Wiederholung nach Wahlchaos

Schon wieder Wahlkampf: Giffey in Berlin unter Druck

Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin.

Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin.

Berlin. Die SPD zögerte nicht lange, bis sie ein gewagtes Versprechen abgab. „Eine fehlerhafte Wahl wie beim letzten Mal wird es mit der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey nicht geben“, hieß es am Mittwoch von der Bundes-SPD. Kurz zuvor hatte das Berliner Verfassungsgericht geurteilt, dass die Abgeordnetenhauswahl komplett wiederholt werden muss. Voraussichtlich findet die Wahl am 12. Februar statt.

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Für die SPD kommt diese Entscheidung zur Unzeit. Landeten die Sozialdemokraten 2021 noch mit 2,5 Prozentpunkten Abstand zu den Grünen auf Platz eins, sehen die aktuellen Umfragen für die Berliner SPD weitaus schlechter aus. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen zeichnet sich ab: In der jüngsten Umfrage zur Abgeordnetenhauswahl von Insa im Auftrag der „Bild“-Zeitung liegt die CDU mit 21 Prozent vorne, während die SPD dicht dahinter mit 20 Prozent auf Platz zwei liegt. Bündnis 90/Die Grünen sind ebenfalls große Konkurrenz für Giffey – die Ökopartei liegt auch bei 20 Prozent. Letztes Jahr profitierten die Berliner Sozialdemokraten noch von den guten Umfragewerten der SPD im Bund, nun müssen sie ohne diesen Rückenwind den Wahlkampf bestreiten.

Giffey: „Fehler, die nicht hätten passieren dürfen“

Die Zustände am Wahltag in Berlin sorgen bis heute für heftige Kritik. In manchen Wahllokalen gab es nicht genug Stimmzettel. Sie wurden zum Teil kopiert, weil wegen des gleichzeitig stattfindenden Marathons der Ersatz nicht schnell genug in die Wahllokale geliefert werden konnte. Zudem wurde teilweise nach 18 Uhr gewählt, obwohl schon die Prognose bekannt war. Die Landeswahlleiterin trat später zurück.

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Der CDU reicht das nicht. Die Christdemokraten wollen ihre Chance auf das Rote Rathaus ergreifen und dringen nun umso vehementer auf einen Neustart für die Hauptstadt. „Das System SPD hat fertig“, warnte Spitzenkandidat Kai Wegner im Abgeordnetenhaus und forderte weitere Konsequenzen. „Als zuständiger Innensenator hat Andreas Geisel alle Warnungen in den Wind geschlagen.“

Dass die Wahlpannen in den Verantwortungsbereich des damaligen Innensenators und SPD-Politikers Andreas Geisel fielen, ist wohl eine der größten Schwachstellen der Berliner SPD in diesem Wahlkampf. Giffey versuchte sich am Donnerstag in Schadensbegrenzung. „Es sind Fehler passiert, die nicht hätten passieren dürfen“, betonte sie in ihrer Regierungserklärung. Die Verantwortung liege auf vielen Schultern. Nach Ansicht der Politischen Bundesgeschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen, Emily Büning, trägt die SPD die Verantwortung für eine funktionierende, fehlerlose Wahlwiederholung in Berlin. „Es gilt jetzt verlorenes Vertrauen in den demokratischen Prozess wieder herzustellen“, sagte die Grünen-Politikerin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Die Fehler der letzten Wahl dürfen sich nicht wiederholen, dafür trägt die Berliner Senatsverwaltung für Inneres die politische Verantwortung.“ Die Senatsverwaltung wird von der SPD-Politikerin Iris Spranger geführt.

Wahlwiederholung in Berlin erfordert zwei neue Termine
Stimmabgabe zur Berliner Abgeordnetenhauswahl am 26. September 2021.

Die Berlinerinnen und Berliner müssen sich bei den aufgrund von Pannen notwendig gewordenen Wahlwiederholungen im nächsten Jahr auf zwei Termine einstellen.

Profitieren könnte auch die AfD

Auch die Grünen schießen nun gegen die SPD. Spitzenkandidatin und Verkehrssenatorin Bettina Jarasch will die Koalition zwar weiterführen, jedoch als Regierende Bürgermeisterin. „Die Frage ist dann, ob auch andere Parteien mal Juniorpartner können“, sagte sie im RBB-Fernsehen. Für den dritten Koalitionspartner, die Linken, steht die Regierungsbeteiligung auf dem Spiel. Sollte die CDU auf Platz eins landen, werden die Christdemokraten keine Koalition mit der Linkspartei eingehen. Profitieren von der Wahl könnte auch die AfD. Sie steht aktuell um 2 Prozentpunkte besser da als im September 2021.

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Schon vor dem Urteil rechneten viele in der Hauptstadt mit einer kompletten Wahlwiederholung. Es dürfte also kein Zufall gewesen sein, dass der Senat vor wenigen Tagen im Eilverfahren einen Nachtragshaushalt von 3 Milliarden beschlossen hat. Davon finanziert Rot-Grün-Rot unter anderem Entlastungen für Haushalte, die mit Holzpellets heizen, und die Weiterführung des Berliner 29-Euro-Tickets. Die FDP hielt der Regierung vor, sie binde Geschenkschleifen.

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Gericht verordnet Senat und Parlament „eine gewisse Zurückhaltung“

Das Urteil wirft die Frage auf, ob die Regierung nun auch alle in den nächsten Monaten geplanten Vorhaben durchsetzen wird. Senat und Parlament sei durch das Gericht „eine gewisse Zurückhaltung“ aufgetragen worden, gab Linken-Landeschefin Katina Schubert im RBB-Gespräch zu. Das sei „interpretationsbedürftig“ – heiße aber nicht, dass das Parlament nicht auch noch Gesetze beschließen dürfe. „Möglicherweise ist etwas Zurückhaltung bei Verfassungsänderungen geboten.“ Die Grünen-Landeschefs Susanne Mertens und Philmon Ghirmai sagten dem RND, man werde bis zum Wahltag auf allen Ebenen weiterhin konzentriert und verantwortlich regieren. „Das erwarten wir auch von Rot-Rot.“

Die Wahl zum Abgeordnetenhaus ist nicht die einzige Abstimmung für die Berliner im nächsten Jahr. Auch eine Wiederholung für die Wahl zum Bundestag ist möglich. Der Bundestag beschloss kürzlich, diese Wiederholung nur in einem Teil der Wahllokale durchführen zu lassen. Es wird aber eine Anfechtung dieser Entscheidung vor dem Bundesverfassungsgericht erwartet. Hinzu kommt die Abstimmung in einem Volksentscheid, ob Berlin bis 2030 klimaneutral werden soll. Voraussichtlich werden die drei Abstimmungen nicht am selben Termin durchgeführt werden.

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