Fall Assange: Grüne werfen Regierung Feigheit vor
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/CZEOBQCI65EFLMLSASI4C6MIHU.jpg)
Wikileaks-Gründer Julian Assange Mitte Januar nach einer Gerichts-Anhörung in London.
© Quelle: imago images/Noah Wedel/Dominic Lipinski/PA Wire/dpa/Montage RND
Berlin. Die Bundesregierung will sich nicht in den Rechtsstreit um den in Großbritannien inhaftierten Wikileaks-Gründer Julian Assange einmischen. „Die Zuständigkeit für das Verfahren liegt bei der britischen Justiz“, schreibt der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), in einem Brief an die Grünen-Bundestagsfraktion, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
Auch konsularisch werde Assange nicht von deutschen Diplomaten betreut, da er australischer Staatangehöriger sei. Es sei außerdem „grundsätzlich nicht Aufgabe der Bundesregierung, die Verhältnismäßigkeit der von britischen Gerichten verhängten Strafen zu bewerten“, schreibt Roth weiter. „Das Auswärtige Amt hat jedoch keinen Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit britischer justizieller Verfahren.“ Man verfolge aber das Gerichtsverfahren sehr aufmerksam und nehme auch Berichte von Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen (Uno) sehr ernst.
"Feindseliges und willkürliches Umfeld"
Der Uno-Sonderberichterstatter Nils Melzer hatte im Mai 2019 nach einem Besuch bei Assange schwere Gesundheitsschäden bei diesem festgehalten. Assange sei offenkundig „durch das extrem feindselige und willkürliche Umfeld der vergangenen Jahre beeinträchtigt“. Er weise Symptome "psychologischer Folter" auf.
Die Grünen warfen der Bundesregierung Feigheit vor. Die Antwort des Auswärtigen Amtes sei enttäuschend, sagte die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Margit Stumpp, dem RND.
„Als Anwalt der Menschenrechte und Vertragsstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention stünde es Deutschland gut zu Gesicht, sich bei seinem Partner Großbritannien nach diesen Vorwürfen zu erkundigen“, heißt es in einer Erklärung Stumpps mit der Grünen-Menschenrechts-Expertin Margarete Bause und Rechtsexpertin Manuela Rottmann, die dem RND vorliegt. „Wegzusehen und still zu bleiben ist mutlos.“
Schutz der Gesundheit
Es gehe nicht darum, Großbritannien die Rechtsstaatlichkeit abzusprechen. Aber Assanges medizinische Versorgung während des Prozesses müsse gewährleistet werden. Maßnahmen zum Schutz seiner Gesundheit seien nötig. „Dazu ist Großbritannien nach dem Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung verpflichtet“, erklärten die Grünen-Politikerinnen.
Der Gründer der Internet-Enthüllungsplattform sitzt derzeit in Großbritannien in Haft. Die USA haben einen Auslieferungsantrag gestellt, um Assange wegen Geheimnisverrats vor Gericht zu stellen.
Der Vorwurf der USA
Er soll der Whistleblowerin Chelsea Manning geholfen haben, geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan zu veröffentlichen. Das Auslieferungsverfahren soll im Februar beginnen. Für kommende Woche ist eine weitere Anhörung vor Gericht geplant.
Assange hatte jahrelang in der ecuadorianischen Botschaft gelebt, um eine Auslieferung nach Schweden zu verhindern. Er befürchtete, von dort an die USA ausgeliefert zu werden. Die schwedische Justiz hat Ermittlungen gegen Assange wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung mittlerweile eingestellt.