklich. „Der Entwurf würde das faktische Aus für die Vertrauensarbeitszeit bedeuten. Denn dem Arbeitnehmer wird die Fähigkeit abgesprochen, seine Arbeitszeit eigenverantwortlich gestalten zu können“, sagte Pascal Kober, arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, dem RND. Viele Berufstätige würden aber Selbstbestimmung hinsichtlich ihrer Arbeitszeit sehr schätzen, um ihre „Tagesgestaltung, Betreuungszeit und Freizeit flexibler miteinander vereinbaren zu können“.

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Wie reagiert die Opposition?

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann, Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), sagte dem RND: „Statt Flexibilisierung droht weitere Regulierung, statt Vertrauen regiert Bevormundung.“ Der Entwurf bedeute zusätzliche Bürokratie. Der Spielraum, den die EU-Gesetzgebung eröffne, würde nicht genutzt. „Wie soll das eigentlich auf Baustellen funktionieren? Und das an jedem Arbeitstag? Es bleibt zu hoffen, dass dieses Papier grundsätzlich überarbeitet wird, bevor es im Kabinett landet“, betonte Connemann.

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