Gamestop und AMC - Wie zwei Aktien in wahnsinnige Höhen schießen und jetzt das Weiße Haus drauf schaut
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Der Schriftzug einer GameStop-Filiale ist an einem Gebäude angebracht. Am Mittwoch ging es für die seit Tagen schon heftigen Kurskapriolen ausgesetzten Papiere des Computerspiel-Händlers Gamestop um weitere rund 150 Prozent nach oben.
© Quelle: Jeff Roberson/AP/dpa
New York. Ausnahmezustand am US-Finanzmarkt: Niedrige Handelsgebühren, Absprachen in Online-Foren und Youtube-Tutorials haben in der Pandemie einen Börsenboom ausgelöst, bei dem eine neue Generation von Kleinanlegern Aktien angeschlagener Firmen in ungeahnte Höhen katapultiert. Der wohl denkwürdigste Börsentag seit langem sorgte schließlich sogar dafür, dass das Weiße Haus den Kurs eines internationalen Computerspiel-Händlers beobachtet. Aber von vorn.
Am Mittwoch ging es für die seit Tagen schon heftigen Kurskapriolen ausgesetzten Papiere des Händlers Gamestop um weitere rund 150 Prozent nach oben. Die kürzlich noch als Pleitekandidatin gehandelte weltgrößte Kinokette AMC stand zeitweise sogar mit 310 Prozent im Plus.
Das steckt hinter der Kursexplosion
Dabei waren die Aktien von Gamestop aus Sorge vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten noch 2020 bei einem Rekordtief von 2,57 Dollar zu haben gewesen. Doch seit Mitte Januar kennen die Papiere nur noch eine Richtung – nach oben. Zwischenzeitlich wurden die Aktien am Mittwochabend für mehr als 300 Euro gehandelt. Als maßgeblicher Faktor hinter der Kursrally gilt ein neues Phänomen am US-Aktienmarkt, bei dem sich massenweise Kleinanleger in Foren etwa auf der Chat-Plattform Reddit im Stile von Flashmobs absprechen, um bestimmte Aktien zu kaufen.
Dank eines nicht zuletzt von der Wertpapierhandels-App Robinhood ausgelösten Preiskriegs zwischen Online-Brokern, der die Gebühren massiv hat sinken lassen, hat sich der Aktienhandel in den USA gerade bei vielen Jüngeren während der Corona-Krise zu einer Art Volkssport entwickelt. Hinzu kommt, dass auch riskantere Transaktionen etwa mit Optionen, bei denen beispielsweise nur Bruchteile des Werts eines Anteilsscheins gehandelt werden, inzwischen viel stärker der breiten Bevölkerung und nicht mehr nur Finanzprofis zugänglich sind.
Kleininvestoren gegen Hedgefonds
So gehört etwa Gamestop zu den Aktien, die jüngst stark auf der Online-Plattform Reddit diskutiert wurden. Ein Hobby der Community ist es zudem, durch konzertierte Aktionen professionelle Investoren aus dem Markt zu drängen, die auf fallende Kurse spekuliert haben. Der plötzlich steigende Wert der Aktien kann für letztere scherzhaft teuer werden. Bei Gamestop kam es zuletzt zu einem regelrechten Kräftemessen mit Hedgefonds, bei dem sich die Kleinanleger zumindest vorerst durchsetzen konnten. Ganz neu ist das Phänomen indes nicht. Bereits seit Jahren gibt es Social-Trading-Plattformen, auf denen sich Nutzer austauschen, um gemeinsam Kaufideen zu entwickeln.
Im Fall von Gamestop soll zuletzt auch der auf dem Kurznachrichtendienst Twitter sehr präsente Tesla-Chef Elon Musk mit einem Tweet zu Gamestop und einem Link zu den Reddit-Nutzern die jüngste Rally angefacht haben. Analysten warnen derweil, dass der massive Kursanstieg nichts mit der Realität zu tun habe. Experte Jens Rabe etwa meint, der Höhenflug der Gamestop-Aktien schade dem Ansehen der Börse, da der Vorgang als „Zockerei“ wahrgenommen werde. Er fordert sogar ein Durchgreifen der Aufsichtsbehörden, da Aktien kleiner Firmen als Spielball missbraucht werden könnten.
Die US-Finanzministerin beobachtet die Entwicklung
In den USA ist dem Treiben der online vernetzten Zocker zumindest die Aufmerksamkeit der höchsten politischen Ebene gewiss: Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, äußerte sich am Mittwoch während der täglichen Regierungspressekonferenz zum Gamestop-Börsenkurs.
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„Unser Wirtschaftsteam, inklusive Finanzministerin Yellen, beobachtet die Situation natürlich”, sagte Psaki. Es sei jedoch eine gute „Erinnerung daran, dass die Börse nicht die einzige Maßeinheit dafür ist, wie gesund unsere Wirtschaft ist.” Was dort geschehe reflektiere nicht, wie es Familien aus der Arbeiter- und der Mittelschicht gehe.
RND/dpa