Umwelt, Gesundheit, Klima

Wie Fracking funktioniert und warum es so umstritten ist – ein Überblick

Erdgas wird beim Abpumpen von Öl in der Bakken-Schieferformation abgefackelt, da keine Rohrleitungen gebaut wurden, um es in das System einzuspeisen (Symbolbild).

Erdgas wird beim Abpumpen von Öl in der Bakken-Schieferformation abgefackelt, da keine Rohrleitungen gebaut wurden, um es in das System einzuspeisen (Symbolbild).

Noch fließt Gas aus Russland nach Deutschland. Mal kommt mehr, mal weniger Erdgas über die Ostseepipeline Nord Stream 1 in Lubmin bei Greifswald an. Die Versorgungslage ist wegen Russlands Krieg in der Ukraine jedoch unsicher geworden, die Durchflussmenge schwankt zwischen 20 und 40 Prozent. Deutschland will sich daher so schnell wie möglich unabhängig von Putins Gas machen – das ist das bekannte Ziel der Bundesregierung. Wie das gehen soll, wird viel diskutiert. Eine umstrittene Möglichkeit ist das sogenannte Fracking.

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+++ Alle Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine im Liveblog +++

Doch was ist Fracking überhaupt? Wie funktioniert das und warum ist die Technologie so umstritten? Das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum wird über Fracking gerade so viel diskutiert?

Laut dem deutschen Weltenergierat konnten 2020 nur 29 Prozent des deutschen Energieverbrauchs durch heimische Quellen gedeckt werden. Insbesondere bei Erdgas ist die Abhängigkeit von anderen Ländern besonders hoch. Nur 5 Prozent des Bedarfs konnte im Jahr 2021 die heimische Erdgasförderung decken, der Rest wurde insbesondere aus Russland importiert.

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Langfristig will Deutschland vollständig auf eine Energieversorgung mit Gas verzichten, um die gesetzten Ziele zur Klimaneutralität zu erreichen. Doch Industrie und Verbrauchende sind momentan noch auf Erdgas angewiesen, um zu heizen, zu kochen und verschiedenste Produkte herzustellen. Einen Wechsel der Infrastruktur hin zu Strom würde Jahre dauern.

Deutschland ist also auch künftig auf eine funktionierende Gasversorgung angewiesen, möchte es aber zunehmend selbst fördern. Eine Methode, die das ermöglichen könnte, stellt das Fracking dar.

Deutschland lehnt Fracking ab: Warum die Methode eine Alternative sein sollte

Theoretisch könnte Deutschland mit eigenem Gas heizen, ohne jeden Import – vielleicht sogar zehn bis 20 Jahre lang. Doch das Schiefergas in tiefen Schichten kann nur per Fracking gefördert werden. Die Methode wird in Deutschland abgelehnt – aus Bedenken, die nicht mehr ganz aktuell sind.

Was ist Fracking und wie funktioniert das?

Fracking ist eine Abkürzung für den englischen Begriff Hydraulic Fracturing, also die hydraulische Risserzeugung. Die Technik wird seit Jahrzehnten genutzt, um unterirdische Lagerstätten zur Förderung von Erdgas zu erschließen. Wichtig zu wissen ist, dass Erdgas in tief liegenden Gesteinsschichten vorkommt. Es ist eingeschlossen in kleinen Poren im Muttergestein, etwa in Schiefer-, Mergel-, Ton- oder Kohleflözgestein. Kurzgesagt wird dieses Gas beim Fracking kontrolliert an die Oberfläche befördert und anschließend genutzt.

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Um an das Gas zu gelangen, wird mithilfe von vertikalen und horizontalen Tiefbohrungen Flüssigkeit unter hohem Druck mehrere Hundert Meter tief ins Gestein gepresst, sodass künstliche Risse (Fracs) entstehen oder natürliche Risse im Gestein vergrößert werden. Die entstandenen Gesteinsrisse erhöhen die Durchlässigkeit, sodass das Erdgas an die Oberfläche gelangt. Diese Art des Frackings ist in Deutschland verboten.

Gas wird in Europa noch teurer
ARCHIV - 02.02.2021, Baden-Württemberg, Stuttgart: Der Gasverbrauch wird auf einem Gaszähler eines privaten Haushaltes angezeigt. (zu dpa: "Gaspreise im Südwesten steigen zum Oktober teils kräftig") Foto: Bernd Weißbrod/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Grund ist wohl die Unterbrechung der russischen Lieferungen nach Europa durch die Pipeline Nord Stream 1.

Die verwendete Flüssigkeit besteht dabei aus Wasser, dem zum Teil Sand und Chemikalien beigemischt werden. Der Sand dient dabei als Stützmittel für die Gesteinsschichten, während die Chemikalien eine Vermehrung von Bakterien vorbeugen sollen. Die Frackflüssigkeit darf maximal „schwach wassergefährdend“ sein.

