„Missbrauch muss ausgeschlossen werden“

Gas und Strom: Bundesregierung plant Verbot für überzogene Preiserhöhungen bis Ende 2023

Ein Gaszähler im Keller eines Wohnhauses (Symbolbild)

Ein Gaszähler im Keller eines Wohnhauses (Symbolbild)

Berlin. Die Bundesregierung will den Energieversorgern im kommenden Jahr weitere Preiserhöhungen deutlich erschweren, um den Missbrauch der geplanten Strom- und Gaspreisbremse zu verhindern. Das sehen Regelungen in den entsprechenden Gesetzentwürfen vor, die bereits im Bundestag beraten werden, aber in der Öffentlichkeit bisher weitgehend unbeachtet geblieben sind.

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Danach müssen Versorger bei einer Erhöhung nachweisen, dass dies etwa durch höhere Beschaffungskosten notwendig ist. Ansonsten bleiben Preiserhöhungen verboten. Damit solle eine „missbräuchliche Ausnutzung“ der staatlichen Regelungen zur Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher unterbunden werden, heißt es im Gesetzentwurf.

Preiseerhöhungen nicht generell ausgeschlossen

Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums stellte klar, dass damit Preiserhöhungen nicht generell ausgeschlossen sind. Die Missbrauchskontrolle diene dazu, „ungerechtfertigte Preiserhöhungen“ zu unterbinden, also solche, die sich nicht durch steigende Beschaffungskosten rechtfertigen ließen, sagte er. „Das heißt, nicht jede Preiserhöhung ist automatisch illegal, sondern solche, die missbräuchlich und ungerechtfertigt sind“, betonte der Sprecher.

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Kern der Regelungen in der Strom- und Gaspreisbremse ist eine sogenannte Beweislastumkehr: Nicht das Bundeskartellamt muss im Streitfall beweisen, dass ein Missbrauch vorliegt. Stattdessen muss der Energieversorger beweisen, nicht missbräuchlich zu handeln. Das bedeutet für das Kartellamt eine erheblich Erleichterung. Laut den Gesetzentwürfen kann die Behörde bei einer missbräuchlichen Anwendung die zu Unrecht erzielten Einnahmen abschöpfen.

Die von der Ampel-Koalition geplante Gas- und Strompreisbremse soll Folgen der stark gestiegenen Preise für Haushalte und Unternehmen abfedern. Eine bestimmte Verbrauchsmenge soll staatlich subventioniert werden, darüber hinaus gelten aktuelle, hohe Marktpreise. Die Bremsen sollen ab März 2023 greifen, vorgesehen ist aber eine rückwirkende Entlastung für Januar und Februar.

Die Missbrauchsverbote sind laut Ministerium nötig, damit sich die Energieversorger nicht zu Lasten der Steuerzahler bereichern. Denn Preiserhöhungen wären ansonsten leicht durchsetzbar, weil ohnehin der Staat über den Preisdeckel einen Großteil der Kosten trägt.

Zahlreiche Energieversorger haben bereits angekündigt, die Preise im kommenden Jahr anzuheben. Unter Berufung auf Zahlen des Verbraucherportals Check24 berichtete die Bild-Zeitung, dass es zum 1. Januar erhebliche Preisaufschläge geben solle: 457 Gasversorger planen demnach ein Plus um durchschnittlich 56 Prozent, davon betroffen wären 3,6 Millionen Haushalte. 636 Stromversorger planten Erhöhungen um durchschnittlich 60 Prozent für 7,5 Millionen Haushalte.

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Nach Einschätzung von Verbraucherschützern stehen die geplanten Erhöhungen nicht im Verhältnis zur Preisentwicklung an den Energiepreisebörsen. „Wir raten Verbrauchern, Widerspruch einzulegen“, sagte die Chefin des Bundes der Energieverbraucher, Leonora Holling, dem Blatt. Verbraucher dürften die Zahlung der Erhöhung zurückhalten, betonte sie.

Der Sprecher des Wirtschaftsministeriums stellte klar, auch für die zum Jahresanfang angekündigten Preiserhöhungen gelte, dass nur die tatsächlichen Beschaffungskosten weiter gegeben werden dürften, nicht aber „darüber hinausgehende missbräuchlich Steigerungen“.

Kritik der Linkspartei

Die Linkspartei kritisierte die geplanten Maßnahmen gegen den Missbrauch der Energiepreisbremsen als unzureichend und forderte eine bessere Preiskontrolle. „Jeden neuen Tarif für 2023 muss der Bund bei Strom und Gas genehmigen“, sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) „Wenn der Bund mit Steuerzahlergeld die Rechnung übernimmt, muss er die Verträge kennen und absegnen“, fügte er hinzu. Es dürfte nicht sein, dass die Strom- und Gaspreisbremsen zu einer Einladung zum Abkassieren für die Versorger und ein Fass ohne Boden für die Steuerzahler würden.

Nötig seien Kontrollen mit „Klauen und Zähnen“, die die Preise nach unten korrigierten. Dass der eine Versorger den Preis auf 53 Cent je Kilowattstunde und der andere auf 66 Cent anhebe, sei nur mit einer „aktuellen Mitnahmementalität“ einiger Versorger erklärbar. Bartsch forderte zudem, die Deckel tiefer anzusetzen. „40 Cent beim Strom sind erstmal gar keine Bremse, sondern ein Gaspedal“, so der Linken-Politiker. Zudem dürfe nicht der Verbrauch entscheidend sein. „Wenn der Verbrauch entscheidet, ist die Bremse faktisch ein Subventionsprogramm für beheizte Außenpools“, beklagte er. „Wir brauchen ein festes Bürgerkontingent für jede Person. Das wäre sozial gerecht“, so Bartsch.

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