Griechenland befreit sich aus der Krise
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Eine EU-Fahne wehtüber der Akropolis in Athen.
© Quelle: EPA
Athen. „Sie haben einen großartigen Job gemacht“, lobte Eurogruppen-Chef Mario Centeno bereits vor dem Treffen der 19 Finanzminister der Währungsunion die Griechen. Noch einmal soll es demnächst eine Überweisung von Brüssel an die Hellenen geben: 6,7 Milliarden stehen als letzte Tranche auf dem Programm. Am Montag billigte auch der kommissarische deutsche Bundesfinanzminister Peter Altmaier (CDU) die Zahlung. „Wir sind sehr zufrieden“, sagte er. Zuvor hatten die Kontrolleure der Geldgeber von ihrer Visite in Griechenland berichtet und dabei bestätigt, was auch die Haushaltsexperten des Europäischen Parlamentes herausgefunden hatten: „Griechenland erledigt mit beeindruckender Konsequenz seine Hausaufgaben“, fasste die CDU-Europa-Abgeordnete Ingeborg Gräßle die Beobachtungen zusammen.
Tatsächlich sind inzwischen selbst jene Reformen in Gang gekommen, die die Athener Regierung lange hinausgezögert hatte. Dazu gehört ein voll digitalisiertes Einwohnermelder-Register, mit dem Betrug zu Lasten der staatlichen Rentenversicherung bekämpft werden soll. In der Vergangenheit waren Gelder aus der Altersversorgung teilweise über Jahre für längst verstorbene Hellenen gezahlt worden. Inzwischen steht auch das Katasterwesen, um die Eigentumsrechte an 39 Millionen Grundstücken zu erfassen – eine wichtige Voraussetzung nicht nur für die steuerliche Veranlagung, sondern auch für Investoren, die Grund und Boden erwerben wollen.
Kein Schuldenerlass – aber längere Kreditlaufzeiten
Dafür könnten dem Land jedoch neue Probleme drohen – und das ausgerechnet im wichtigsten Wirtschaftszweig, dem Tourismus. Seit dem 1. Januar 2018 müssen Urlauber und andere Gäste eine Schlafsteuer zwischen 50 Cent und vier Euro pro Person und Nacht zahlen. Das hat die Preise in die Höhe getrieben. Nach einem fünfjährigen Boom in den beliebten Feriengebieten (2017 kamen immerhin 26 Millionen Besucher) droht nun erstmals ein Einbruch auf 24,6 Millionen. Auch wenn es bei Kreuzfahrten einen leichten Zuwachs geben dürfte, kann der das Minus an Land wohl nicht ausgleichen. „Die steigende Steuerlast kostet uns die Hälfte dessen, was wir in den Krisenjahren an Wettbewerbsfähigkeit hinzugewonnen haben“, erklärte der Präsident des Verbands der griechischen Touristikunternehmen (Sete), Giannis Retsos, vor wenigen Tagen.
Dennoch scheint die Perspektive gut. Altmaier erteilte denn auch Spekulationen um ein weiteres Hilfspaket eine Absage: „Ich sehe ein viertes Programm derzeit nicht, es wird auch nirgendwo diskutiert.“ Athen braucht noch einen zusätzlichen Schritt, weil das Land nahezu aussichtslos vor einem Schuldenberg von 180 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung steht. Ein regelrechter Schuldennachlass soll es nicht werden, allerdings könnten noch längere Laufzeiten für die Kredite und erneut gedrückte Zinsen ein Weg sein, der die Regierung vom Zahlungsdruck vorerst befreit. Zugleich bleibt das Land auch über die Jahresmitte hinaus unter verschärfter Beobachtung.
„Das Land wird weiter überwacht“
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, zeigte zwar viel Verständnis dafür, dass Griechenland das Ende der Hilfspakete als großen Durchbruch zur Eigenständigkeit feiere. „Aber das Land wird weiter überwacht, es muss sich weiter an die vereinbarten Regeln halten.“ Das wollen auch die Euro-Finanzminister, um den Druck aufrechterhalten zu können. Die Europäische Zentralbank dürfte da mitspielen, zumal seit Dienstag klar ist, wer - zunächst als Vizepräsident - in den Frankfurter Bankenturm nachrückt: der christdemokratische spanische Finanzminister Luis de Guindos (58), ein in der Krise erfahrener Finanzfachmann und enger Vertrauter der deutschen Bundesregierung. Er ersetzt dort den Ende Mai aus dem Amt scheidenden Portugiesen Vitor Constancio. Das das Direktorium der EZB nach Nationalitäten ausgeglichen besetzt werden muss und mit de Guindos nun ein Südländer zum Zuge kommt, dürfen die nördlichen Staaten sich Chancen ausrechnen, den Nachfolger für Präsident Mario Draghi zu benennen. Als potenzieller Kandidat für die EZB-Spitze ist auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann im Gespräch.
Von Detlef Drewes/RND