Nach diplomatischer Eiszeit

Australien und China sprechen wieder miteinander

Australiens Premierminister Anthony Albanese trifft Chinas Staatschef Xi Jinping – und schüttelt ihm nach einer diplomatischen Eiszeit sogar die Hand.

Australiens Premierminister Anthony Albanese trifft Chinas Staatschef Xi Jinping – und schüttelt ihm nach einer diplomatischen Eiszeit sogar die Hand.

Sydney. Beim G20-Gipfel in Bali kam es nicht nur zu einem historischen Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und Chinas Staatschef Xi Jinping. Auch der australische Regierungschef Anthony Albanese schaffte es nach Jahren der Funkstille zwischen Australien und China, das Eis zu brechen.

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Das Treffen der beiden Politiker verlief freundlich, Albanese kommentierte es auf Twitter mit den Worten „Es war eine positive und konstruktive Diskussion“.

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Die beiden Länder würden kooperieren, wo sie könnten, und sich widersprechen, wo sie müssten – vor allem, wenn sie sich für ihr jeweiliges nationales Interesse einsetzen müssten. In einer Pressekonferenz nach dem halbstündigen Treffen betonte Albanese, dass es trotz der großen Differenzen der beiden Länder immer besser sei, einen Dialog zu führen und sich konstruktiv auszutauschen. Xi sagte in seiner kurzen Ansprache, dass China und Australien wichtige Länder im asiatisch-pazifischen Raum seien. „Wir sollten die Beziehungen zwischen den beiden Ländern verbessern, pflegen und weiterentwickeln.“

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Albanese war seit 2016 der erste australische Premierminister, der wieder ein vollständiges formelles Treffen mit Chinas Präsident hatte. Sein Vorgänger Scott Morrison hatte 2018 und 2019 nur kurze Gespräche mit Xi geführt. Danach herrschte Schweigen – australische Bemühungen, den Kontakt auf ministerialer Ebene wieder aufzunehmen, wurden von chinesischer Seite stets ignoriert. Mit dem Treffen am Dienstag hat man sich nun seit Langem wieder gemeinsam ausgetauscht. Auch wenn das Treffen weitgehend symbolisch blieb, so wurde damit zumindest wieder ein anfänglicher Dialog etabliert. Trotzdem darf dieser nicht darüber hinwegtäuschen, dass die beiden Länder politisch weit voneinander entfernt bleiben.

Bruch mit dem engen Handelspartner

Eigentlich ist es fast unglaublich, wie sehr das einst blühende Verhältnis in den vergangenen Jahren eingefroren ist. Noch 2014 hatten die beiden Länder, die enge Handelspartner sind, eine „umfassende strategische Partnerschaft“ beschlossen. Damals herrschte in Australien großer Optimismus hinsichtlich der Zukunft der bilateralen Beziehungen zwischen den Ländern.

Doch in den Jahren danach ging es stetig bergab: Australien schloss die chinesische Telekommunikations­firma Huawei beim Ausbau des 5G-Netzes aus, und mehrere chinesische Investitions­projekte in Australien wurden abgelehnt. Später stieg Australien zudem aus der sogenannten „Belt and Road“-Initiative aus. Über das Projekt, das auch gern als „Neue Seidenstraße“ bezeichnet wird, investiert China weltweit in milliardenschwere Infrastruktur­projekte.

dpatopbilder - 04.11.2022, China, Peking: Xi Jinping (r), Präsident von China, empfängt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Osthalle der Großen Halle des Volkes. Scholz reist zu seinem ersten Besuch als Kanzler nach China. Im Mittelpunkt der Visite stehen unter anderem die deutsch-chinesischen Beziehungen, die Wirtschaftskooperation, der Ukraine-Konflikt und die Taiwanfrage. Foto: Kay Nietfeld/dpa Pool/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Scholz, Xi – und eine Botschaft an Putin

Der Bundeskanzler trägt in China eine ganze Liste von Kritikpunkten vor. Kein leichter Gang für einen Antritts­besuch. Staatspräsident Xi lässt Scholz aber überraschend eine wichtige Botschaft verkünden. Der Krieg führende Kremlchef Putin sollte genau hinhören.

