Twitter-Video löst Diskussion aus: Lacht Scholz hier über die Energiesorgen der Menschen?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird wegen dieses Lachens während eines Bürgerdialogs von der Union scharf kritisiert.
© Quelle: Bundesregierung/Screenshot Video Kanzlergespräch Gifhorn
Macht sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger lustig? Diesen Vorwurf muss sich der Kanzler zumindest von vielen Twitter-Nutzenden und der Opposition gefallen lassen. Speziell aus den Reihen der Union kommen scharfe Töne. Auslöser ist ein Video, das sich aktuell in den sozialen Medien verbreitet und über das kontrovers diskutiert wird.
In dem wenige Sekunden langen Clip ist Scholz beim Bürgerdialog in Gifhorn am vergangenen Dienstag zu sehen. Darin berichtet der Kanzler von einem Gespräch mit einer Person, die ihm berichtet habe, dass sie gerade von einem Elektro- auf einen Gasofen gewechselt sei. Bereits während des Erzählens beginnt der Kanzler zu lachen und sagt in der Folge: „Da wusste ich gar nicht, wie traurig ich gucken sollte.“ Dann endet das Video.
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Nachdem die ZDF-„heute-show“ diesen Ausschnitt am Freitag in ihrer Sendung ausspielte, wurde dieser am Wochenende auch auf Twitter mehr und mehr zum Thema. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer machten ihrem Unmut Luft. Am Montag schloss sich auch die CSU der Kritik an Scholz’ Verhalten an. „Das ist unanständig und zeigt, wie egal wir Bürgerinnen und Bürger der Bundesregierung sind. Wir finden: Olaf Scholz muss sich entschuldigen!“, hieß es in einem Beitrag der Partei auf dem Kurznachrichtendienst am Montag.
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CDU-Politiker nutzen Video von zweifelhaftem Nutzer
Bereits am Sonntag lederte der CDU-Bundestagsabgeordnete Paul Ziemiak – bis Januar 2022 Generalsekretär seiner Partei – auf der Plattform: „Der Bundeskanzler lacht die Menschen aus.“ Der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt nutzte Ziemiaks Beitrag als Vorlage, um Scholz Verhalten als „respektlos“ zu betiteln. Scholz habe keine Lösungen für die Sorgen, Probleme und Ängste der Menschen, „aber Häme dafür schon“.
Beide Politiker teilten dazu ein Video des Ausschnitts vom Bürgerdialog, welches von einem anderen Nutzer hochgeladen wurde. Weil auf dem Account dieses Users zahlreiche hetzerische Kommentare und Schwurbelpostings zu finden sind, forderte der Kieler Grünen-Politiker Luca Köpping am Montag: „Bitte löschen Sie das. Haben Sie denn gar keinen Anstand, Paul Ziemiak?“
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SPD-Kritik an Union
Auch aus Reihen der SPD gab es Gegenwind für Ziemiak und Voigt. Der Thüringer Innenminister Georg Maier schrieb: „Es ist so billig und niveaulos, was die CDU gerade hier auf Twitter veranstaltet.“ Dazu verlinkte er einen Post des Referenten in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Timo Konrad. Dieser richtete sich direkt an CDU und CSU und fragte: „Geht das auf Seiten der Union nur noch mit Fake, Hass und Unsicherheit schüren?“ Dazu teilte er einen deutlich längeren Videoausschnitt der Scholz-Szene.
Darin ist zu sehen, wie der Kanzler auf die Existenzsorgen eines Bäckers im Publikum reagiert. Er hoffe, dass mit den Beschlüssen zum dritten Entlastungspaket auch „die Grundlagen dafür geschaffen werden, dass Sie mit den furchtbar hohen Energiepreisen umgehen können“, sagt Scholz in sachlichem Tonfall. Danach folgt die eingangs beschriebene Szene, die vom Publikum ohne nennenswerte Reaktion aufgenommen wird.
An seine Anekdote direkt anschließend setzt Scholz wieder mit ernster Miene fort: „Es ist ehrlicherweise schon eine große Herausforderung. Deshalb will ich nur sagen: Da machen wir jetzt was“, so der Kanzler, der darauf verwies, dass die Bundesregierung mit dem 200-Milliarden-Euro-Rettungsschirm ihr Bestes gebe, den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft „durch diese schwierige Zeit zu helfen“.
(Das gesamte Video „Kanzlergesprächs“ können Sie sich hier ansehen. Die beschriebene Szene beginnt etwa bei Minute 15:45.)
CDU-Kritik an eigenen Kollegen
Die Verbreitung der verkürzten, kontextlosen Video-Version von Scholz‘ Auftritt rief auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf den Plan, der am Montag einen noch längeren Videoausschnitt des Kanzlergesprächs auf Twitter teilte. „Wenn ich angesichts kursierender Kurzclips mit etwas Kontext aushelfen darf, dann entlarvt sich manch künstliche Empörung als peinliche Meinungsmache: Der Bundeskanzler sprach in Gifhorn gerade über die Absurdität der Notlage und unsere Hilfen“, schrieb er dazu.
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Auch innerhalb der CDU sorgte das Verhalten der Unionspolitiker für Kopfschütteln. „Habe mir Scholz jetzt mit den 5 Minuten davor und danach angesehen. Der Vorwurf, er lache über das Schicksal der Menschen, ist genauso unredlich wie damals bei Laschet“, monierte der Sprecher des Bildungsministeriums in Schleswig-Holstein, David Ermes.
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Der ehemalige CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet geriet wegen eines Lachens beim Besuch eines betroffenen Gebiets der Flutkatastrophe vom Juli 2021 in die Kritik. Ende des vergangenen Jahres wurde bekannt, dass eine Frotzelei zwischen Laschet und dem örtlichen CDU‑Landrat Frank Rock Grund dafür gewesen sein soll. Während sich der CDU‑Spitzenkandidat über Rocks Begrüßung des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier amüsierte, soll dieser daraufhin mit einem Größenvergleich von Laschet und Steinmeier gekontert haben. Viele gehen davon aus, dass dieses Lachen dem damals in Wahlumfragen führenden Laschet später die Kanzlerschaft kostete.
Denn speziell die anderen Parteien nutzten das Bild in der Folge, um Kritik und Zweifel an Laschets Tauglichkeit zu äußern. Ist die Unionskritik nun also eine Retourkutsche für den damaligen Diskurs im Bundestagswahlkampf? Unklar. Für Ermes ist auf jeden Fall klar, dass dies ein Stil sei, für den die demokratischen Kräfte in Deutschland nicht stehen sollten, wie er weiter in seinem Beitrag verdeutlicht. „Mich zumindest stößt das ab.“