Franziska Giffey, die Macherin aus dem Osten

Die Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (Mitte) sprach im Talk mit Andrea Nahles und Katarina Barley (rechts) im Frauensalon Klartext.

Die Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (Mitte) sprach im Talk mit Andrea Nahles und Katarina Barley (rechts) im Frauensalon Klartext.

Berlin. Der Applaus ist enorm, als Andrea Nahles und Katarina Barley von mehr Gleichberechtigung, Frauenquoten und Vereinbarkeit von Familie und Beruf am Donnerstagabend im Frauensalon im Neuköllner Ballhaus sprechen. Franziska Giffey setzt bei den Grundlagen an. Als sie über Menschenrechte, Zwangsehe und den Kampf um ein selbstbestimmtes Leben, spricht, ist der Applaus eher verhalten.

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Aus dem Bezirk ins Bundeskabinett

„Viele Mädchen wachsen in einer Welt auf, in der es nicht selbstverständlich ist, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, in der man frei entscheiden kann, wer der Partner ist, oder welchen Schulabschluss und Lebensweg man einschlägt.“ Damit meint sie nicht die Situation in der Dritten Welt, sondern Lebenssituationen von Frauen und Mädchen aus Berlin, vor allem Neukölln.

Die Frau mit Hochsteckfrisur und Hosenanzug ist die Überraschung der SPD: Weiblich, jung und aus dem Osten Deutschlands. Sie wird Katarina Barley als Familienministerin folgen – von der Bezirksebene ins Bundeskabinett. Barley wechselt ins Justizministerium.

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Giffey, gesprochen mit „ei“, erzählt am Weltfrauentag davon, dass auch die arrangierte Ehe nicht zu tolerieren sei. „Für mich ist es ganz klar, dass die Wahl zwischen drei Cousins auch keine freie Partnerwahl ist.“ Die designierte Familienministerin lässt sich von geringem Applaus nicht beirren. „Das sind die heutigen Herausforderungen mit denen wir umgehen müssen.“ Frauenpolitik wird ebenso wie Jugendpolitik Teil ihres Ressorts sein.

Wurzeln an der polnischen Grenze

Geboren wurde Franziska Giffey 1978 in Frankfurt/Oder, aufgewachsen ist sie in Fürstenwalde/Spree. Als die Mauer fiel, wechselte sie aufs Gymnasium. Ihre Eltern, Buchhalterin und Kfz-Mechaniker, wurden wie viele Ostdeutsche arbeitslos. Nach ihrem Abitur 1997 ging Giffey zum Lehramtsstudium nach Berlin. Englisch und Französisch wollte sie unterrichten, doch aufgrund einer Kehlkopfmuskelschwäche rieten Ärzte ihr davon ab, in den Schuldienst einzutreten, zu sehr würde ihre Stimme beansprucht werden. Auf dem Podium des Frauensalons klingt ihre Stimme nicht weniger fest als die von Katarina Barley.

Also studierte Giffey Verwaltungswissenschaften. Nach einem Jahr als Mitarbeiterin im Rathaus Treptow-Köpenick wurde sie 2002 jüngste Europa-Beauftragte Berlins. Ausgewählt hatte sie Heinz Buschkowsky, damals Neuköllns streitbarer Bezirksbürgermeister. Acht Jahre warb sie EU-Mittel für Neukölln ein. In dieser Zeit absolvierte Giffey zudem einen Masterstudiengang, schrieb eine Doktorarbeit und lehrte an verschiedenen Verwaltungsakademien.

Giffey packt Probleme an

In die SPD trat Giffey erst im Alter von 29 Jahren ein. Von 2010 bis 2015 arbeitete die Mutter eines Sohnes als Neuköllner Bezirksstadträtin für Bildung, Kultur und Sport, danach übernahm sie die Position ihres Förderers Heinz Buschkowsky. Aus seinem Schatten trat sie schnell heraus. Nachdem sie 2016 eine Moschee besuchte, die vom Verfassungsschutz überwacht wird, distanzierte sich Buschkowsky von ihr.

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Erfahrungen auf Bundesebene hat die 39-Jährige zwar keine, dafür umso mehr aus der Praxis. In Neukölln packt Giffey die Themen an: Frühkindliche Bildung, verdreckte Straßen, Null-Toleranz-Politik gegen Integrationsverweigerer und kriminelle Araber-Clans. Giffey ist eine Macherin. Am Tag vor Bekanntgabe ihres Namens weihte sie neue Schultoiletten ein.

Von Fatima Krumm/RND

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