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Zudem trat Canberra teilweise sehr selbstbewusst auf und mahnte Chinas Menschenrechts­verletzungen, beispielsweise gegen die uigurische Minderheit, an. Eine diplomatische Eiszeit läutete aber vor allem Australiens Forderung nach einer internationalen Untersuchung zu den Ursprüngen von Covid-19 ein. Wie sehr dies Peking verärgerte, wurde im November 2020 deutlich, als China 14 offizielle Beschwerden formulierte – eine Liste sämtlicher australischer „Sünden“. Ein chinesischer Beamter sagte damals gegenüber einem australischen TV-Sender: „China ist wütend.“ Und: „Wenn Sie China zum Feind machen, wird China der Feind sein.“

Chinas Strafmaßnahmen

Die Volksrepublik machte ihrem Ärger Luft, indem sie massive Strafzölle auf australische Weine und hohe Tarife für Gerste verhängte. Kohleimporte wurden blockiert und Handelsbarrieren erschwerten das Geschäft der australischen Baumwolle-, Rindfleisch- und Hummer­produzenten. Im August 2020 wurde die australische Journalistin Cheng Lei festgenommen und wenige Monate später der Schriftsteller und Demokratie­­aktivist Yang Hengjun offiziell angeklagt, nachdem er fast zwei Jahre in Haft verbracht hatte. Den beiden verbleibenden australischen Journalisten, die für australische Medien arbeiten, wurde daraufhin von der australischen Botschaft in Peking empfohlen, China zu verlassen.

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Ob das Gespräch in Bali den Inhaftierten helfen und ob Handels­barrieren aufgeweicht werden können, bleibt abzuwarten. Die tiefgreifenden Differenzen zwischen Canberra und Peking wird auch der oberflächlich freundliche Austausch vom Dienstag nicht auslöschen. Eine neue Ära der Freundschaft und Zusammenarbeit ist nicht zu erwarten.

Denn die Regierungen beider Länder haben gegensätzliche Vorstellungen davon, wie die regionale Ordnung im Indopazifik aussehen soll. China möchte das US-Militär aus Asien verdrängen und seine historische Position als dominierende Regionalmacht ausbauen. Nicht zuletzt rüstet Peking seit Jahren kräftig auf und hat seine Fühler verstärkt in den Pazifik ausgestreckt, eine Region, die Australien traditionell als seinen „Hinterhof“ betrachtet hat. Im April schloss die Volksrepublik ein Sicherheits­abkommen mit den Salomonen – eine Vereinbarung, die es China auch erlauben würde, Marineschiffe im Pazifik, weniger als 2000 Kilometer von der australischen Küste entfernt, zu stationieren.

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US-Präsident Joe Biden trifft Xi Jinping in China
dpatopbilder - 14.11.2022, Indonesien, Bali: US-Präsident Joe Biden (r), schüttelt dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping bei ihrem Treffen vor dem G20-Gipfel die Hand. Es ist das erste persönliche Treffen seit Bidens Amtsantritt vor knapp zwei Jahren. Foto: Alex Brandon/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die beiden Staatschefs kamen am Montag vor dem G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf der indonesischen Insel Bali zusammen.

Wer steht auf welcher Seite?

In Australien hat sich das Bild Chinas in den vergangenen Jahren deswegen immer mehr von dem des Handelspartners zu dem des potenziellen Feindes gewandelt. Canberra lehnt sich verstärkt in Richtung USA und hofft, dass der „starke Bruder“ den Frieden in der Region bewahren und wichtige Handels­routen offen halten kann.

Im vergangenen Jahr unterzeichnete Australien deswegen gemeinsam mit Großbritannien und den USA das sogenannte Aukus-Sicherheitsabkommen. Im Rahmen dieser Partnerschaft soll Australien atomare U-Boote erhalten.

Außerdem wollen die Aukus-Partner bei der Entwicklung von Hyperschall­­raketen kooperieren. Im Oktober wurde zudem bekannt, dass Washington sechs atomwaffenfähige B-52-Bomber im Norden Australiens stationieren möchte. Und schon heute befindet sich nicht nur ein von Australien und den USA gemeinsam betriebenes Spionagezentrum namens Pine Gap im Zentrum Australiens, es sind auch mehrere Tausend US-Marines in Darwin stationiert. All dies soll ein klares Zeichen nach Peking senden.

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Die chinesische Regierung weiß deswegen genau, dass Australien sich im Machtspiel zwischen den USA und China bereits für die US-Seite entschieden hat. Trotzdem wurden die Gespräche am Dienstag von beiden Seiten als positiv bewertet. Denn wie es in einer Analyse des staatlichen australischen Senders ABC hieß: „Es ist besser, zu reden als zu kämpfen, und der Dialog ist dem eingefrorenen Schweigen unbedingt vorzuziehen.“

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