Französischer Präsident auf US‑Reise

Macrons heikler Staatsbesuch

Joe Biden und Emmanuel Macron kommen aus dem Restaurant Fiola Mare, in Washington, D. C.

Joe Biden und Emmanuel Macron kommen aus dem Restaurant Fiola Mare, in Washington, D. C.

Emmanuel Macron eilt sein Ruf voraus, ein Mann der offenen Worte zu sein. Diesen pflegte Frankreichs Präsident nun auch bei seinem derzeitigen Staatsbesuch in den Vereinigten Staaten. Noch vor einer ersten Zusammenkunft des Ehepaars Emmanuel und Brigitte Macron am Mittwochabend mit US-Präsident Joe Biden und dessen Ehefrau Jill in einem italienischen Restaurant in Washington machte der französische Staatschef seinem Ärger über das im August von den USA beschlossene Klimagesetz „Inflation Reduction Act“ (IRA) Luft.

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Es handele sich um eine „superaggressive Initiative“, sagte Macron unumwunden vor Abgeordneten des Kongresses – und um „Entscheidungen, die den Westen zersplittern werden“. Indirekt warnte er davor, in Zeiten des russischen Angriffs auf die Ukraine sei die so wichtige Einigkeit der westlichen Partner bedroht. Bidens Gesetz sieht insgesamt 370 Milliarden Dollar unter anderem für Steuererleichterungen beim Erwerb von Elektroautos und Subventionen im Bereich der erneuerbaren Energien vor – unter der Bedingung, dass es sich um Produkte aus US-amerikanischer Herstellung handelt.

Macron will protektionistischere Handelspolitik

In Europa, allen voran Deutschland und Frankreich, wittert man eine Wettbewerbsverzerrung und befürchtet massive Nachteile für die eigenen Industrien. Ein weiteres schwieriges Thema dürfte der Preis sein, den die Europäer für US‑Gas bezahlen müssen. Er ist um ein Vielfaches höher als für die amerikanischen Verbraucherinnen und Verbraucher.

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Mit seinem selbstbewussten Auftreten richtete sich Macron wohl nicht nur an die Amerikanerinnen und Amerikaner, auch wenn er hinsichtlich des IRA versuchen dürfte, Ausnahmen, so wie es sie für Mexiko und Kanada gibt, für die europäische Wirtschaft auszuhandeln. Vor allem die EU‑Partner will der 44‑Jährige aufrütteln, um eine gemeinsame starke Antwort in Form einer ebenfalls protektionistischeren Handelspolitik zu finden. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der eher auf Freihandelsabkommen setzt, warnte vor einem „Überbietungswettbewerb bei Subventionen und Schutzzöllen“.

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Versöhnungsbesuch nach dem „Stoß in den Rücken“

Im Élysée-Palast betonte man die „besondere Ehre“, die Frankreich als dem „ältesten Alliierten“ der USA zuteil werde. „Es verfestigt so seinen Platz als erste europäische Partnernation der USA, die einen strategischen Ansprechpartner mit Gewicht“ suchen, analysierte die Zeitung „Le Figaro“. Tatsächlich handelt es sich um den ersten Staatsbesuch eines ausländischen Staats- oder Regierungschefs in den USA seit Bidens Wahl. Erst 2018 hatte dessen Vorgänger Donald Trump Macron für eine Staatsvisite eingeladen.

Nach einer Unterredung mit der US‑Vizepräsidentin Kamala Harris erfolgte gestern (Donnerstag) der Höhe­punkt der Visite mit einem Empfang im Weißen Haus, einer gemeinsamen Pressekonferenz und einem Staats­bankett, animiert vom Jazzmusiker Jon Batiste. In dessen Heimat Louisiana reist Macron heute (Freitag), um einen Fonds für französischen Sprachunterricht zu gründen.

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Der Besuch sollte auch die bilateralen Beziehungen kitten, die vor einem Jahr erheblichen Schaden nahmen. Überraschend vereinbarten die USA gemeinsam mit Großbritannien und Australien den U‑Boot-Deal Aukus, der einen bereits unterzeichneten Vertrag über den Verkauf französischer U-Boote an Australien platzen ließ. Frankreichs damaliger Außenminister Jean-Yves Le Drian sprach von einem „Stoß in den Rücken“, Paris zog erstmals in der Geschichte der beiden Länder den Botschafter aus Washington ab, Biden räumte später ein „ungeschicktes“ Vorgehen ein. Dieser Streit ist inzwischen beigelegt, aber Macron bestand auch jetzt einmal mehr darauf, „mit Respekt“ behandelt zu werden. Um das zu erreichen, wählt er gerne auch undiplomatische Worte.

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