Justizskandal in Berlin

Freigelassen wegen Platzmangels: Remmo-Geldräuber nach deutscher Haft in der Türkei

Berlin: Muhamed Remmo steht im September 2021 in einem Gerichtssaal und hält sich eine Pappe vor das Gesicht.

Berlin: Muhamed Remmo steht im September 2021 in einem Gerichtssaal und hält sich eine Pappe vor das Gesicht.

Artikel anhören • 3 Minuten

Seine Kokainsucht brachte ihn auf freien Fuß – weil die Justiz ihn mangels fehlender Therapieplätze laufen ließ. Das ist die irrsinnige Geschichte von Muhamed Remmo. Im Februar 2021 hatte das Mitglied der berüchtigten Remmo-Großfamilie, die bereits in der Vergangenheit mit zahlreichen Straftaten in Verbindung gebracht wurde, mit mehreren Komplizen einen Geldtransport in Berlin überfallen. Das Gericht verurteilte Remmo dafür im September 2021 zu knapp acht Jahren Haft, verbunden mit dem Recht auf einen maximal zweijährigen Drogenentzug. Dass Remmo stattdessen jetzt in der Türkei ist, bringt die Berliner Gesundheitsverwaltung in Erklärungsnot.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Streng genommen brachte Remmos Kokainkonsum ihn auch in die Haft hinein – seine tropfende Nase hinterließ bei dem Überfall Spuren auf der Jacke von einem der Sicherheitsleute. 650.000 Euro erbeuteten Remmo und die vier anderen Männer bei dem Coup. Wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung sollte er dafür sieben Jahre in Haft, wegen weiterer Delikte erhöhte sich die Strafe auf insgesamt acht Jahre und drei Monate. Die Richter stellten damals auch eine „krankhafte seelische Störung“ wegen seiner Kokainsucht fest. Zunächst sollte er die Strafe deshalb im Maßregelvollzug verbringen – eine Haftform für psychisch erkrankte oder suchtkranke Täter.

Täter setzt sich offenbar in die Türkei ab

Am 3. Februar kam der Straftäter nun völlig überraschend frei. Laut „Tagesspiegel“ sei dafür die von Ulrike Gote (Grüne) geführte Berliner Gesundheitsverwaltung maßgeblich verantwortlich. Laut Spiegel TV ist Remmo am Sonnabend nach Istanbul geflogen. Die „Bild“-Zeitung präsentiert sogar ein vermeintliches Bild des Verbrechers neben Hilfsgütern im türkischen Erdbebengebiet. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft konnte die Ausreise gegenüber verschiedenen Medien nicht bestätigten, jedoch die Freilassung des Verbrechers. Die Polizei war über die vorzeitige Freilassung nicht informiert, sagte ein Sprecher laut „Tagesspiegel“ am Sonntag.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Der Eklat könnte also kaum größer sein für die Berliner Gesundheitsverwaltung – die Behörde ist für den Maßregelvollzug in Berlin mit verantwortlich. Mit dem Fall „realisiert sich ein Risiko, das in der Stadt seit Jahren besteht und durch eine wachsende Zahl an Überstellungen von Straftätern in den Maßregelvollzug noch gesteigert wurde“, sagte ein Sprecher laut verschiedenen Medienberichten dazu. Derzeit verfüge der Berliner Maßregelvollzug über keine Aufnahmekapazitäten mehr.

Auf Streife in Neukölln: Michael K. (36), Polizeioberkomissar und Juliane W. (36), Polizeimeisterin, aus dem Abschnitt 48 der Polizeidirektion 4 in Berlin, Deutschland.

Auf Streife nach den Silvesterkrawallen: „Die Jugend hier hat jeden Respekt vor der Polizei verloren“

Auf Nachtstreife mit der Polizei im Brennpunkt Neukölln erzählen die Beamten, wie es ist, an Silvester mit Raketen und Böllern beschossen zu werden – und warum sie ihren Job trotz des Risikos gerne machen.

Gesundheitsverwaltung gerät in Bedrängnis

Umso dringender müsse der Senat mit vereinten Kräften an einer gemeinsamen Lösung arbeiten. „Viele Fragen der Finanzierung, Räumlichkeiten und Immobilien sowie der Personalausstattung hängen miteinander zusammen und sind nicht allein durch die Gesundheitsverwaltung zu beantworten“, erklärte er.

Die Behörde habe selbst alles versucht. Das Problem sei aber über viele Jahre entstanden und strukturell nur lösbar „mit einer langfristigen Ertüchtigung von Gebäuden, einer Aufstockung von Personal und einer gesetzlichen Reform“, um den Maßregelvollzug zu entlasten. Derzeit gebe es Reformüberlegungen im Bund, die Strafen bereits nach der Hälfte der Zeit anstatt nach zwei Dritteln auf Bewährung auszusetzen.

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken