Entscheid via Los? Wie es in Thüringen weitergehen könnte
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Die Thüringer CDU hatte angekündigt, Bodo Ramelow (Die Linke) zu einer Mehrheit zu verhelfen. Der Aufschrei in der Bundespartei ist groß.
© Quelle: Martin Schutt/dpa/imago images/Montage RND
Hannover. Stabilitätspakt – was sich wie eine sichere Bank anhört, währte in Thüringen nur kurz. Darin hatten sich die Erfurter Vertreter der CDU, SPD, Grünen und der Linken nach monatelangem Hin und Her am Freitagabend auf Neuwahlen im April 2021 geeinigt. Zudem wurde vereinbart, dass Bodo Ramelow durch die Christdemokraten “projektbezogen” zu einer Mehrheit verholfen wird, um eine rot-rot-grüne Übergangsregierung anzuführen.
Dadurch sollte die AfD als politisches Zünglein an der Waage verhindert werden. Eine politische Zäsur im Sinne der Demokratie, so erste euphorische Reaktionen. Ramelow selbst sprach von “einem großen Tag”. Schon wenige Stunden danach scheint wieder alles anders.
Denn die Bundes-CDU rebelliert. Bodo Ramelow, einen Linken, ins Amt des Ministerpräsidenten hieven? Undenkbar. Paul Ziemiak, Jens Spahn, Friedrich Merz und andere greifen die Thüringer Parteifreunde nun hart an. Ziemiak droht: Wer von der CDU Ramelow wähle, verstoße gegen die Beschlüsse seiner Partei. Spahn pocht auf vorgezogene Neuwahlen und Merz sieht die Glaubwürdigkeit der Partei in ganz Deutschland beschädigt.
Die Thüringer CDU hätte sich von Anfang an nicht mit der AfD einlassen dürfen. Beschluss sei nun mal Beschluss. Keine Zusammenarbeit mit der Linken oder der AfD. Berlins CDU-Chef Kai Wegner erklärte die “Stabilitätsvereinbarung” gar zu einer “historischen Dummheit”.
Wie geht es in Thüringen weiter?
Die Landes-CDU will das so nicht stehen lassen: “Die Stabilitätsvereinbarung bedeutet keine Koalition, keine Tolerierung und keine Duldung von Rot-Rot-Grün, sondern eine zeitlich eng begrenzte, projektorientierte Zusammenarbeit zum Wohle Thüringens.” Doch wie genau Bodo Ramelow nun zu einer Mehrheit verholfen werden soll, bleibt weiter unklar. Denn Garantien und offizielle Zusagen der Landesfraktion gibt es keine.
Die Thüringer stehen nun vor der Herausforderung, wie sie Ramelow ermöglichen – ohne vollends gegen die Parteispitze zu rebellieren. Der thüringische CDU-Abgeordnete Volker Emde, einer der vier CDU-Unterhändler, versicherte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP: “Wir stellen das Wahlergebnis sicher.” Während seine Fraktion in einer Stellungnahme am Samstag mitteilte, sie werde Ramelow im Thüringer Landtag “nicht aktiv” als Ministerpräsidenten mitwählen. Das bestätigte auch CDU-Landeschef Mike Mohring bei Twitter.
Emde hat allerdings noch eine andere Idee. Er hält auch ein Losverfahren für möglich. So eine Lösung über das Abstimmungsverhalten der einzelnen Abgeordneten sei denkbar, sagte Emde weiter. Er machte zudem deutlich, dass die “Stabilitätsvereinbarung" nicht mit der Bundes-CDU abgesprochen war. “Ich finde nicht, dass wir dafür eine Genehmigung der Bundes-CDU brauchen.”
Denkbar wäre aber auch eine Enthaltung der Christdemokraten, sodass Ramelow im dritten Wahlgang mit einer relativen Mehrheit gewählt wird. Am Montag will die CDU-Parteiführung über die neue Situation in Thüringen beraten. Klar ist aber auch: Ein Landesverband ist unabhängig und kann grundsätzlich stimmen, für wen er will.
Linke, SPD und Grüne verfügen gemeinsam über 42 Stimmen im Landtag. Ramelow benötigt bei der MP-Wahl am 04. März 46 Stimmen für eine absolute Mehrheit.