Griechenlands Ruf nach Touristen: “Sonne, Meer und Sicherheit“
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Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis auf der Insel Santorin.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
Santorin. Wenn die rote Sonne vor Santorin im Meer versinkt, war früher kein Durchkommen in den engen Gassen der Inselhauptstadt Fira. Zu Tausenden drängten die Touristen zu den Aussichtpunkten am Rand der Caldera, des unterseeischen Kraters. Er erinnert daran, dass diese zerklüftete Insellandschaft mit ihren steil aus dem Meer aufragenden Felswänden durch einen Vulkanausbruch vor mehr als 3500 Jahren entstand.
Aber in diesem Jahr haben die Einheimischen das grandiose Panorama für sich. Am Flughafen von Santorin ging die Zahl der Passagiere im Mai gegenüber dem Vorjahr um 99 Prozent zurück. Die Bucht, wo sonst mehrere Kreuzfahrtschiffe am Tag liegen, ist jetzt leer.
Santorin, die meistfotografierte griechische Inselkulisse, hatte sich Premierminister Kyriakos Mitsotakis ausgesucht, um nach der Corona-Zwangspause den Startschuss für die diesjährige Tourismussaison zu geben. “Kommt nach Griechenland, wir haben wieder geöffnet”, ist Mitsotakis‘ Botschaft an die ausländischen Urlauber.
Ab Montag kommen Fluggäste
Ab Montag können Fluggäste aus den meisten europäischen Ländern wieder nach Athen und Thessaloniki reisen, ohne sich den bisher erforderlichen Corona-Tests und der häuslichen Quarantäne unterziehen zu müssen. Ab 1. Juli wird auch der internationale Flugverkehr zu den Regional- und Inselflughäfen wieder aufgenommen. Dann wird es nur noch stichprobenartige Tests geben.
Die Tische auf der Aussichtsterrasse des Hotels “Volcano View“ sind noch leer. Aber der Hotelbesitzer Andreas Patiniotis kann es kaum erwarten, bis die ersten Gäste kommen. “Vor vier Wochen hatten wir keine einzige Buchung, jetzt sind wir für den Juli immerhin zu 20 Prozent belegt“, berichtet der Hotelier. “Von null auf 20 Prozent, das ist unter diesen Bedingungen schon ein großer Fortschritt“, meint Patiniotis.
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Die weißen Häuser der griechischen Insel Santorin in der Dämmerung.
Für kein anderes EU-Land, Zypern ausgenommen, hat der Tourismus eine so große wirtschaftliche Bedeutung wie für Griechenland. Er trug im vergangenen Jahr 21 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Der Fremdenverkehr sichert jeden fünften Job. Wie tief Griechenland infolge der Corona-Pandemie in die Rezession abstürzt und wie lange die Talfahrt dauert, wird vor allem davon abhängen, wie schnell der Tourismus wieder in Gang kommt.
Saison voll Ungewissheiten
“Klar, es wird eine Saison voller Ungewissheiten“, sagt Hotelchef Patiniotis. “Geld werden wir in diesem Jahr sicher nicht verdienen“, meint er. Es sei schon ein Erfolg, wenn er seine Angestellten weiter beschäftigen und anständig bezahlen könne. Auch auf die Signalwirkung komme es an: “Santorin ist schließlich eines der Flaggschiffe des griechischen Tourismus – wenn wir jetzt nicht starten, wer dann?“ Patiniotis‘ Motto für diesen Sommer: “Sonne, Meer und Sicherheit!“
Das Thema Sicherheit zieht sich auch wie ein roter Faden durch die Rede von Ministerpräsident Mitsotakis auf einer Terrasse hoch über der Caldera. Aufziehende Wolken geben dem Sonnenuntergang an diesem Abend eine besondere Dramatik. “Wir nehmen unsere Verantwortung für das Wohlergehen unserer Besucher sehr ernst, Sicherheit ist unsere oberste Priorität“, sagt der Premier. “Wir haben hart daran gearbeitet, dass unsere Gäste gesund bleiben.“
Nur vier neue Corona-Infektionen meldete Griechenland am Samstag. Obwohl das Land vor vier Wochen begann, den Lockdown und die Kontaktbeschränkungen schrittweise zu locken, sind die Neuinfektionen nicht nennenswert angestiegen. Griechenland hat, umgerechnet auf die Bevölkerung, die niedrigste Covid-19-Sterberate aller europäischen Mittelmeeranrainer. Das sei vor allem “der großen Entschlossenheit und Disziplin der griechischen Bevölkerung zu verdanken“, lobt Mitsotakis.
Sorge vor Einschleppung des Virus'
Umso größer ist aber nun die Sorge vieler Griechen, die demnächst erwarteten Urlauber könnten das Virus wieder einschleppen. Dass es solche “importierten“ Infektionsfälle geben wird, halten Experten für sicher. Es gehe darum, sie schnell zu erkennen und zu isolieren, sagen die Epidemiologen.
Gleich zu Beginn seiner Visite auf Santorin hatte Mitsotakis das Inselkrankenhaus besucht, um sich dort ein Bild von den Vorbereitungen zu machen. Die Regierung hat die bisher lückenhafte medizinische Infrastruktur auf den Inseln in den vergangenen Monaten verstärkt.
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Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis auf Santorin.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
72 Ärzte und 615 Pfleger wurden neu eingestellt, weitere 413 Einstellungen sind in den nächsten Wochen geplant. 450 Intensivbetten wurden für mögliche Covid-19-Patienten reserviert. Flugzeuge und Hubschrauber stehen bereit, um Corona-Patienten von den Inseln in größere Kliniken auf dem Festland zu fliegen.
Die Kosten für die Behandlung erkrankter Touristen und die Unterbringung ihrer Angehörigen übernimmt der Staat.
Corona-Krise als Chance
Premier Mitsotakis sieht in der Corona-Krise eine Chance. Sie erzwingt nicht nur die Modernisierung des seit Jahrzehnten vernachlässigten griechischen Gesundheitssystems, sondern auch ein Umdenken in der Tourismusstrategie: “Wir müssen uns in Zukunft stärker auf Nachhaltigkeit, Qualität, ökologische Verträglichkeit und Energieeffizienz fokussieren“, sagt der Regierungschef.
Mitsotakis sieht aber auch eine Rückbesinnung auf die wichtigen Werte. Der griechische Sommer bedeute für ihn “das Gefühl des Glücks, der Freiheit und der Seelenruhe“, sagt der Premier. “Nichts kann uns das nehmen“, meint Mitsotakis.