In Deutschland müsste man laut „Quarks.de“ vermutlich zwischen 1050 und 5000 Meter tief bohren, um an das Erdgas zu gelangen. Lagerstätten befinden sich vor allem in Niedersachsen, aber auch in Süddeutschland.

Warum ist es so umstritten?

Fracking ist in Deutschland sehr umstritten. Während einige die Risiken des Frackings geringer bewerten als den Nutzen, warnen andere vor den Folgen für Umwelt, Gesundheit und Klima.

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1. Umwelt

Eine große Sorge, die mit dem Einsatz von Fracking einhergeht, ist die Verunreinigung von Wasser. Die Bohrungen finden in der Nähe der Grundwasservorkommen statt, sodass die Angst besteht, genutzte Chemikalien könnten in das Trinkwasser oder in Oberflächengewässer gelangen. Für die potenzielle Auswirkung des Frackings auf Grundwasservorkommen in Deutschland liegen laut Bundesumweltministerium derzeit keine wissenschaftlich fundierten Kenntnisse vor. Trotzdem könnten schädliche Stoffe in die Umwelt gelangen, wenn an der Bohrstelle unsachgemäß gearbeitet wird, zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Fracking-Expertenkommission.

Fraglich ist auch, wie die genutzte Frackingflüssigkeit zu entsorgen beziehungsweise zu reinigen ist, denn die hineingepumpte Flüssigkeit, auch Lagerstättenwasser genannt, kommt zu großen Teilen zurück an die Erdoberfläche und ist kontaminiert: Das Wasser ist hoch mineralisiert, enthält Kohlenwasserstoff und ist laut Umweltministerium teilweise radioaktiv. Erschwerend hinzu kommt, dass beim hydraulischen Aufbrechen des Gesteins eine große Menge Wasser verbraucht wird.

Außerdem kann es infolge des Frackings zu Erdbeben kommen. Kleinere, nicht spürbare Beben gelten dabei als normal, jedoch ist es unter anderem in Großbritannien und Kanada zu stärkeren Erbeben infolge des Frackingeinsatzes gekommen. Insbesondere im dicht besiedelten Deutschland wäre dies problematisch.

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2. Gesundheit

Studien liefern Hinweise darauf, dass Menschen, die in der Nähe einer Frackingförderstätte leben, vermehrt Geburtsdefekte, respiratorische und neurologische Erkrankungen sowie Krebs im Kindesalter aufweisen. Die Untersuchung stellt dabei jedoch nur einen Zusammenhang zwischen Wohnort und häufiger Erkrankung fest – eine Ursächlichkeit ist wissenschaftlich noch nicht festgestellt worden.

Es gibt vermehrt Hinweise aus den USA, die eine Zunahme gesundheitlicher Schäden bei Menschen, die nahe der Förderstätten leben, zeigen. Die Studienlage ist aktuell jedoch noch dünn, insbesondere da es sich um die Untersuchung von Langzeitfolgen handelt, ist erst in den kommenden Jahren mit belastbaren Ergebnissen zu rechnen.

3. Klima

Der Hauptbestandteil von Erdgas ist Methan, das bei der Verbrennung weniger CO₂ freisetzt als Kohle. Denn es entsteht weniger Kohlendioxid für die gleiche Menge Energie. Damit ist Erdgas grundsätzlich klimafreundlicher als Kohle und gilt als Brückentechnologie zur Klimaneutralität.

Problematisch ist, dass es bei jeder Form der Gasförderung zu Leckagen kommt – bei den Bohrungen, der Verarbeitung und dem Transport. Dann entweicht pures Methan, welches klimaschädlicher ist als CO₂. Je nachdem, wie viel Methan aufgrund eines Lecks ausströmt, kann die Erdgasförderung also klimaschädlicher werden als die Kohleförderung. In den USA hat die Methankonzentration aufgrund des Frackings bereits deutlich zugenommen.

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Scholz: Mehrwertsteuer auf Gas künftig 7 statt 19 Prozent
18.08.2022, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt ein Pressestatement zur Gasumlage. Die Bundesregierung will für einen befristeten Zeitraum einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz auf Erdgas verlangen. Die Steuer solle von bisher 19 auf 7 Prozent reduziert werden. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Angesichts der rapide gestiegenen Gaspreise will die Bundesregierung die Verbrauchenden bei der Mehrwertsteuer entlasten.

Ab wann könnten wir Fracking nutzen?

Sollte Deutschland sich dafür entscheiden, unkonventionelles Fracking als Brückentechnologie zu erlauben, würde es laut der Fracking-Expertenkommission bis Ende des Jahrzehnts dauern, bis die ersten Bohrungen starten könnten. Zuvor müssten Genehmigungsverfahren, Umweltverträglichkeitsprüfung, Bürgerbeteiligung und vieles mehr durchgeführt werden.

RND/ab

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