EU warnt vor Kokain-Schwemme: Besonders in zwei deutschen Städten alarmieren die Werte
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/GITA547GPDZN2Q7XNXV6R6ZB2M.jpg)
Drogenfahnder in Hamburg mit sichergestelltem Kokain
© Quelle: Daniel Reinhardt/dpa
Brüssel. Europa hat ein Kokain-Problem: Der Kontinent wird mit dem Rauschgift überschwemmt. Das belegt der Bericht der EU-Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA), der am Donnerstag in Brüssel vorgestellt wurde. Demnach verdoppelte sich die Menge an beschlagnahmtem Kokain im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr auf mehr als 140 Tonnen. Das sei ein "historischer Höchststand". Das Geschäft mit illegalen Drogen verlagert sich zudem mehr und mehr ins Internet. "Die Herausforderungen nehmen zu", so EMCDDA-Chef Alexis Goosdeel. Die beliebteste illegale Droge der Europäer ist weiterhin Cannabis, während der Konsum von Heroin abnimmt.
Rückstände im Abwasser
Die Drogenbeobachter der EU schließen nicht nur aus dem sichergestellten Rauschgift, sondern auch aus Abwasserproben auf die gestiegene Beliebtheit von Kokain. In 22 von 38 europäischen Städten, in denen Abwasser auf Kokainrückstände analysiert wird, seien höhere Konzentrationen gemessen worden, heißt in dem Report. Die höchsten Werte verzeichneten die Experten im englischen Bristol, aber auch in Dortmund und Berlin wurden hohe Konzentrationen gemessen.
Der dritte Hinweis auf die Kokain-Schwemme: Der Preis für die Droge im Straßenverkauf sei stabil geblieben. Das deute ebenfalls auf einen Anstieg des Konsums von Kokain hin.
Lesen Sie auch: Was Heroin, Kokain oder Crystal Meth kosten
Das Rauschgift kommt weiter vor allem per Schiff in Containern aus Lateinamerika nach Europa. Allerdings erschwert auch zunehmend die Verlagerung des Rauschgifthandels ins Internet den Kampf gegen illegale Drogen. Immer öfter werde Rauschgift im sogenannten Darknet, in sozialen Medien und verschlüsselten Apps angeboten.
Im EU-Bericht ist in Anspielung auf den Taxi-Dienstleister Uber von einer „Uberisierung“ des Kokainhandels die Rede. Es gebe mittlerweile sogar Kokain-Callcenter, bei denen das Rauschgift bestellt werden könne. In dem Report heißt es dazu: „Callcenter weisen auf ein hohes Ausmaß an Sinn für Unternehmertum im umkämpften Kokainmarkt hin.“
Cannabis bleibt Rauschgift Nummer Eins
Auch verändert sich die Händlerstruktur. Vermehrt steigen Einzelpersonen oder Kleingruppen in den Handel mit Drogen ein. „Eine Neuorganisation der Kokain-Lieferkette und der beteiligten Personen ist auf mittlerer und Kleinhandelsebene erkennbar“, heißt es in dem Bericht. Diese Gruppen nutzten Verschlüsselungstechnologien und Kryptowährungen für ihr Geschäft aus.
Lesen Sie auch: Drogenbeauftragte Mortler wettert gegen Kanada
Cannabis bleibt dem Bericht zufolge die beliebteste illegale Droge in Europa. 7,4 Prozent der Erwachsenen – das sind 24,7 Millionen Menschen – konsumieren mindestens einmal im Jahr Cannabis. Bei Menschen im Alter von 15 bis 34 Jahren sind es bereits 14,4 Prozent. Dagegen hat die Bedeutung von Heroin im Vergleichszeitraum abgenommen.
Zahl der Drogentoten stabil
Europa ist bislang von der sogenannten Opioid-Epidemie verschont, die in den USA bereits Tausende von Menschen das Leben gekostet hat. Das hat vor allem zwei Gründe: Anders als in Europa wurden in den USA in den letzten Jahren massenweise süchtige machende Schmerzmittel verschrieben. Außerdem griffen Patienten, die keine Krankenversicherung hatten, zu vergleichsweise billigen illegalen Drogen.
Die Zahl der Drogentoten im Untersuchungsgebiet, zu dem neben den EU-Staaten auch Norwegen und die Türkei gehören, ist stabil geblieben. 2017 starben 9461 Menschen an Rauschgiften. 34 Prozent der Drogentoten lebten in Großbritannien, 13 Prozent von ihnen in Deutschland.
Von Damir Fras/RND