Experten: Lehren aus Waldbränden 2022 nicht gezogen
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Blick auf den Waldbrand im tschechischen Nationalpark Böhmische Schweiz in Hrensko nahe der Grenze zu Sachsen. Der Brand breitete sich auch auf deutscher Seite im Nationalpark Sächsische Schweiz aus.
© Quelle: Robert Michael/dpa
Berlin. Deutschlands Feuerwehren sind nicht optimal auf neue Waldbrände vorbereitet – die nötigen Lehren aus den Feuern im vorigen Jahr wurden nicht gezogen. Das beklagten Experten bei einer Anhörung des Innenausschusses des Bundestages. Acht Monate nach den letzten großen Bränden im Land verlangten sie von der Politik bessere Hubschrauber, bessere Koordination und mehr Ausbildung für die Waldbrandbekämpfung. Die Forderung der Linksfraktion nach eigenen Löschflugzeugen fanden sie hingegen unnötig.
Um überhaupt erst einmal neue Hubschrauber anzuschaffen, würden noch wichtige Grundvoraussetzungen fehlen, sagte Tobias Hallas, stellvertretender Fachbereichsleiter für Vegetationsbrandbekämpfung bei der ehrenamtlichen Hilfsorganisation @fire, bei der Anhörung am Montag in Berlin. Der gemeinsame Einsatz von Hubschraubern von Bundeswehr, Bundespolizei und Landespolizei erfordere „den Ausbau der Führungsstruktur und eine weiterführende Qualifizierung der Einsatzführung“, betonte er.
Deutschen Behörden fehle die Expertise bei Löschflügen
Wie wenig Expertise es hier noch bei den Behörden gebe, zeigten die Waldbrände im Harz und im Elbsandsteingebirge vergangenes Jahr: Die Löschflüge seien von Feuerwehrleuten koordiniert worden, die die nötige Ausbildung dafür bei @fire absolviert hätten. Auch Piloten bei Polizei und Bundeswehr würden nicht ausreichend auf das Thema vorbereitet. In der Regel beherrschten sie nur die technischen Fähigkeiten, um Wasser aufzunehmen und abzuwerfen. „Sie können aber nicht die Lageentwicklung des Brandes bewerten“, erklärte Hallas.
Auch Ulrich Cimolino, Waldbrandexperte beim Deutschen Feuerwehrverband, bemängelte die Situation: „Ausbildung für Piloten im Bereich Brandschutzbekämpfung gibt es bisher nur an der staatlichen Feuerwehrschule in Würzburg“, erklärte Cimolino. Er kritisierte erneut die schwierigen Anforderungswege für Löschhubschrauber. „Wir haben nach wie vor 16 verschiedene Verfahren für 16 Bundesländer“, sagte er.
Cimolino hatte das auch schon während der verheerenden Waldbrände im vorigen Juli beklagt. Bei so einem Gewirr aus Regelungen sei es oft schwierig, wichtige Details abzustimmen, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Zum Beispiel Fragen wie Leistungsfähigkeit des Hubschraubers, Wassermenge, ob der Hubschrauber einen Wasserbehälter mitbringt oder nicht“, erklärte Cimolino.
Kommunen sollen Kosten teilweise selbst tragen
Was ebenfalls für Verzögerungen sorgt: In Brandenburg, Hessen und Sachsen-Anhalt müssen sich die Kommunen bereit erklären, die Kosten selbst zu tragen, wenn sie einen Hubschrauber anfordern. Bei Preisen von knapp 40.000 Euro je Flugstunde keine leichte Entscheidung. Neu beschaffte Hubschrauber müssten unbedingt über die nötige Außentraglast und eine Seilwinde für die Wasserbehälter verfügen, forderte Cimolino.
Zudem würden die aktuellen Vorschriften oft nicht dem Geschehen vor Ort gerecht: „Häufig hatten wir im vergangenen Jahr die Situation, dass Führungskräfte gegen geltende Vorschriften verstoßen mussten, zum Beispiel, um mit den Fahrzeugen überhaupt zur Feuerstelle durchzukommen“, berichtete Siegfried Maier, Bundesvorsitzender der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft. Das sei inakzeptabel, weil dann die Führungskräfte allein für den Ausgang der Aktion verantwortlich gemacht werden könnten. Die Politik müsse hier nachbessern.
Absage für eigene Löschflugzeuge
Für die Forderung der Linken-Fraktion nach eigenen Löschflugzeugen für Deutschland gab es größtenteils eine Absage. „Eine Stärkung und Vereinheitlichung der vorhandenen Ressourcen und eine Ausweitung der Zivilschutzhubschrauberflotte beziehungsweise der Bundespolizei wäre da die sinnvollere Lösung“, betonte Susanne Klatt von der Feuerwehr Essen in einer schriftlichen Stellungnahme. Im Notfall stelle die Europäische Union Löschflugzeuge bereit, machte Cimolino deutlich.
Auch Johann Georg Goldammer, Koordinator beim Global Fire Monitoring Center, sprach sich für eine bedarfsgerechte Unterstützung des Programms anstatt eines Alleingangs von Deutschland aus. „Die Fokussierung auf Löschflugzeuge allein wird der Komplexität des Themas nicht gerecht“, betonte Kirsten Thonicke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.